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§ 96. II. 11. des Allgem. Landrechts zu besigen, und er beschuldigt den Richter zweiter Instanz der Verlegung dieses Gefeßes.

Dasselbe bestimmt:

Die Geistlichen der vom Staate privilegirten Kirchengesellschaften sind, als Beamte des Staates, der Regel nach von den persönlichen Lasten und Pflichten des ge= meinen Bürgers frei.

Implorant hält die Beitragspflicht für die Elementarschule für eine solche Pflicht des gemeinen Bürgers, wenn er auch zugiebt, daß dieselbe nicht als eine Kommunallast anzusehen sei. Durch dies Zugeständniß erachtet der Appellations-Richter den Einwand des Verklagten schon für widerlegt, indem er zugleich die Verpflichtung, zur Deckung der Bedürfnisse der Schule Beiträge zu leisten, für eine aus dem Schulgemeindeverbande entspringende Sozietätslast erklärt. Hierbei nimmt der Appellations-Richter Bezug auf den Plenarbeschluß des Ober-Tribunals vom 20. Juni 1853 und auf die Gründe eines Erkenntnisses des Ober-Tribunals vom 29. September 1864, abgedruckt Band 52. der Entscheidungen S. 312. ff.

Jener Plenarbeschluß hat nur ausgesprochen (Entschei= dungen Bd. 25. S. 301.), daß eine von der kompeten ten Staatsbehörde für den öffentlichen Schulunterricht eingerichtete und mit einem Vorstande versehene Schulgemeinde die Eigenschaft einer Kor= poration hat; in dem angeführten Erkenntnisse aber ist entschieden, daß die zur Unterhaltung einer Elementarschule ausgeschriebenen Beiträge nicht als Kommunalabgaben angesehen werden können, wenn nicht etwa in der betreffenden Gemeinde durch einen förmlichen, von der Staatsbehörde genehmigten Gemeindebeschluß, die Unterhaltung der Schulen als eine Last der Gemeinde übernommen worden

ist. Demgemäß sind in dem damals streitigen Falle die als Kläger aufgetretenen Königlichen Staatsbeamten mit dem gegen eine Stadtgemeinde erhobenen Antrage: die von ihnen geforderten Schulbeiträge als Kommunalabgaben zu erachten, zu deren Gesammtbetrage sie nach den §§ 2. und 3. des Gesezes vom 11. Juli 1822 nie mehr als die dort festge= segten Prozentsäge beizusteuern schuldig seien, abgewiesen worden.

Schon viel früher hat das, am 23. Oktober 1843 ergangene Präjudiz No. 1356. (Präjudizien-Sammlung I. S. 209.) den Grundfaß aufgestellt: daß, wenn im § 34. II. 12. des Allgem. Landrechts die Pflicht zur Unterhaltung der Schulgebäude eine gemeine Last aller zur Schule gewiesenen Einwohner genannt wird, unter dieser Laft nicht eine aus dem Gemeindeverbande entspringende, sondern nur eine gemeinsame zu verstehen ist, welcher alle, die zur Schule verwiesen worden, unterworfen sind.*

Befreit nun § 96. a. a. D. die Geistlichen, der Regel nach, von den persönlichen Lasten und Pflichten des gemeinen Bürgers, so ist damit doch nur eine begrenzte Befreiung ausgesprochen, keine ganz allgemein lautende. Um die Grenze der Befreiung zu finden, hat der Richter zweiter Instanz auf § 10. Litt. f. des Gefeßes vom 11. Juli 1822, über die Heranziehung der Staatsdiener zu den Gemeindelasten, und auf § 4. der Städteordnung vom 30. Mai 1853 fich bezogen, indem an der ersteren Stelle die Freiheit der Besoldung und der Emolumente der Geistlichen von allen direkten Beiträgen zu den Gemeindelaften als fortbestehend anerkannt und in der Städteordnung a. a. D. festgesezt ist, daß die Geistlichen (gleich wie Kirchendiener und Elementarschullehrer) von den direkten persönlichen Gemeindeabgaben hinsichtlich ihres Diensteinkommens insoweit befreit bleiben sollen, als ihnen diese Befreiung zur * Vergl. Bd. 16. S. 14. dieses Archivs.

Zeit der Verkündigung der Gemeinde-Ordnung vom 11. März 1850 zustand, und ebenso von allen persönlichen Gemeindediensten, soweit diese nicht auf den, ihnen gehörigen Grundstücken haften. Da nicht bezweifelt werden kann, daß bei Erlaß dieser späteren Geseze die bis dahin bestandene und im § 96. des Allgem. Landrechts a. a. D. als Regel anerkannte Befreiung der Geistlichen von persönlichen Lasten und Pflichten hat gewahrt werden sollen, so ergiebt sich hieraus ganz unzweideutig, daß unter den persönlichen Lasten und Pflichten des gemeinen Bürgers, von denen jener § 96. redet, eben nur die persönlichen Gemeindeabgaben und Dienste zu verstehen sind, von welchen die neueren Geseze die Geistlichen auch fernerhin soweit befreit lassen, als sie diese Befreiung in einem gewissen Zeitpunkte genossen haben.

