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tik p. 4) in ihrem Rechte: „Es giebt soviel Künste, als Gegenstände, an denen ein höheres Können sich zeigen kann." - Freilich würden wir Bedenken tragen, etwa mit Lommatzsch (Wissenschaft des Ideals. Berl. 1835) anzunehmen, dass die Feuerwerkerkunst," "Schattenspiel," "Fechtkunst," "Seiltanz," "Reittanz," "Redekunst," jemals zu den Künsten zu rechnen sein würde.

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Lotze (Geschichte der Aesthetik in Deutschland. München 1868) sagt gut (p. 445): „So wie kleine Gemeinden und grosse Staaten von demselben Princip der Sittlichkeit und des Rechts durchdrungen sein sollen, gleichwohl aber jene wegen der Beschränktheit ihrer Aufgaben und ihrer Mittel niemals diesen zugerechnet werden können, so werden Gymnastik und Tanz, schöne Gartenkunst und Feuerwerkerei, Toilettenkunst und Mimik zwar immer Territorien nach amerikanischem Ausdruck sein, in welchen ästhetische Gesetze gelten, aber niemals werden sie Anspruch darauf erwerben, unter die Reihe der stimmfähigen Staaten aufgegenommen zu werden." Lotze spricht weiterhin (p. 458) von den systematischen Eintheilungen der Künste, wie sie Solger, Hegel, Vischer u. A. versucht haben, mit geringem Interesse. Er findet es schwierig zu sagen, was denn eigentlich diese Versuche nützen, und wem?" Er sagt (p. 459): es seien im Leben und in der Wirklichkeit die Künste zwar zu mannigfaltigem Zusammenwirken bestimmt, aber nirgends dazu, sich in einer systematischen Reihenfolge zu gruppiren; in der Welt des Denkens aber und der Begriffe haben alle Gegenstände nicht nur eine systematische Ordnung, die unabänderlich feststände, sondern der Zusammenhang der Dinge ist so allseitig organisirt, dass man in jeder Richtung, in welcher man ihn durchkreuzt, eine besondere immer bedeutungsvolle Projektion seines Gefüges entdeckt. Keine der erwähnten Classifikationen hat nur Unrecht; jede hebt eine dieser gültigen Beziehungen, einen gewissen Durchschnitt der Sache nach einer der Spaltungsrichtungen hervor, die ihr natürlich sind; aber wunderlich ist der Eifer, mit dem jeder neue Versuch sich als den endgültigen und einzig wahren ansieht und die vorangegangenen als nüchterne und überwundene Standpunkte betrach

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Gewiss hat man sich zu hüten, dass man bei Versuchen zu systematischer Eintheilung nicht in wunderlichen Eifer" falle, aber kaum war wohl Lotze's Erinnerung nöthig, dass die systematische Ordnung als solche nicht in Wirklichkeit auch bestehe; er müsste dann etwa auch warnen, dass man nicht nutzlos die Linien der Längen- und Breitengrade auf dem Erdboden sich aufsuche. Keineswegs sind die systematischen Eintheilungen alle gleich gut, gleich umfassend, gleich zweckmässig, und sie haben, wenn keinen anderen, sicherlich didaktischen Werth.

Wir selbst, indem wir die Sprachkunst einem System der Künste einreihen, wissen uns zuversichtlicher, wenn unsere Klassification mit denen grosser Denker nicht im Widerspruch steht, vielmehr diese ergänzt und stützt. Damit besteht es wohl, dass wir uns die Worte Köstlin's (Aesthetik," Vorwort p. VI) aneignen: „die moderne Aesthetik bildet noch immer den Glanzpunkt der philosophischen Litteratur der Gegenwart und verdient es, ihn zu bilden; aber es fragt sich, wie lange sie es noch bleiben werde, wenn sie sich nicht entschliesst, überall nur aus dem lebendigen Quell der Wirklichkeit selber zu schöpfen, statt an fertige Schemen irgendwelcher Theorie sich zu binden, und die Sprache der Menschen statt der der Systeme zu reden."

