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Zwingli im Nahmen der Prädikanten
von Straßburg, Zürich, Bern und Basel

an die V Orte der Eidgenossenschaft.

Die näheren Umstände und Beweggründe dieser Zuschrift sind nicht mit Bestimmtheit anzugeben. Zu bemerken ist, daß eine Erklärung der V Orten Gesandten zu Bern (Hott. Gesch. d. Eidg. 2, 304.); der Antrag, der im August auf der Tagsaßung der V Orten zu Brunnen geschah, die Urheber der Schmähungen ernstlich zu strafen; Merkmahle milderer Stimmung in einigen Orten; die unwiderstehliche Ausbreitung der Reformation in der östlichen Schweiz, vielleicht auch Kenntniß von günstigen innern Bewegungen beym Volk des einen und andern Orts, den Predigern Hoffnung machten, daß ihre Zuschrift günstige Wirkung erzeugen könne; und bey dem gefahrdrohenden Benehmen des Kaisers mag der Wunsch, den Frieden erhalten zu können, bey ihnen desto dringender gewesen seyn. Diese Zuschrift giebt einen wichtigen Grund zu dem Urtheil, daß Zwingli nur, wenn alle Versuche, Bund und Frieden mit den V Orten zu erhalten, fruchtlos wåren und alle Bande brechen müßten, einen neuen Bund zu bilden billigte, der die religiöse mit der politischen Freyheit gegen die V Orte, den Kaiser und andere katholische Feinde sichere. Sekolampad schrieb Zwingli am 17ten September: Ihre Bittschrift an die V Orte werde vom Rath in Berathung gezogen; auf einem Burgertag könnte und sollte diese Sache wegen ihrer Wichtigkeit und Nothwendigkeit berathen werden. Einige wünschen sie kürzer und Einiges finden sie, das Stoff zum Ladel geben würde. An Buzer schrieb dann Oekolampad am 25. October : „Quinque Pagorum Helvetii pecuniam suam numerarunt, et concordiam cum aliis redintegrant. Lecta est epistola nostra in comitiis Badensibus, quam Zuinglius, cum Tiguri essemus, nostræ civitatis concionatorum nomine adornaverat, et Capito, charissimus frater, isthuc retulit: sed parvo, ut vereor, cum fructu; fastidiunt enim tam sancta. Verum de ea re si quando convenerimus, ut futurum confido, quid faciendum, inter cætera deliberabimus." (Epp. Oec. et Zw. fol. 186.187.)

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Zwingli im Nahmen der Prådikanten 2c. an die V Orte.

Gnad und frid von gott bevor. Fromm, fest, cersam, wys, gnädig, günstig, lieb herren! Als sich leider span halt zwüschend den fünf orten und den stätten, so einander in der loblichen eidgnoßschaft mit ́eim_christlichen burgrechten verwandt, ist zwar über unser ansehen, daß wir üwer eersamkeit mit gschriften ansüchend. So wir aber uns selbs wol bewußt, daß unser anbringen us gütem herzen und liebe, die wir zu einer eidgnoßschaft habend, kummt; sind wir ungezwyflet, üwer wysheit trüwliches und demütiges ansinnen nit verungnaden. Es ist üch, gnädig, lieb herren, wol erkannt, wie mit einhelligheit kleine ding groß werdend, und mit zwitracht widrum zergond. Welches spruchs der erst teil an üwer eersamkeit offenlich erfunden wirt; dann ir mit einigheit us einem nit grossen anfang in einen grossen ufgang durch hilf gottes kommen; der welle verhüten, daß der ander teil, daß ir zergangind us uneinigheit, nit an üch erfüllt werde. Nun ist aber die wurz des zergons, der zwitracht, schon under üch, deßhalb üch ernstlich ufzesehen ist, daß die nit wyter wachse, oder aber es wirt üwer übel ze sorgen syn. Dann jr wüssend, was üch die gunnend, die üch villycht zů zwitracht ziehend und reizend; und daß sy (als ze sorgen) die zum ersten begertind umzebringen, denen sy etwas hoffnung machend; und deßhalb hilf wider den andren züsagen nüzid anders ist, weder so man das bübenhar schirmt; da rupft gemeinlich der schirmer wirs weder die gyer. So nun zwitracht die einig ursach ist, die üch in gefar setzen mag; wel ein üble fach ist es dann, daß man nit alle arbeit dahin richt, daß man die schädlichen wurzen usrüte? Nun ist aber die ursach des zwitrachts nüzid anders weder eigener nuß; der hat von anfang der welt har nit allein alle rych, sunder ouch die rúwigen fröud des paradises umkeert. Und mag aber der eigen nuß nit verlassen werden, es sye dann die liebe des gemeinen nuķes grösser dann des eignen. Gemeinen nuß hat nieman lieb, denn der die art und eigenschaft gottes hat. Der hat alle gschöpfden der ganzen welt so lieb, daß er ie1 allen versehen thût one alles widergelten; dann wer bezalt jim järlich nun ein körnli? Wir nemends alles von jm, und bezalt im nieman nüzid. Wiewol es in liebe des gemeinen nußes by uns menschen ein andre art hat; dann welcher by den menschen den gemeinen nuß schirmt, der hat den eignen nuß beschirmt; dann wer ist by dem sinen sicher, wenn nit das gemein regiment mit wolstand des gemeinen nußes die besundren gûter schirmt? So aber der gemein nuß ein eigenschaft gottes ist, so ist ie von nöten, daß man gottes erkanntnuß hab, will man sin art und willen erlernen. Nun kann man finen willen nienert weder in sinem wort erlernen. Hierum, ir gnädigen, lieben herren von den fünf orten, wellind um gottes willen unser getrüw demütig bitt nit usschlahen, funder gedenken, daß ge= trüm vermanen der propheten nie one straf verachtet ist worden, und wellind das klar hell wort gottes warhaftig by üch nach allem vermög nüws und alts testaments fry predigen lassen; dann ir by gottes zorn, den wir einig ze fürkommen noch einmal verwarnend, das ze hören verschaffen schuldig, über daß jr us dryen fürnemen ursachen darzů billich söllend gereizt werden.

