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bildete, was philosophisches Schauen und Denken als Gott und Welt umfassendes System hinstellte, verträgt schwerlich eine scharfe Abgränzung von den Gebilden der Kunst. Aber gemeint als Kunst sind diese Hervorbringungen nicht; sie wollen ein Inneres, ein Glauben, eine Gesinnung, eine Erkenntniss, empfangen ihre Bedeutung und ihren Werth nur dadurch, dass sie Dieses offenbaren, eine Wahrheit verkündigen, und nicht das Hervorgebrachte ist das eigentliche Werk, sondern das, was es bedeutet. Der Kunst aber ist es wesentlich, dass ihr Schaffen ein bestimmtes Dasein gewinne, in welchem voll und ganz ihr Schaffen aufgeht, ein Dasein so, wie es eben gestaltet wurde, und welches so in sich abgeschlossen ruht.

In der Kunst also spielen wir. Wann aber spielen wir doch? Wir spielen im Kindesalter, um einen Trieb zur Thätigkeit zu befriedigen, welcher mit Naturnothwendigkeit uns zwingt, und der daher, wenn ihm nicht gewillfahrt wird, als Reiz mit Unlust gefühlt, von dem zum Schweigen, Stillsitzen, Einschlafen verurtheilten Kinde als das empfunden wird, was er an sich ist, als Pein und Qual. Wir spielen später, um uns abzuspannen von Anstrengungen, um Unangenehmes zeitweilig zu beseitigen, um uns zu betäuben, zu vergessen; wir spielen wohl auch, um zu spielen, um der Heiterkeit, Gesundheit, Kraft einen Ausdruck zu gewähren, immer jedoch, um aus einem gedrückteren in einen freieren, gehobenen Zustand überzugehn.

Nun ist freilich, was wir im gewöhnlichen Leben sonst Spiele nennen, nur Ausübung und Anwendung künstlerischer Einfälle, wie sie in Bezug auf ihre Erfinder mit Recht zu bezeichnen sind, angeknüpft an anderweitige Interessen und so in die Praxis des zwecksetzenden Lebens gezogen, und wir werden die Anwendung des Namens desshalb so zu beschränken haben, dass er nur auf die Quelle deutet, aus welcher auch die Kunst ihren Ursprung nimmt, aber, was von dem Bedürfniss nach Spiel, von seiner Wirkung auf das Gemüth gesagt wurde, gilt und zwar in höherem Grade - auch von dem Spiel in seiner Reinheit, von der Kunst. Die Kunst tritt als der Sonntag ein in die Werktage des Lebens, sie erheitert, tröstet, erhebt; sie hält sich dabei fern von jeder Einmischung in unsere Sorgen, unsere Bedürfnisse, deren Befriedigung nur hungrig macht nach neuen Diensten. So

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steht sie lächelnd, lässt sich nicht ein auf unsern Privatjammer, wehrt ab jede Unruhe und sagt zu uns: Kommet, spielet mit, und ihr werdet erhoben sein!

Welche Tiefe des Schmerzes aber muss die Kunst in sich überwunden haben, um uns Solches von sich verheissen zu können! Denn wie sollte sie Freude bringen können für Jeden, wenn nicht der Schmerz jedes Herzens in ihr zu Grunde gegangen wäre? Woher denn überhaupt dieses Verlangen in uns nach Freude, dieser Bejahung unseres Wesens, wie wir sagten, wenn unser Leben nicht an sich selbst der Schmerz wäre, welcher seinen Trost, seine Heilung eben in seiner Entfaltung sucht? Ist nicht klar, dass der Schmerz es ist, welcher in tiefster Tiefe die Kunst hervorbrachte und hervorbringt? Welcher Schmerz aber?

Unser Leben ruht nicht in sich selbst geschlossen, es besteht nur durch die Wechselwirkung mit der Welt. Leicht empfunden wird anfangs diese unsere Bedingtheit, und leicht wird der Reiz befriedigt, welcher sie in uns anzeigt und uns in sie hinein zieht. Aber in dem Maasse, als wir uns weiter entwickeln, d. h. inniger verflechten mit dem Leben des Universums, drückt gewichtiger die Nöthigung, und die Befriedigung gelingt schwerer. Wir finden unser Wesen bedingt, beschränkt, verneint nach allen Seiten. Die Qual unserer Unvollkommenheit, die Marter des Zweifels, die Schauer der Endlichkeit ergreifen und lähmen uns. Und die Welt sieht uns so aus, wie wir selbst: οίδαμεν γὰρ, ὅτι πᾶσα ἡ κτίσις συστενάζει καὶ συνωδίνει ἄχρι τοῦ νῦν. (Rom. Cp. VIII, 22.) Wir fühlen endlich und erkennen, dass überhaupt zwar unser Sollen ein unendliches ist, dass aber Befriedigung innerhalb jener Wechselwirkung nicht erreicht wird. Wir finden uns als räthselhafte Wesen, finden uns in einer Welt, deren Gesetzen wir zu folgen gezwungen sind, ohne dass doch, was sie uns gewährt, unser Wesen auszufüllen und zu vollenden im Stande ist, wir finden uns umschränkt von einem endlichen Dasein und begabt mit nicht endlichen Ansprüchen, denen wir gleichwohl nicht entsagen, weil wir fühlen, dass sie gerade unser eigenstes Wesen aussprechen. So ergreift uns allmächtig der Schmerz unserer Endlichkeit.

