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Grösseres betreiben, worüber denn diese Qualität vergessen wird; die Künstler aber, welche die Sprache selbst als Kunst schufen, scheinen Alle zu sein, welche überhaupt sprechen. Was man endlich etwa Sprachkünstler auch schon bisher nennen konnte, war eben um desswillen wenig angesehen; es galt der Name gleichbedeutend etwa mit Wortemacher. — Wie die Künstler, so ist auch das Material dieser Kunst, die Sprache, ungemein flüchtiger Natur, so schnell verrauschend, dass für Betrachtung nicht Zeit bleibt, so fügsam der Behandlung, dass für sie der Name einer Kunst viel zu gewichtig erscheint. Und dieses Material, obwohl immer künstlerisch geformt, dient doch äusserst selten

wenigstens bewusst dem küntlerischen Genusse, denn es tritt sogleich in den Dienst der verschiedenartigsten Zwecke und findet eine so mannigfaltige Verwendung, dass jede Sonderung, welche Sprache für sich selbst herausstellen will, sofern sie auch nur für sich selbst da sein soll, erst spät gelingt und als von der Wissenschaft gefordert erkannt wird. Es ist ferner die Zahl derjenigen Werke der Sprachkunst verhältnissmässig klein, welche selbstständig ein Ganzes bilden; man findet sie überwiegend nur als Ornamente am Sprachkörper, oder sie erscheinen auch als ganz natürliche Formen der Darstellung. Endlich ist auch zu berücksichtigen, dass die Aesthetik in dem Sinne eines Systems, in welchem wir sie jetzt verstehen, eine verhältnissmässig noch junge Wissenschaft ist (Kant, Kritik der Urtheilskr. p. 202 erinnert noch: „Man möge seinen Entwurf zu einer möglichen Eintheilung der schönen Künste nicht als beabsichtigte Theorie beurtheilen. Es sei nur einer von den mancherlei Versuchen, die man noch aufstellen kann und soll."), und dass sie die selbstständigen Werke der Sprachkunst bisher, mit einiger Mühe freilich und schief genug, immerhin doch wenigstens untergebracht hatte bei der Dichtkunst. Es wird sich gleichwohl weiter unten ergeben, dass bedeutende Denker schon vielfach mit mehr oder weniger Deutlichkeit auf die Sprachkunst als eine von der Poesie zu sondernde Kunst hingewiesen haben.

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Die Sonderung der Künste lässt sich im Uebrigen innerhalb der beiden Triaden mit voller Strenge nicht durchführen, und es mag daran erinnert werden, dass der Werth der Systematik für die Sache selbst kein absoluter ist. Die Kunst so wenig wie das

Leben werden in allen ihren Bildungen von unseren logischen Rubrizirungen umfasst, wenn auch Jean Paul's Wort (Vorschule der Aesthetik p. 22) die Sache zu leicht abmacht: „Jede Klassifikation ist so lange wahr, als die neue Klasse fehlt". Die Alten dehnten z. B. den Begriff der Musik sehr weit aus. Nach Hesychius (T. II p. 625) wurde durch das Wort Musik jede Kunst, nach Photius (Lexic. p. 277) selbst die Wahrsagerkunst, am gewöhnlichsten jedoch ausser der eigentlichen Tonkunst Poesie und Philosophie bezeichnet. Cicero (de orat. III, 44) sagt: Musici erant quondam iidem, qui poetae". Trennung von Musik und Poesie wird von Plato (de legg. p. 670 A; cf. de rep. lib. II u. III) als απουσία καὶ θαυματουργία verworfen. Auch nach Lessing sollten eigentlich Musik und Poesie zu Einer Kunst zusammenfliessen. Er sagt (Bd. XI p. 178 ed. Lachm. - Maltz.): „Die Vereinigung willkührlicher, auf einander folgender hörbarer Zeichen, mit natürlichen, auf einander folgenden hörbaren Zeichen ist unstreitig unter allen möglichen die vollkommenste, besonders wenn noch dieses hinzukommt, dass beiderlei Zeichen nicht allein für einerlei Sinn sind, sondern auch von ebendemselben Organe zu gleicher Zeit gefasst und hervorgebracht werden können. Von dieser Art ist die Verbindung der Poesie und Musik, so dass die Natur selbst sie nicht sowohl zur Verbindung, als vielmehr zu einer und eben derselben Kunst bestimmt zu haben scheinet. cet." Die Sonderung der Künste wird natürlich in dem Maasse schwieriger, als der Stoff, in welchem sie sich darstellen, feiner und geistiger ist. Namentlich stehen desshalb die Künste, welche den Ton als Material direkt oder indirekt gebrauchen, in vielfacher Verbindung und in mannigfaltigem Uebergange zu einander, und wenn z. B. Cameen, Intaglien noch unbestritten als Werke der Plastik gelten mögen, Kupferstiche und Holzschnitte der Malerei eingeordnet werden, so sind doch Melodram, Oper, Cantate schon schwerer unterzubringen, und Werke, wie z. B. Parabeln, Epigramme, Fabeln sind unter Poesie nicht ohne Willkür zu rubriciren, wenn man sie deren Hauptgattungen unterordnen will.