Die erste ist, daß sich üwre frommen fordren über gottes wort nie gesetzt noch meister gemacht, also daß sy das in den zwang gesetzt habind:

1) oder „in“ für: ihnen.

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Zwingli im Nahmen der Prädikanten 2c. an die V Orte. Das predig, du pfarrer, und das predig nit; als aber leider iez beschicht, da man us verfürnuß der päpstleren gebütet vom fegfür, von gößendienst, von ablaß, und was derglychen ungegründter leeren ist, damit die armen seelen von dem waren brunnen, das ist, von dem lebendigen gott, von der gnad fines eingebornen suns und von rechtem vereeren der müter Jesu Christi und aller userwälten abgefürt werdend uf dienst und hoffnungen, die gott nit gefallend, und uns zur zyt des trübsals (wie der prophet sagt) nit helfen mögend. Ja sölche irrtum zwingt der papst ze predgen. Und ist aber by üwren altfordren har allweg fry gewesen gottes wort ze predgen, und hat sich deß nieman angenommen in meisterschaft ze halten. Als ouch in den christlichen stätten und landen uf den hütigen tag offenbar ist; dann die pur luter leer hat allein den weg gewurzet, daß man wider gottes wort nit hat wellen thủn und das nit ynzwingen nach unser armen menschen unverständig gütdunken. Deßhalb üwer wysheit und eersamkeit wol anzemüten, daß ir gottes wort fry wie üwre fordren lassind predgen, damit es üch gang wie üwren fordren; und sind ouch on zwyfel, wenn ir darin üwren fordren nach das fry lassend predgen, es werde der erst artikel im landsfriden, darob sich der größte span halt: daß twederer teil dem andren finen glouben nit sölle weder fehen noch hassen, nit allein vereinbart und us span genommen, sunder ouch vil fründschaft und liebe by den stätten ernüwren.

Die ander ursach ist, daß kein regiment nie gewesen ist, es hat erkennt, daß die göttliche kraft allen wolstand müsse schirmen und erhalten; und daß man gott (und, als, glych die heiden redend, die gött) nit sölle erzürnen mit pflanzen der luge, mit underdrucken der rechten und mit mütwillen, sunder in mit und us der warheit, mit unschuld und zucht vereeren; oder aber er keere dieselben von stund an mit finem zorn um. So nun warheit, grechtigkeit und zucht nienen ernstlicher weder in gottes wort geleert wirt, und aber kein regiment one gottesforcht bston mag; ist aber ze fordrift not, daß das helig gottswort, das ein liecht ist, das allen unverstand hinnimmt, das ein trost ist aller zwyfelhaftigen und schwachen und ein gartner und pflanzer aller tugend, Alyssig by üch gepredget werde.

Die dritte ursach ist, daß ouch zytliche eer und guter einem volk von gott geschirmt werdend, so es sich gottes, wie vor gemeldt ist, haltet. › Denn er spricht also durch den propheten Jeremiam (XXII, 3. 4.) zů dem künig und finem hof, das ist, zů allen fürgesetzten und richteren: Haltend grechtigkeit und billichkeit, entschüttend den beroubten von dem gwalt des fref= nen, den frömdling, das waisli und die witwen bekümmerend und erärmend nit, und vergiessend nit unschuldig blüt im land. Und so jr das styf haltend, so werdend durch dise porten des hofs küng wandlen, die in dem stül Davids fißend, und uf wägen und pferden gefürt werden, sy und ire diener und jr volk 2c. In welchen worten und ouch sust an vil andken orten der gschrift herrlichkeit und frið sammt wolhab und gnüge verheissen wirt denen, die sich gottes willens und worts flussend. Und glych darnach dröwt harwidrum gott: wo man im nit ghorsamen, werde er dieselben usrüten, als da man einen wald ushowt 2c. Uf das wellend ouch zü herzen fassen, vercerende herren und lieb fründ, daß üch gott die cer und fryheit, die er üwren väteren gern ggunnet, noch hütbytag gunnen will; allein wir sehind zu beeden fyten uf sin wort; dann wir warlich in den stätten gar nit an

