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Vorwort.

Die letzte wissenschaftliche Ausgabe der reformierten Bekenntnisse, welche in Deutschland erschien, veranstaltete H. A. Niemeyer in einer Zeit, in welcher man bei uns nach einem Exemplar der Westminsterkonfession lange vergeblich suchen, ja vielleicht von der Existenz dieses Bekenntnisses zunächst kein sicheres Bewußtsein haben konnte. Seitdem haben uns sechzig Jahre gesteigerten Austausches das Material aus den Kirchen der alten und neuen Welt viel reichlicher und bequemer zur Hand gelegt. Und wir durften namentlich dankbar empfinden, daß ein deutschamerikanischer Theologe wie Schaff in seiner umfassenden Bibliotheca Symbolica uns die Augen für Kirchengebiete öffnete, die unserer Aufmerksamkeit sonst ziemlich fern lagen. So dürfte es an der Zeit sein, unter dankbarster Ausnützung der vorgängigen Leistungen, aber auch mit Verwendung zahlreicher bis dahin ungenützter Materialien ein neu es Ergebnis zu ziehen und in einer neuen Ausgabe der Bekenntnisse einen möglichst umfassenden Überblick über die Bekenntnisarbeit der reformierten Kirchen vom 16. Jahrhundert ab bis auf die Gegenwart zu geben. Von absoluter Vollständigkeit kann dabei freilich keine Rede sein. Hätte diese als Ziel vorgeschwebt, so hätte sich die Zahl der mitgeteilten Stücke ohne große Mühe wohl auf das Doppelte erhöhen lassen: aber es wäre ein unhandliches Buch entstanden, welches seinen Zweck notwendig hätte verfehlen müssen.

Ich durfte mir also nur vorsetzen, daß von den noch in Geltung und Gebrauch stehenden Bekenntnissen möglichst keines und unter diesen von den wirklich bedeutenden sicher keines fehlen möchte. Daß ich

dabei die Kongregationalisten mit verrechnete, bedarf wohl keiner Recht-
fertigung. Doch damit war die Auswahl nicht erschöpft. Man hätte
ja sich methodisch auf den Standpunkt stellen können, daß eine Quellen-
sammlung zur Konfessionskunde der lebenden Kirchen es eben lediglich
mit lebendigen, noch gebrauchten Stücken zu thun habe. Indessen braucht
der Kundige sich nur vorzuhalten, wie die Sammlung ausgefallen wäre,
hätte sie sich auf die (S. LXVI ff. leicht zu eruierenden) heute rechtsgültigen
Schriften beschränkt, um sofort einzusehen, daß dadurch ein ganz
schiefes, mit vielen Zufälligkeiten durchsetztes Bild der reformierten Be-
kenntnisproduktion entstanden wäre. Es lebt eben vieles, was der
Rechtsbuchstabe nicht deckt, und anderes ist tot oder doch ziemlich be-
deutungslos, was sich auf diesen Schein berufen kann. So blieb nichts
übrig, als auch die historisch wichtigen Bekenntnisse beizuziehen, wenn
ein richtiger Eindruck von der Art des reformierten Denkens entstehen
sollte. Bei der Auswahl der historischen Stücke habe ich mich selbst-
verständlich an solche gehalten, die als öffentliche Bekenntnisse gemeint
waren. Nur in wenigen Fällen schien es nützlich, von dieser Regel
abzuweichen. Daß dabei hier und dort eine andere Entscheidung eben-
falls möglich gewesen wäre, will ich gern zugestehen. Zuweilen mußte
auch die Rücksicht darauf den Ausschlag geben (z. B. bei den umfang-
reichen und doch verhältnismäßig wenig bedeutsamen ungarischen Be-
kenntnissen), ob eine Schrift in neuerem Druck anderwärts leicht zugäng-
lich war oder nicht.

