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schiedenen Gedanken, wo eine die andere aufhebt, eine Handlung sei; vielleicht weil sie viel zu mechanisch denken und fühlen, als dass sie sich irgend einer Thätigkeit dabei bewusst wären.“ Aber Lessing erkannte doch nur eine solche Lyrik an, welcher in diesem weiteren Sinne „Handlung" zuzuschreiben wäre. Epos und Drama erschienen ihm jedenfalls als die vollendeteren Dichtungsarten, wie er denn höhere und niedere Gattungen der Poesie ausdrücklich unterscheidet. Erst eine Mannigfaltigkeit von Bildern, die zweckmässig zusammenstimmen, d. h. Handlung begründet auch das Wesen der Fabel nach Lessing, sonst wäre, wie er sagt, jedes Gleichniss, jedes Emblema eine Fabel. Handlung" erklärt er im Sinne der Aristotelischen лpagis, welche Thun und Leiden gleichmässig in sich schliesst. Was die Fabel erzählt, muss eine Folge von Veränderungen sein. Eine Veränderung oder auch mehrere Veränderungen, die nur nebeneinander bestehen und nicht auf einander folgen, wollen zur Fabel nicht hinreichen;" ,,sie ist dann nur ein Bild, Emblem." Es kann Zweifel bestehen darüber, ob Lessing Recht hat, wenn er die Forderungen, welche er an die Poesie stellt, hier gerade an die Fabel richtet (vide unten, wo die Fabel behandelt wird), aber die Richtigkeit der Forderungen selbst wird dadurch nicht angefochten. Dem gegenüber hebt z. B. Göthe hervor, dass die bildende Kunst zu ihrer Darstellung gerade nur einen Moment zu wählen hat, und wir haben schon oben (p. 61 f.) der Analogie gedacht, welche auch hier zwischen Sculptur und Sprachkunst besteht; Lessing selbst weist (Laokoon Cp. III.) darauf hin, dass der bildende Künstler „nie mehr als einen einzigen Augenblick" brauchen könne; er sagt, dass dieser einzige Augenblick nicht fruchtbar genug gewählt werden kann", nämlich fruchtbar in dem Sinne, dass er der Einbildungskraft freies Spiel lässt. Cp. XVI. sagt er, „dieser Augenblick müsse der prägnanteste sein", aus welchem das Vorhergehende und Folgende am begreiflichsten wird, gleichsam also das Centrum einer Handlung", als Wirkung einer vorhergehenden und Ursache einer folgenden Erscheinung." Auch von dieser Bemerkung kann die Theorie der Sprachkunst Gebrauch machen, denn wenn wir oben den Satz als den natürlichen Umfang eines Sprachganzen hinstellten, so wird klar, dass, wenn in Analogie mit der Sculptur,

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der Sprachkünstler einen Seelenmoment zur Darstellung bringt, welcher prägnant, ein Centrum nothwendig vorausgehender und folgender Momente ist, die Sprachkunst auch zu einem Werke grösseren Umfangs gelangt denn sie kann wegen der zeitlichen Natur des Tones nur nach einander darstellen - welches dann gleichsam die Entfaltung des Einen Momentes enthält.

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Gervinus beseitigt, wie Biese (die Philosophie des Aristoteles Bd. 2 p. 695) sagt, in seinen Grundzügen der Historik p. 56 die Lyrik als unwesentliche Dichtungsart und wirft sie mit der didaktischen Poesie zusammen. In seiner Geschichte der deutschen Dichtung" Bd. IV., p. 323 sq. schliesst er sich den Ansichten des Aristoteles und Lessing's an und spöttelt über den Herder'schen Schrecken wegen des Dichter-Blutbades: Was weiter, so bleibt eben die Zahl der ächten und wahren Dichter und Dichtungsarten übrig, unter denen uns wohl ist." Wir führen noch die Stelle an aus Bd. I., p. 284 sq.: „Alle Lyrik lässt sich in die zwei grossen Hälften scheiden, nach denen sie entweder an die epische und dramatische Dichtung angelehnt oder auf sich selbst ruhend erscheint, falls man diesen letzten Ausdruck überhaupt von einer Dichtungsart brauchen kann, die, wo sie am meisten unabhängig ist, am innigsten sich mit der Musik verwebt, und in unverkünstelten Zeiten immer untrennbar von der Musik war" eine dritte Gattung lehrhafter Verstandes poesie, Sprüche, Räthsel, Sinngedichte u. dgl. m. konnte nur der Lyrik zugetheilt werden, weil man eine eigene Gattung lehrhaft - satirischer Dichtung nie klar abgeschieden hat." - Aehnlich, wie diese Männer, spricht sich Vischer, Aesthetik III., 2. Abth. §. 838 (p. 1172) über das Verhältniss der Lyrik zum Epos und Drama aus. Der vielbenutzte J. J. Eschenburg (Entwurf einer Theorie und Literatur der schönen Redekünste) nahm überhaupt keine weiteren Dichtgattungen an, als Epos und Drama. (Vide die fünfte von Pinder besorgte Ausgabe p. VIII.) - Jean Paul, der in seiner „Vorschule der Aesthetik" (Werke, Th. 42 p. 145) auch einen Paragraph „über die Lyra" giebt, sagt, in der ersten Auflage hätte er nichts davon gehabt. Im frühern Auslassen der ganzen lyrischen Abtheilung hatt' ich einen alten, wenn auch nicht guten Vorgänger an Eschenburg, welcher gleichfalls nur alles in Drama und in Epos eintheilt, und in das letztere die ganze lyrische