Wohl tröstet und beruhigt immer wieder das Streben nach dem Guten, es erfreuen und stärken die Erfolge gewissenhaften Handelns, und, indem wir uns vorhalten, dass Erfüllung unserer

Pflicht nach dem Maass unserer Kräfte als das allein uns Zustehende auch als allein vergönnte Beschwichtigung jenes Schmerzes zu betrachten sei, fügen wir uns mit Ergebung dem Schicksale alles Endlichen, aber dieses verständige Verzichten nimmt doch den Schmerz des Lebens nur hin, weil es muss, findet sich zwar mit ihm ab, aber überwindet ihn nicht. Es verweist uns dann die fromme Ahnung des Herzens, die freudige Hoffnung, welche auf dem Grunde des Glaubens erwächst, auf eine künftige Ergänzung unseres irdischen Lebens in einem jenseitigen, aber die Erfüllung wird doch erst im Jenseit erwartet, und wir kennen die Bedingungen nicht, unter welchen sie eintritt.

Wer aber trennt denn mit Recht dieses geahnte, von unserm Herzen geforderte Jenseit von dem Diesseit, wer setzt Scheidewände innerhalb der Schöpfung und zerreisst ihre Einheit? Ergreifen wir dieses Jenseit nicht schon, indem wir es fordern? Ragt es nicht überall hinein in die Kreise, welche unser Leben zieht, und wirkt es nicht auf sie? Wie denn sollte einst eine Brücke führen von dem Hier nach einem Dort - und dies Einst ist immer wenn sie nicht schon immer hinüberbrächte das Dort in unser Hier? Verläuft unser Leben als eine Zeit der Prüfung, der Vorbereitung auf ein Weiterleben, so müssen doch die Bedingungen, unter welchen dieses zukünftige Dasein sich entwickelt, in ihrem Grunde dieselben sein mit denen, welche unsere diesseitige Welt regeln und bestimmen. Und so ist es in der That; das Ziel unserer Sehnsucht ist dieser Welt nicht fremd, sondern erfüllt sie mit tausend Wonnen, und die Kunst ist es, welche dies fühlt, schaut und für uns aufweist in ihren Werken. Weltsinn und Weltlust sind kein Frevel, denn diese Welt ist nicht ungöttlich, und Blindheit ist es, sie ungöttlich zu halten; das verkündigt die Kunst. Sie nimmt keinen Theil an dem Ringen unseres Geistes, das Räthsel der Schöpfung zu begreifen, es beschäftigt sie nicht die endlos sich erneuernde Aufgabe, dem Sollen in uns Verwirklichung zu geben; sie erfasst vielmehr das Dasein als ein dem Menschen und den Anforderungen seiner Natur Homogenes, in ihr lösen sich auf die Disharmonien, durch welche die Bruchstücke der Erscheinungswelt uns beunruhigen und verwirren, sie findet und schafft überall Eurythmie und Symmetrie in dem Ruhenden, Harmonie der bewegenden Kräfte, Analogie der äusse