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Zwingli im Nahmen der Prädikanten zc. an die V Orte.

derft findend, obglych etwas zwitrachts wider üch möchte gsehen werden, denn daß es nit ein fyendschaft sunder ein fründsblast ist, der, von stund an und je gottes wort fry lassend predgen, annemend und üwer sitten (die jr leider nit verlöugnen könnend etwas von unserem harkommen abfällig worden syn) darnach verbeßrend, hingenommen wirt. Darnach denn ze hoffen, daß üch gott, wie ir fast in der christenheit mittel ligend, werde zu eim byspil, fryheit und züflucht machen aller dero, die der warheit begirig find. Nun mütend wir üch gott und üwers heils halb grosse ding zů; aber deßhalb daß ir verlassen föllind ein ganz klein ding; dann was ist kleiner und schwächer weder ein menschlicher ratschlag oder fürnemen; dann wir sehend, daß der höchsten küngen ratschläg, so gott nit will, in einem ougenblick ze nüte und umkeert werdend. Ja, wir mütend üch zů, daß ir üwer gmüt niderlassind und gott ergebind, und alle ungnad gegen den stätten hinlegind als gegen denen, die mit der leer gottes worts gar vil bas weder jr gefasset sind. Nun loufend doch zween tropfen quecksilbers, von stund an und das, so darzwüschend glegen ist, dennen gethon wirt, zemmen, und wirt widrum eins, das vor zwey, ja etwann tusende gewesen ist. Also wellind allein das dennen thün,– das üch zwüschend den stätten teilt, das ist, den mangel gottes worts; so habend wir so vil züversicht zu dem allmächtigen gott, er werde gnad geben, daß ir widrum eins in aller liebe und fründschaft werdind wie üwer aller fromme fordren, es werde ouch üch an allen orten ufgon, an zytlichem nit bresten, und werdind allen frommen ein trost, allen unfrommen ein schrecken, und im ufgang des evangelii nit die lezten ze künftiger zyt usgeschriben, und nach disem jamertal zu allen gottesfründen in ewige fröwd gfeßt. Amen.

Vernemend diß unser schryben us keiner arglistigkeit sunder liebe und eer gottes und gmeiner eidgnoßschaft geflossen syn; und daß die warnungen gottes, die glych ze mal ruch und sträflich durch die propheten gschehend, nit föllend farlässig in den wind geschlagen werden; wie vil mee, so wir von gott dahin gewisen, daß wir üch mit fölcher einträchtigkeit und sanftmut ansinnend, soll keins wegs veracht werden. Es wäre ouch unser beger und bitt, wo es üwer eersamkeit nit zewider, dise geschrift wurde fründlichfter meinung vor üwern räten und gemeinden offenlich verlesen; dann wir ie unser leer, dero wir in der warheit und gschrift us gottes gnaden vergwüsset sind, rechnung ze erhalten, und üch darin mit trüw ze dienen und alles das ze thůn, was zủ frid und fün dienlich syn mag, urbüttig sind. Hiemit sind dem allmächtigen herren gott befolen! Der welle uns alle fines willens underrichten und nach finem gefallen förmen und gstalten! Ggeben ze Zürich, fünften tag Septembris, do wir versammlet warend, 1530.

*Üwer cersamen wysheit

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Ursachen,

um derenwillen Philipp, landgraf in Hessen, in das christliche burgrecht ufzenemen.

Auf dem Religionsgespräch zu Marburg wurde zwischen dem Landgrafen Philipp von Hessen und Zwingli über den Eintritt von Hessen ins christliche Burgrecht unterhandelt. Am 30. Juli 1530 ward es von Zürich und den 16. Nov. desselben Jahres von Basel geschlossen. Bern wies das Begehren der Burgerstädte, den Landgrafen auch ins christliche Burgrecht aufzunehmen, ab.

Heß hat nach der vereinung mee von unsertwegen gstellt weder von finetwegen.

Er hat ouch fern im krieg uns zugesprochen zc. 2

Es habend ouch üssere stätt fern unsern herren trostlich zugesprochen; darum daß sy wol ermessen konntend, wenn es uns umgangen, an inen ouch wäre. Also solltind wir ouch denken ze.

Heß hat sich verwägen uns zů hilf kommen in unsern landen, wo er frid haben mag; und versicht sich wenig hilf zů uns.

Unsere meinung vom sacrament wachst durch in uf im Niderland.

Item herzog Jörg von Sachsen ist3 sin schwäher, herzog Hans sin verbündter, herzog von Lünenburg, von Brunschwyg, Thüringen, Zweybrügg, bischof von Mainz sin verständiger ze.

1) vor einem Jahr. 2) scil. Hilfe. 3) Churfürst von Sachsen.

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Zwingli's fämmtl. Schriften. II. Bds., 3. Abthig.

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