Daraus folgt dann, daß die Befreiung von Schulbeiträgen, welche den Mitgliedern einer Schulgemeinde nach § 29. II. 12. obliegen, vom Verklagten nicht in Anspruch genommen werden darf.

Es mußte hiernach die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen werden.

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No. 14. Senat für Strafsachen, I. Abth. Sizung vom 12. Oktober 1866.

Bölcke

Schmeling. — Nichtigkeitsbeschwerde.

Gericht I. Instanz: Stadt-Gericht in Berlin.
Gericht II. Instanz: Kammer- Gericht.

Beweisaufnahme zweiter Instanz in Injuriensachen.

Zur Vollständigkeit einer Beweisaufnahme in Injuriensachen, die im Wege des Civilprozesses verfolgt

werden, gehört es nicht, daß die in zweiter Instanz kommiffarisch aufgenommenen Zeugenvernehmungsprotokolle in dem demnächstigen Audienztermine verlesen werden; durch die maaßgebende Verordnung vom 1. Juni 1833 ist vielmehr nur angeordnet, daß die Beweisverhandlungen den Parteien abschriftlich mitgetheilt werden und daß bei der mündlichen Verhandlung die Sachlage durch ein Mitglied des RichterKollegiums vorgetragen und sodann den Parteien, respektive deren Sachwaltern, das Wort gestattet, so= mit Gelegenheit gewährt wird, sich auch über den Inhalt der Beweisverhandlungen zu äußern.*

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Verordnung vom 1. Juni 1833 §§ 26-28. 33. 34. 53. (GeseßSammlung S. 37.); Geseß vom 3. Mai 1852 Art. 101. 103. (Gesez-Sammlung S. 209.)

Der vorstehende Grundsay ist von dem Ober-Tribunal, unter Verwerfung der von der Klägerin ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerde, angenommen - aus folgenden, den Sachverhalt ergebenden

Gründen:

Die Beschwerde der Imploranten über Verlegung einer wesentlichen Prozeßvorschrift bezieht sich darauf, daß aus dem Sizungsprotokolle nicht konstirt, daß bei der mündlichen Verhandlung der Sache in zweiter Instanz die Aussage der in derselben Instanz kommissarisch vernommenen Zeugen verlesen sind. In den im Civilprozesse verhandelten Injuriensachen sind jedoch in Betreff der Beweisaufnahme die Vorschriften der Verordnung vom 1. Juni 1833 maaßgebend, welche eine solche Verlesung nicht, sondern nur anVergl. dagegen Bd. 61. S. 220. dieses Archivs.

*

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ordnet, daß die Beweisverhandlungen den Parteien abschriftlich mitgetheilt werden, §§ 33. und 34. a. a. D., und daß bei der mündlichen Verhandlung die Sachlage durch ein Mitglied des RichterKollegiums vorgetragen und sodann den Parteien, respektive deren Sachwaltern, das Wort gestattet, somit Gelegenheit gewährt wird, sich auch über den Inhalt der Beweisverhandlungen zu äußern, §§ 26-28. resp. § 53. a. a. D. Da nun nach Inhalt des Sizungsprotokolls in zweiter Instanz nach Vortrag der Sachlage die Parteien denen übrigens die Beweisver handlungen abschriftlich mitgetheilt waren zum Worte verstattet sind, so liegt die behauptete Verlegung einer wefentlichen Prozeßvorschrift und namentlich des Art. 101. des Gesezes vom 3. Mai 1852 nicht vor.

(Die weiteren Gründe interessiren hier nicht.)

No. 15. - I. Senat. Sizung v. 15. Oft. 1866.
R. ·|· R. — Revision.

Gericht I. Instanz: Kreis-Gericht in Bielefeld. ·
Gericht II. Instanz: Appellations - Gericht in Paderborn.

Form der Berzeihung einer Beleidigung, welche Ehescheidungsgrund war ; Berzeihung des Verbrechens, wegen dessen der eine Ehegatte eine Zuchthausstrafe verbüßt.

a. Die im § 720. II. 1. des Allg. Landrechts gedachte ausdrückliche Verzeihung der Beleidigung ist an keine weitere Form gebunden.

A. L. R. II. 1. § 720.

b. Indem der unschuldige Ehegatte dem schuldigen das Verbrechen verzeiht, weshalb er die Strafe

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