Noch in anderer Hinsicht mußte ich Grenzen ziehen: abgesehen
von der Westminster-Confession, wo sich die Mitteilung des lateinischen
Textes neben dem englischen für deutsche Leser doch wohl empfahl,
konnte überall nur ein Text geboten werden. Selbstverständlich wurde
die originale Form, so viel irgend möglich, gewählt: und nur bei gleicher
Authentie zweier Sprachformen wurde die neuerdings seltener gedruckte
dargeboten. Was die Rezensionen der Texte angeht, so glaubte ich auf
einen umfänglichen Apparat von Varianten verzichten und nur bei be-
deutsamen Stücken das Wichtigste notieren zu sollen. Ich habe mich
bemüht, überall die besten Exemplare zur Vorlage zu nehmen, und habe
an die Feststellung des Textes häufig eine mühsame und zeitraubende
kritische Arbeit gewendet, welche man dem glatten Druck nicht mehr
ansieht. Damit muß sich der Leser zufrieden geben: ein Einblick in
das ganze Verfahren hätte nur unter viel Platzvergeudung gewährt werden
können. Dagegen glaubte ich schuldig zu sein, überall runde und klare

Auskunft über die Herkunft meines Textes zu geben, wobei denn frei-
lich auch zugestanden werden mußte, wo ich mich auf solide Vorarbeit
verlassen habe. Dies erwies sich stets bei den Texten der Opera Calvini,
nie aber bei Heppe's Drucken als erlaubt. Im übrigen sei ein für alle-
mal bemerkt, daß u und v, i und j in den alten Vorlagen fast überall
unserer Praxis anbequemt, die Interpunktion jedoch nur dort eingerenkt
wurde, wo sie andernfalls das Verständnis geradezu gehemmt hätte.
Eine gewisse Ungleichheit des Verfahrens bitte ich damit zu entschuldigen,
daß der Druck sich leider über eine Reihe von Jahren hinziehen mußte.
Für die Schriftzitate mit Verszahlen sei erinnert, daß sie in Schriften
etwa vor 1600 erst beigesetzt werden mußten.

Die historischen Einleitungen sind so knapp wie möglich gehalten.
Insbesondere habe ich den Raum auch nicht damit verschwendet, alle
Litteratur zu zitieren, welche sich wohl hätte nennen lassen. Die Aus-
gaben der Bekenntnisschriften von Niemeyer und Schaff und des Heraus-
gebers Symbolik sind ein für allemal als zitiert vorauszusetzen. Ich
durfte das Buch nicht noch weiter anschwellen machen. Das Register
zu bearbeiten habe ich keinem nur Halbkundigen überlassen dürfen:
denn es hängt unendlich viel davon ab, mit welchen Augen und Gedanken
man liest, um zu registrieren.

So gebe ich denn eine mühevolle Arbeit von Jahren hinaus, in der
Hoffnung, daß die Selbstverleugnung, welche ich meiner mehr systematischen
als auf historisch-kritische Kleinarbeit gestimmten Naturanlage auferlegt,
Früchte für die allgemeinere Kenntnis des Gegenstandes tragen möge,
welcher sie gegolten hat. Ohne tiefgehende Liebe zu dem Grundzuge
des in den Bekenntnissen bezeugten reformierten Glaubens hätte ich die
Arbeit schwerlich angegriffen und zu Ende geführt: die Ausführung selbst
mußte sich doch nicht von Neigung oder Abneigung, sondern von dem
nüchternen Blick auf die einfache historische Wirklichkeit leiten lassen.

Um die bisher geläufige Zitation von Niemeyer, Schaff und Heppe
brauchbar zu erhalten, habe ich entsprechende Hinweise über die be-
treffenden Seiten gesetzt und in der Einleitung eine übersichtliche In-
haltsangabe dieser Vorarbeiten geboten (S. XIV ff., XLVIII f.).

Es bleibt mir noch übrig, allen zu danken, welche meine Arbeit mit Rat
und That unterstützt haben. Dieser Dank gebührt den Bibliotheken bezw.
Archiven zu Berlin, Bern, Bremen, Cambridge, Cassel, Debreczin, Emden,
Erlangen, Frankfurt a. M., Genf, Heidelberg, Marburg, Wien, Wiesbaden
und Zürich. Diesen Dank statte ich auch denen ab, die mir wertvolle Winke

und Materialien haben zukommen lassen, namentlich Herrn Prof. D. Loofs
in Halle, der mir u. a. die unter Nr. 58 mitgeteilten Stücke in freund-
lichster Weise zur Verfügung stellte, und den Herren Kandidaten Aug.
Bergfried in Sigmaringen und Wilh. Goeters in Halle, deren holländische
Studien mir mehrfach zu Gute gekommen sind. Herzlich zu danken
habe ich auch den Herren Pastoren Ad. Lauffs in Nordhorn und Em.
Buscher in Friemersheim bei Mörs für ihre äußerst schätzbare Mithilfe
bei Feststellung der Texte.

Erlangen, 14. August 1902.

K. Müller.

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