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Heerde, die Ode, die Elegie und noch Satiren, Allegorien und Sinngedichte einlagert" cet. Indessen ist, was J. P. hierüber beibringt, auch von wenig Belang, und p. 148 zweifelt er doch noch, ob man nicht die lyrischen Arten nur für abgerissene, für sich fortlebende Glieder der beiden poetischen Riesenleiber" (Epos und Drama) erklären solle.

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Die von Gervinus als „der unabhängigere Theil der Lyrik, welche auf der Gegenwart ruht" bezeichneten Dichtwerke, (1. c. p. 284.) ebenso diejenigen, welche er seiner dritten Gattung einordnet, sind im Wesentlichen der Sprachkunst zuzurechnen, wobei über jene ihrer Natur nach mit der Musik verbundenen Lieder das Folgende schon hier zu bemerken ist.

Es hat nämlich überhaupt eine wirkliche Dichtung bereits an ihrer sprachlichen Darstellung ihre Musik, soweit sie eine solche verträgt, und die Verbindung mit der Tonkunst kann ihr im Uebrigen in Bezug auf die Herausstellung ihres wesentlichen Gehalts nur zum Nachtheil gereichen. Man fühlt dies leicht, wenn man etwa ein Gedicht von bedeutenderem Gehalt, z. B. Schiller's Glocke mit der hinzugefügten Romberg'schen Musik anhört, die diese Einzelheiten allenfalls herauszuheben vermag, aber doch nur in fremder, den Gesammteindruck abschwächender Weise, den Gedankengehalt des Ganzen aber völlig unberührt lässt. Wie sollte auch die Musik in dem Gebiete objectiven Gedankengehalts, für welches ihr jedes Verständniss fehlt, in welchem sie also nichts zu suchen hat, nicht zudringlich erscheinen? Wenn man von tiefer, gedankenvoller Musik spricht, so ist dies doch in ganz anderem Sinne zu verstehn, als wenn dasselbe von einer Dichtung gesagt wird, denn die musikalischen Gedanken, wenn man sie so nennen will, bleiben immer in der Sphäre der Empfindung. Ganz wohl aber kann ein Lied, Abbild eines Lebensmoments der Seele, entspringend also aus einer subjectiven Stimmung, aus welcher es sich bis zur Bestimmtheit des sprachlichen Ausdrucks herausgearbeitet hat, in jede allgemeine Stimmung wieder untertauchen, und wenn diese etwa mit dem Grunde verglichen werden kann, aus welchem die helleren Farben eines Gemäldes aufleuchten, so werden dann die Worte des Liedes etwa als die Lichter erscheinen, welche der Künstler aufsetzt, um das Bedeutende bedeutend hervortreten zu lassen. In der That ist es in der Musik wie in der

Sprachkunst dieselbe Naturseite der Seele, welche zu ihrem Ausdruck kommt, und eine Verbindung der benachbarten Künste erscheint natürlich.

Wenn ein Einwurf hiergegen aus dem Verhältniss entnommen werden sollte, welches bei den Griechen die Tonkunst zur Dichtung einnahm, so ist zu bemerken, dass dort die musikalische Hülfe eben nur diente, an Bedeutung etwa derjenigen in unseren Recitativen vergleichbar, welche lediglich Hebung der Deklamation bezweckt.