ren Vorgänge mit dem innersten Weben und Wollen der Seele, Gerechtigkeit sieht sie in der Menschengeschichte, wo der trübe Blick der Prosa sich verzweifelnd abkehrt, sie sucht und findet den Gott in der Natur, nnd ihr einziger Lohn ist Dieses, dass sie ihn fand. Aus ihren Werken strahlt darum wieder jene Klarheit und Vollkommenheit, welche als der Schein des Geistes alles Irdische in Licht taucht. Freilich ist diese Freude am Göttlichen eben nur die Freude am Schein der Erscheinung, die Freude an der Schönheit aber dieser Schein ist das einzige Licht, aus welchem uns die Wahrheit entgegenleuchtet, ohne uns zu blenden. Was endlich die Kunst erschafft und damit der Welt der Erscheinungen einreiht, verfällt dann zwar deren Bedingungen nicht weniger, wie jedes andere Dasein, und zeigt so seinen endlichen Ursprung, aber einmal doch ist die Feier des Ewigen in dem Werke verkörpert worden, soweit dem Menschen dieses Ewige zu fassen vergönnt ist, und wir, die wir jene Einheit mit dem Göttlichen fühlten und auszusprechen vermochten, sind versöhnt mit dem Dasein, welches sie in sich trägt. Man kann sagen, dass diese Versöhnung irdischer Art ist, dass die Tröstung durch die Kunst nichtig ist, hervorgebracht durch Täuschung gehört denn das Leben der Erde, das Leben des Menschen nicht zum Allleben, zum Himmel- oder wie wir jenes unserer Sehnsucht vorschwebende Etwas nennen, welches aller Hoffnungen Erfüllung in sich trägt? Was auf Erden wahr ist — wahr in der ihm somit zukommenden Begränzung kann nirgend unwahr sein, denn Jedes ist für Alles geschaffen.

aber

Solger sagt in Bezug auf die endliche Natur des Kunstwerks (Erwin. Th. I p. 256 sq.): „Indem das Schöne mitten in dem Gewühl der anderen, erscheinenden Gegenstände durch die ihm inwohnende Herrlichkeit des göttlichen Wesens erhöht wird, kann es sich doch nicht aus jener irdischen Verkettung befreien, sondern versinkt vor Gott mit der ganzen übrigen Erscheinung in Nichtigkeit. Dieser herbe Widerspruch bewältigt jeden, auch unbewusst, mit einem nicht nur innigen, sondern allgewaltigen, nicht durch andere Güter heilbaren, sondern ewigen und unzerstreubaren Schmerze; denn nicht durch den Untergang des einzelnen Dinges wird er in uns erregt, ja nicht einmal bloss durch die Vergänglichkeit alles Irdischen, sondern durch die Nichtigkeit der Idee

selbst, die, mit ihrer Verkörperung, zugleich dem gemeinsamen Geschick alles Sterblichen unterworfen wurde, mit der aber jedesmal eine ganze gottbeseelte Welt dahinstirbt. Dies ist das wahrhafte Loos des Schönen auf der Erde! Und dennoch ist in demselben, und muss in ihm sein jener vollständige Uebergang des Göttlichen und Irdischen in einander, so dass, indem das Sterbliche vertilgt wird, nicht bloss an dessen Stelle der höhere Zustand der Verewigung tritt, sondern eben durch den Untergang erst recht einleuchtet, wie dieses Sterbliche zugleich vollkommen Eins mit dem Ewigen ist. Dadurch entsteht die überschwengliche Seligkeit, die mit der Wehmuth, und durch sie, bei solchem Anblick, in unsere Seele strömt, und uns auf so wunderbare Weise den ganzen Maassstab gewöhnlicher Empfindung entrückt.“

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Man findet den Boden für die gegebenen Andeutungen über
das Wesen der Kunst bei Kant: Kritik der Urtheilskraft.
Dass die Kunst sei, ist ein rein menschliches Bedürfniss.
Im Fleiss kann Dich die Biene meistern,

In der Geschicklichkeit ein Wurm dein Lehrer sein,
Dein Wissen theilest du mit vorgezognen Geistern,
Die Kunst, o Mensch, hast du allein."

(Schiller: Die Künstler.)

Was an den Kunstwerken Kunst ist, die Form also, ist Eigenthum und Abbild der Menschennatur, der Künstler selbst ist die Seele, das Leben, der Lebenszweck seines Werkes, er selbst nach seinen einzelnen Daseinsmomenten giebt in der Gestaltung des Stoffes sich selbst. Andererseits erfolgt die Verwirklichung der Kunst nur an einem bestimmten Stoffe, nur also im engsten Zusammenhange mit der Aussenwelt, denn auch die Poesie, welche am meisten Form, am wenigsten Stoff ist, arbeitet doch nur mit Vorstellungen, welche aus dem Zusammenhange des Menschen mit der Aussenwelt erwachsen. Dieser Stoff, welcher der Natur angehört, jene Form, in welcher sich unsere Seele abbildet, gehen in der Kunst so zu inniger Verbindung zusammen, dass schon hieraus die Analogie der menschlichen Seele mit den Bewegungen der Natur erhellt. Nur scheinbar ist der Stoff bloss ein Aussen, nur scheinbar ist die Menschenseele bloss ein Innen; beides, Natur und Seele ist in seinem innersten Wesen zugleich auch das andere. Demnach hätte die Untersuchung jene Analogie

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