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No. 8. IV. Senat. Sizung v. 4. Oft. 1866,

Luftig ·{- Müller. — Nichtigkeitsbeschwerde.

Gericht I. Instanz: Kreis- Gericht in Leobschüß.
Gericht II. Instanz: Appellations - Gericht in Ratibor.

Beweis und Gegenbeweis der Vermögensunzulänglichkeit des Schuldners - nach dem Anfechtungsgefeß vom 9. Mai 1855.

a. Aus § 2. des Anfechtungsgesetzes vom 9. Mai 1855 folgt nicht, daß der Gläubiger, um eine ihm nachtheilige Rechtshandlung seines Schuldners anfechten zu können, für dessen Vermögensunzulänglichkeit im Sinne der Vorschriften der Allgem. Gerichts-Ordnung einen vollständigen Beweis führen und den dagegen vom Verklagten angetretenen Gegenbeweis entkräften soll; sondern nur, daß der Gläubiger verpflichtet ist, in Gemäßheit des § 3. des erwähnten Gesezes Thatsachen darzuthun, aus welchen der Richter entweder in den dort besonders hervorgehobenen Fällen oder sonst nach § 17. a. a. O. auf die Vermögensunzulänglichkeit schließen kann. Hat er also dieselbe in dieser Weise nachgewiesen, so hat er auch die Befugniß erlangt, die Rechtshandlung seines Schuldners anzufechten, und kann ihm diese nicht dadurch wieder vereitelt werden, daß hinterher ein Gegenbeweis zur Widerlegung der einmal in der angegebenen Art festgestellten Vermuthung der Vermögensunzulänglichkeit versucht wird.

b. Ein Gegenbeweis kann nur auf die zum Nachweise der Vermögensunzulänglichkeit von dem Gläubiger behaupteten Thatsachen selbst gerichtet und im

Falle des § 3. No. 1. a. a. D. nur bei der Erekutionsvollstreckung selbst geführt werden.

Gesetz No. 4228. vom 9. Mai 1855 §§ 2-4, 17. (Geseß.Sammlung S. 429.)

Der Kläger, Kaufmann Lustig, hatte wegen einer judikatmäßigen Forderung an den Verklagten, Auszügler Anton Müller, in Höhe von 305 Rthlrn. gegen denselben im Jahre 1863 die Mobiliar-Erekution vollstrecken lassen. Dieselbe war jedoch fruchtlos ausgefallen, und auch durch den vom Verklagten am 24. November 1863 geleisteten ManifestationsEid waren Vermögensstücke nicht nachgewiesen worden. Die Vermögensunzulänglichkeit des Lezteren war dadurch herbeigeführt worden, daß derselbe mittelst Vertrags vom 10. Juni 1863 mehrere, theils ihm allein, theils ihm und seiner Ehefrau gemeinschaftlich zugehörige Grundstücke an seinen Sohn, den Mitverklagten Joseph Müller, für 6054 Rthlr. verkauft hatte. Kläger focht deshalb diesen Vertrag als in Bezug auf ihn in betrüglicher Abficht geschlossen an, und beantragte, den Vertrag vom 10. Juni 1863 in Höhe seiner Forderung ihm gegenüber für unverbindlich und den Verklagten Joseph Müller für schuldig zu erklären, sich gefallen zu lassen, daß Kläger aus den verkauften Realitäten, soweit solche dem Anton Müller allein gehörten, seine Befriedigung suche. Durch das Erkenntniß des Kreisgerichts in Leobschüß vom 27. Januar 1865 wurden die Verklagten nach dem Klageantrage verurtheilt.

Joseph Müller appellirte und stellte die neue Behauptung unter Beweis, daß Anton Müller ein näher bezeichnetes Grundstück, welches er für 500 Rthlr. erkauft habe, besige und Eigenthümer einer Hypothekenforderung von 400 Rthlrn. sei. Mit Rücksicht hierauf bestritt er das Vorhandensein einer Vermögensunzulänglichkeit auf Seiten des Hauptschuld

ners und beantragte Abweisung des Klägers. Das Appellationsgericht in Ratibor erachtete den von Joseph Müller angetretenen Beweis für zulässig und geführt und wies demgemäß durch das Urtheil vom 18. Januar 1866 den Kläger ab.

Der Kläger erhob die Nichtigkeitsbeschwerde, in welcher er die Annahme des Appellations-Richters, daß die durch den fruchtlosen Ausfall der Mobiliar-Erekution und durch die Ableistung des Manifestationseides begründete Vermuthung der Vermögensunzulänglichkeit durch einen Gegenbeweis entfräftet werden könne, anfocht.