Das Gebiet der Sprachkunst wird natürlich auf Unkosten anderer Kunstgebiete gewonnen werden müssen, denn wir erfinden nicht neue Kunstwerke, sondern stellen nur schon vorhandene unter neue Gesichtspunkte. Es wird sich dabei zeigen, dass durch

unsere Abgränzung den Nachbarkünsten eben nur Fremdartiges entzogen wird, und dass durch Aufstellung der Sprachkunst als einer besonderen Kunstgattung eine Klarheit innerhalb der Künste des Tons erreicht wird, welche mehr vermisst wurde, als man es sich gern eingestehen wollte.

2. Prosa und Poesie; die Prosa der Sprachkunst.

Zu solcher Klarheit wird auch eine Auseinandersetzung nöthig sein über das Verhältniss der sogenannten Prosa zur Sprachkunst und zur Poesie. Der Sprachgebrauch ist hier nicht ohne Verwirrung geblieben, und man könnte, Sprachkunst verwechselnd mit der sogenannten „poetischen Diktion", zu der Annahme kommen, es bilde „Prosa" den Gegensatz zur „Sprachkunst".

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Prosa (oder eigentlich prorsa d. h. proversa) oratio ist die Rede (gos hoyos, oratio pedestris), welche nicht im versus (σ790) wiederkehrt, sondern immer vorwärts strebt, also ungebundene Rede im Gegensatz zu der durch Metrum gefesselten. So erklärte schon Donatus (Ter. Eun. II, 3, 14): „Prorsum est porro versum, id est ante versum. Hinc et prorsa oratio, quam non inflexit cantilena". Wenn also das Wort in diesem Sinne beibehalten. werden soll, so bezeichnet es nichts als die freie, unabhängige Rede, im Gegensatz zu der von der Dichtkunst zu ihrem Dienste in bestimmte Maasse gebrachten. So drückt den Unterschied aus die Zusammenstellung bei Ausonius (profess. XXI, 14): „prosa solebas et versu loqui", und danach ist z. B. auch die Recitation von Prosa und Vers zu unterscheiden, wie Quintilian I, 8, 2 sagt: „sit lectio poetarum non quidem prosae similis, quia et carmen est et se poetae canere testantur". So versteht denn auch Molière das Wort, wenn im „le bourgeois gentilhomme“ (II, 4) sein maistre de philosophie explicirt: „Tout ce qui n'est point prose, est vers; et tout ce qui n'est point vers, est prose". Nun fanden Neuere (vielleicht ist Adelung, über den Deutschen Styl. Bd. 2 p. 250 sq. der Anstifter), dass der Unterschied zwischen derjenigen Sprache, welche die Dichtkunst zu ihrer Darstellung wählt und der anderen, keineswegs bloss auf dem Metrum, und wie sie hinzusetzten, dem Reim allein beruhe, sondern etwa auf der „Lebhaftigkeit“, wie Adelung (p. 253) will, oder auf anderen Eigen

schaften der Bildlichkeit cet. wie Neuere und Neueste sagen. Es wussten dies natürlich auch schon die Alten. cf. Quintilian 1, 5, 10 sq., der von den Barbarismen bei den Dichtern spricht, welche „poetico jure" sich rechtfertigen, und bemerkt: „,sed in prosa quoque est quaedam jam recepta immutatio". Ganz deutlich sagt Aristoteles im ersten Cap. der Poetik, dass man im gewöhnlichen Leben Jeden einen Dichter nenne, der sich des Metrums bediene, selbst Naturforscher; Dichter seien jedoch nur die sich der nachahmenden Darstellung Bedienenden (τοὺς κατὰ μίμησιν ποιητάς). Adelung ärgert sich so über die Ausdrücke „gebundene und ungebundene" Rede, dass er sie gar nicht mehr gebrauchen will.