Die Einheit nicht nur der von uns aufgestellten, sondern überhaupt der möglichen Künste beruht zunächst auf ihrer gemeinsamen Wesenheit, in Bezug auf welche Bernhardi (Ueber den Ajax des Sophokles p. 6) sagt: „Die einzelnen Gattungen der Künste sind gleichsam einzelne Sprachen, oft nur Dialekte der Einen ungetheilten Kunst"; sie zeigt sich aber auch in einer gewissen Durchdringung jeder Kunst durch die anderen, so dass die eigenthümliche Kraft einer jeden irgendwie auch in den andern zur Geltung kommt. Es bedarf dieser Punkt noch einiger Erläuterungen im Einzelnen. Was man z. B. mit bildlichem Ausdruck Architektonik in den Künsten nennt, wie etwa eine gewisse symmetrische Gruppirung in den Reliefs der Plastik, in historischen oder landschaftlichen Gemälden, oder auch in der Vertheilung thematischer Durchführungen an einzelne Stimmen oder Instrumente in der Musik, ferner in der chiastisch oder anaphorisch gegliederten, überhaupt eurhythmischen Satzgliederung im Gebiete der Sprachkunst, in contrastirenden oder entsprechenden Gruppen

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stellungen auf der Bühne, wie sie vom Regisseur im Einzelnen bestimmt werden, oder in den Chortänzen, wie sie der Balletmeister anordnet; alles dies, wodurch die einzelnen Theile des Materials, abgesehen von ihrer letzten und nothwendigen Beziehung, gefällig, überschaulich, symmetrisch geordnet werden, ist in der That ein Stück Baukunst in dem Material anderer Künste.

Ebenso zeigt sich die Plastik vielfach wirksam bei den Werken der Architektur, gewissermassen sie krönend; sie beherrscht mannichfach auch den akademischen Stil in der Malerei, wird erkannt in einem gewissen ruhigen, sich wie organisch entfaltenden Ausdruck der Sprachkunst, ebenso in plastisch herausgehobenen Gestaltungen der Dichtkunst.

In Bezug auf das Hervortreten des Malerischen innerhalb der anderen Kunstgattungen ist z. B. auf solche Säulenreihen der Architektur hinzuweisen, welche perspektivisch zurücktreten bis zu Pilastern, in der Plastik z. B. an malerische Gewandung, an lebendigere Reliefdarstellungen; in der Musik an die bekannten Tonmalereien; in der Sprachkunst an Klangnachahmungen; und was die Malerei in der Dichtkunst anbetrifft, so musste ja Lessing seinen Laokoon schreiben, so sehr überschätzte man zu seiner Zeit die Fähigkeit der Poesie, malerische Wirkungen hervorzubringen. Dass ferner Musik an den Werken der Architektur empfunden werden könne, darauf deuten z. B. die hellenischen Mythen von dem Mauerbau Thebens durch Amphion und Zethos, oder Troja's durch Apollo und Poseidon, welche also zur Mechanik der Massenbewegung die Harmonik in der Zusammensetzung hinzufügen; in der Sprachkunst ist die Wirkung vieler sogenannten Figuren eine überwiegend musikalische; in der Poesie stimmt die Lyrik namentlich der modernen Völker vielfach wie Musik; dahin wirken klangvolle Modulirungen desselben Gefühls, ein musikalisch freierer Takt, affektvolle Bewegung bei wenig reicher oder tiefer Gedankenentwickelung, Mangel klaren Heraustretens der Empfindung, welche träumerisch in sich webt. Schiller (Ueber naive und sentimental. Dichtkunst) unterscheidet eine plastische Poesie von einer musikalischen und bezeichnet z. B Klopstock als musikalischen Dichter. In einem Briefe an Göthe sagt er von sich, beim Dichten überkomme ihn zuerst eine gewisse musikalische Stimmung, was auch allgemeinere Geltung

hat. Denn so lange dem Dichter die Vorstellungen noch nicht zu klarer Formirung und Composition gekommen sind, sind sie für den Ausdruck durch die Sprache nicht reif und es bleibt bei einer ,,gewissen musikalischen Stimmung," geht es zur Festigkeit und Bestimmtheit fort, so stellt sich als Zeichen davon auch das bezeichnende Wort ein. Aber auch nachher verschwindet die Musik im poetischen Kunstwerk nicht, sondern tritt nur zurück; und wie die Architektur auch noch in den beiden anderen bildenden. Künsten, in der Plastik und Malerei, als Symmetrie und Eurhythmie fortwirkt, so bleibt in den Künsten, welche mit dem Ton verknüpft sind, in der Sprachkunst und Poesie, der Rhythmus, und ruft denen der Tonkunst verwandte Wirkungen hervor.