Fassen wir das über die Lyrik Gesagte zusammen, so haben wir sie überhaupt als das Gränzgebiet zwischen Sprachkunst und Dichtkunst zu bezeichnen. Was bisher zur Lyrik gerechnet wurde, ohne doch mehr zu geben, als Abbildung eines einzelnen Lebensmomentes der Seele, ziehen wir zur Sprachkunst. Diejenige Lyrik hingegen, welche eine Vielheit von Empfindungen und Gedanken behandelt und diese Mannigfaltigkeit zur Einheit eines Gedankens oder einer Empfindung abschliesst, halten wir für eine der Epik und Dramatik gleichberechtigte Dichtungsgattung.

Bei dieser Sonderung unter den sogenannten lyrischen Gedichten haben wir uns, um ein Missverstehen abzuwehren, noch mit Wenigem über die sogenannte didaktische Dichtgattung auszusprechen.

Sofern nämlich das Wesen derjenigen Lyrik, welche wir auch ferner der Poesie einordnen, darin zu erblicken ist, dass sie die auf der Höhe der Gattung stehende Innenwelt des Menschen darlegt, so wird ihr damit eine Tendenz auf Hervorbringung einer Erkenntniss, Herausstellen einer Wahrheit zugeschrieben, und es ist eine nahe liegende Folgerung, es sei diese Lyrik als eine lehrhafte zu fassen, wie auch wohl Jean Paul es meinte, wenn er sie „den elektrischen Condensator der Philosophie" nennt.

Nun hat die gesammte in Betracht kommende Kunstphilosophie der neueren Zeit den moralischen wie jeden anderen Nutzen von dem Wesen der Kunst durchaus fern zu halten gesucht und die didaktische Dichtgattung als zur Dichtkunst in strengerem Sinne nicht gehörig erachtet. Die Alten dachten nicht so, wie bekannt. Horat. A. P. 343 sagt: „Omne tulit punctum, qui miscuit utile dulci Lectorem delectando pariterque monendo". eben so v. 333:

„Aut prodesse volunt, aut delectare poëtae,

Aut sinul et jucunda et idonea dicere vitae",

wozu Schol. Cr. setzt: „prosunt Georgica", auch rühmt er am Homer: (lib. I. ep. 2.)

,qui, quid sit pulchrum, quid utile, quid non
planius ac melius Chrysippo ac Crantore dicit."

Auch Boileau schärft, ihm folgend, ein (l'art poétique 8):
,,Auteurs

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qu'en savantes leçons votre muse fertile

partout joigne au plaisant le solide et l'utile."

Unsere eigene Meinung ist nach dem Gesagten nicht zweifelhaft: die Kunst verfolgt keine Zwecke, welche ausser ihr selbst lägen. Aber man muss sich hüten, ein Richtiges zu stark betonen, weil es einer verbreiteten Schiefheit entgegengehalten wird, und in diesen Fehler sind bei uns namentlich die Anhänger der romantischen Schule verfallen. Sie haben mit ihrer freieren Ansicht der Förderung der Kunst und der Kunsteinsicht gedient, sind aber in Theorie und Praxis durch Uebertreibung des an sich wahren Prinzips vielfach zu inhaltslosem Spiel gekommen, bei dem ein ironischer Scherz der einzige Ernst war. Schiller schrieb noch: „über die Schaubühne als moralische Anstalt betrachtet" und doch spricht er sehr streng über die didaktische Poesie, namentlich die von Haller und Klopstock, welche nicht eigentlich des Dichters. Empfindungen, sondern seine Gedanken darüber mittheilt;" (In der Abhandl. über naive und sentimental. Dichtkunst.) sie sei zur Poesie nicht zu rechnen, und „dasjenige didaktische Gedicht, worin der Gedanke selbst poetisch wäre und es auch bliebe, sei noch zu erwarten." Und doch wird der Charakter gerade der Schiller'schen Lyrik im Wesentlichen als didaktisch bezeichnet werden müssen, aber „Ideal und Leben“ z. B. ist kein philosophisch-didaktisches Gedicht, sondern eben Schiller's Lyrik. Bezug auf die von Stolberg angefochtenen Götter Griechenlands" schreibt Schiller an Körner: „Ich bin überzeugt, dass jedes Kunstwerk nur sich selbst, d. h. seiner eigenen Schönheitsregel Rechenschaft geben darf und keiner anderen Forderung unterworfen ist. Hingegen glaub' ich auch fest, dass es gerade auf diesem Wege auch alle übrigen Forderungen mittelbar befriedigen muss, weil sich jede Schönheit doch end

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