Nun wollte aber Prosa nichts weiter sagen, als ungebundene Rede; es bezeichnete einen nur äusserlichen Unterschied, aber einen sicheren, und man konnte es dabei bewenden lassen. Jetzt ist der Begriff sehr schwankend geworden, denn man hat der poetischen Sprache viel zugeschrieben zum Unterschiede von der gewöhnlichen, was von gewissen Dichtungsgattungen, oder Dichtern oder dichtenden Völkern und Zeiten gelten mag keineswegs aber von allen; man hat auch zugleich der Prosa Vieles abgesprochen, was nicht jeder Darstellung in Prosa, z. B. Werken der Dichtkunst, der sogenannten Redekunst cet. abgesprochen werden

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Dazu ist noch ein anderer Uebelstand eingetreten. In der Bemühung, die Prosa von der Sprache der Dichtkunst zu unterscheiden, gerieth man immer tiefer in Untersuchungen über das Wesen der Kunst, speciell der Poesie selbst, als aus welchem auch der Unterschied ihrer Sprache sich herleiten lassen müsse, und vergass schliesslich, dass man Prosa ja nicht von der Poesie zu unterscheiden habe was ganz unnöthig ist, da Niemand eine Kunst selbst verwechseln wird mit irgend welchen Arten, wie sonst deren Material noch benutzt werden kann sondern von dem sprachlichen Ausdruck der Poesie. So heisst es schon bei Adelung (1. c. p. 253): „Indessen ist doch gewiss, dass sowohl die poetische Harmonie, als die Dichtung zur Poesie nothwendig sind, nur dass in keiner von beiden, auch nicht in beiden zusammen genommen, das Wesen der Poesie und der Unterschied zwischen Poesie und Prosa gesetzt werden kann.“

Man sieht, wie die Frage, um die es sich handelt, nunmehr schief gestellt wird; aber in ästhetischen und sonstigen Werken ist die Schiefheit jetzt allgemein, und der Begriff der Prosa wird so gefasst, dass man das Wort schon nicht mehr bloss als den Gegensatz zur Poesie bezeichnend anwendet, sondern zur Kunst überhaupt, wie wenn man z. B. von der Prosa des Lebens spricht, prosaischer Zeit cet. Nun lässt sich gegen Veränderungen in der Bedeutung technischer Ausdrücke nicht viel thun, doch ist das Sachverhältniss vor Verdunkelung zu schützen.

Prosa bedeutet also erstens im engeren, ursprünglichen Sinne die ungebundene Rede; im weiteren Sinne, metonymisch, bezeichnet es den Gegensatz zum Wesen der Kunst. So liest man bei Lessing (Bd. 11 p. 183 ed. Lachm. - Maltz.): „So gut die Sprache ihre Prosa hat (d. h. so gut im Gebiete der Künste, welche sich in der Sprache darstellen, eine Prosa als deren Gegensatz aufgestellt wird): so gut muss auch die Mahlerey dergleichen haben. Es giebt also poetische und prosaische Mahler.“ (z. B. nach Lessing: Die Allegoristen.) In diesem Sinne stände also etwa neben dem Baukünstler als Prosaiker der Maurer, neben dem Bildhauer der Steinmetz, neben dem Maler der Anstreicher, neben dem Musiker der signalisirende, die Marschbewegung regelnde Hornist, Trommler, neben dem Dichter endlich der Prosaist welcher aber nun nicht etwa ein Solcher ist, der sich der Prosa (im ersten Sinne) zur Darstellung bedient - oder wären etwa Boccaccio, George Sand, Dickens, Jean Paul nicht Dichter? - sondern vielleicht ein Geschichtschreiber, Mathematiker, Naturforscher, Kritiker cet. Im Allgemeinen beruht die Prosa in der ersten Triade der Künste (des Auges), auf der Geometrie, die Prosa bei den Künsten des Ohrs auf dem Verstande, dem Begriff des Zweckes, der Logik. Wir haben uns aber enthalten, in dem Vorhergehenden diejenige Prosa (im weiteren, übertragenen Sinne) anzugeben, welche neben der Sprachkunst steht, weil Dies noch weiterer Erörterung bedarf.

Offenbar nämlich ist es ungenau, wenn man die gewöhnliche Rede z. B. die in der Umgangssprache übliche, ebenso als Prosa. bezeichnet, wie z. B. die Prosa in den Werken des Tacitus oder Lessing's. Beide Arten der Darstellung sind ungebundene Rede", aber nicht beide stehen in demselben Range, und nicht

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