Das Wesen der Sprachkunst tritt hauptsächlich in einer Art der Darstellung hervor, welche man „sprechend" nennt, womit das Wesen eines bis zur äussersten Bestimmtheit, Lebendigkeit, Helligkeit fortgeschrittenen Ausdrucks glücklich bezeichnet ist. So kann namentlich die Plastik und die Malerei in der Darstellung bestimmter Momente menschlicher Bewegung durch grosse Energie diese bis zum sprechenden Ausdruck veranschaulichen, so dass die Phantasie des Beschauers das angefangene Wort nothwendig ergänzt.

Auch die Instrumentalmusik führt uns zuweilen bis zum sprachlichen Ausdruck, sei es, dass sie elegisch rührt, milde klagt, oder jubelt oder neckisch spielt und lacht; es tritt selbst als höchste Steigerung des musikalischen Ausdrucks Deklamation ein, als Recitativ angedeutet. In Beethoven's neunter Symphonie bricht zuletzt die Menschenstimme hervor, um zu sagen, was der Tonkunst an sich klar auszusprechen versagt ist. Im Gebiete der Poesie macht sich die Sprachkunst geltend im emphatischen, prägnanten, antithetischen, ironischen Ausdruck, überhaupt in jeder mit besonderer Kraft den Moment herausstellenden Wendung.

Was endlich die Wirkungen der Poesie innerhalb der anderen Kunstgattungen betrifft, so ist darauf hinzuweisen, dass diese geistigste der Künste schon in der Conception zu jedem Kunstwerk alle Gattungen in gleicher, obzwar mehr oder weniger bewussten Weise durchzieht. Es genügt hier, auf den Sprachgebrauch aufmerksam zu machen, welcher ein recht feines, ideales Hervortreten des Künstlerischen in den Kunstwerken jeder Gattung noch besonders als „poetisch" bezeichnet.

II. Von der Sprachkunst im Besonderen.

1. Die Aufstellung der Sprachkunst als einer besonderen Kunstgattung.

Wir haben in das System der Künste die Sprachkunst eingereiht und hiermit den sonst gewöhnlich aufgestellten Kunstgattungen eine neue hinzugefügt. Wir suchten dies zunächst im Vorhergehenden dadurch zu rechtfertigen, dass wir die Stellung näher bezeichneten, welche der Sprachkunst innerhalb des Systems zufällt. Wie also in der Reihe der bildenden Künste zwischen Architektur und Malerei die Plastik gewissermassen vermittelt, von den Karyatiden und Telamonen bis zur Reliefdarstellung, so vermittelt in der Reihe der Künste für das Gehör die Sprachkunst zwischen Musik und Poesie, beginnend von der euphonischen, der charakterisirenden, der bildlichen Gestaltung des Wortes bis zu jenen liedförmigen Produktionen, welche lediglich den einzelnen Moment individueller Bewegnng, wie er z. B. vielfach im sogenannten Volksliede hervorbricht, darstellen, oder bis zu jenen mehr ernsten oder mehr spielenden Sprachkunstwerken, welche z. B. als Epigramme, Räthsel u. d. m. bisher eine unbestimmte und schwankende Einreihung unter die Dichtungsarten gefunden haben. Es ist fühlbar, dass zwischen der Kunst des Tons und der Kunst des Geistes die Kunst des vergeistigten Tones in der Mitte steht.

Nun kann es allerdings auffallend erscheinen, dass eine Kunst, deren Werke am allgemeinsten verbreitet sind und am offensten vorliegen, bis jetzt noch von Niemand als solche erkannt und aufgestellt worden ist. Es erklärt sich dies indessen zur Genüge aus folgenden Umständen. Künste erfordern Künstler und wo sind die bei der Sprachkunst? In keiner anderen Kunst verschwindet in der That die Person der Künstler ebenso: Namen der Schöpfer selbstständiger Sprachkunstwerke sind nur ausnahmsweise bekannt, und die Verfasser von Sprachornamenten gelten nicht als Künstler der Sprachkunst, weil sie anscheinend

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