Das Ober-Tribunal hat das Appellations - Erkenntniß vernichtet und die Sache in die zweite Instanz zurückgewiesen, aus folgenden

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Gründen:

Kläger hält in der gegen das zweite Erkenntniß angebrachten Nichtigkeitsbeschwerde den von dem Mitverklagten Joseph Müller vorgeschlagenen Gegenbeweis gegen die nach § 3. des Gesezes vom 9. Mai 1855 zu vermuthende Vermögensunzulänglichkeit seines Schuldners, Auszüglers Anton Müller, für unzulässig und durch die entgegenstehende Ausführung des Appellations-Richters die §§ 1—7. des erwähnten Gesezes und die §§ 27. und 28. I. 13. der Allg. Gerichts-Ordnung für verlegt, sowie auch den Rechtsgrundsay, daß die im § 3. No. 1-3. des Gesezes vom 9. Mai 1855 erwähnten Fälle, bei deren Vorhandensein eine Vermögensunzulänglichkeit des Schuldners angenommen werden soll, zu Gunsten des anfechtenden Gläubigers eine praesumtio juris et de jure in der Art begründen, daß ein von dem Verklagten im Anfechtungsprozeß angetretener Gegenbeweis über die Vermögensunzulänglichkeit des Schuldners unstatthaft erscheint.

Diese Beschwerde muß auch für begründet erachtet wer

den. Denn nach dem § 2. des Geseßes vom 9. Mai 1855 ist die Anfechtung zulässig, wenn eine Vermögensunzulänglichkeit des Schuldners anzunehmen ist. Die Wortbedeutung einer Annahme der Vermögens unzulänglichkeit weist aber darauf hin, daß der Gläubiger, um eine ihm nachtheilige Rechtshandlung seines Schuldners anfechten zu können, für dessen Vermögens unzulänglichkeit nicht im Sinne der Vorschriften der Allg. Gerichts-Ordnung einen vollständigen Beweis führen und den dagegen vom Verklagten angetretenen Gegenbeweis entkräften soll, sondern nur verpflich tet ist, in Gemäßheit des § 3. des erwähnten Gesezes Thatsachen darzuthun, aus welchen der Richter entweder in den dort besonders hervorgehobenen Fällen oder sonst nach § 17. a. a. D. auf die Vermögensunzulänglichkeit schließen kann. Hat er also dieselbe in dieser Weise nachgewiesen, so hat er auch die Befugniß erlangt, die Rechtshandlung seines Schuldners anzufechten, und kann ihm diese nicht dadurch wieder vereitelt werden, daß hinterher ein Gegenbeweis zur Widerlegung der einmal in der angegebenen Art festgestellten Vermuthung der Vermögensunzulänglichkeit versucht wird. Ein Gegenbeweis könnte, wie aus den §§ 3. und 4. a. a. D. erhellt, immer nur auf die zum Nachweis der Vermögensunzulänglichkeit von dem Gläubiger behaupteten Thatsachen selbst ge= richtet und im Falle des § 3. No. 1. nur bei der Exekutionsvollstreckung selbst geführt werden. Davon ist aber hier nicht die Rede. Vielmehr ist gegen den Auszügler Müller die Exekution fruchtlos vollstreckt und von ihm der Manifestationseid geleistet worden, ohne daß dabei die jezt von dem Mitverklagten Joseph Müller angezeigten Vermögensobjekte bekannt geworden sind. Auch beweist diese nachträgliche Anzeige von Vermögensstücken nicht die Unrichtigkeit der That

Archiv f. Rechtsf. Bd. LXV.

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fache, daß damals wirklich die Exekution fruchtlos vollstreckt und der Manifestationseid vom Schuldner abgeleistet wor den sei. Kläger hatte also nach § 3. No. 1. des Gesezes vom 9. Mai 1855 die Vermögensunzulänglichkeit seines Schuldners nachgewiesen und folglich das Recht zur Anfechtung des zwischen den Verklagten abgeschlossenen Rechtsgeschäftes erworben, und zwar nicht blos feinem Schuldner, sondern auch dessen mitverklagtem Mitkontrahenten gegenüber. Der jezt von dem Mitverklagten angetretene Gegenbeweis, daß eine Vermögensunzulänglichkeit des Schuldners nicht vorliege, kann daher nicht mehr beachtet werden, und das zweite Erkenntniß unterliegt deshalb, bet seiner die §§ 2. 3. und 4. des Gesezes vom 9. Mai 1855 verlegenden Ausführung, der Vernichtung, ohne daß es noch einer Prüfung der weiteren Angriffe des Klägers bedarf.

In der Sache selbst erscheint eine Erörterung der von den Parteien aufgestellten Behauptungen in Betreff der übrigen für die Begründung der Anfechtungsklage nothwen digen Erfordernisse, insbesondere in Betreff der Kenntniß oder Unkenntniß des mitverklagten Joseph Müller von der Absicht des Schuldners, seine Gläubiger zu benachtheiligen, und in Betreff der Erstattung der Gegenleistungen, geboten, und war daher diese Erörterung nebst der anderweiten Entscheidung in die zweite Instanz zurückzuweisen.

No. 9.

I. Senat. Sigung vom 5. Okt. 1866. Harling and Genossen ·|· Koennecke und Genossen. — Revision. Gericht I. Instanz: Kreisgerichts- Deputation in Osterwieck. Gericht II. Instanz: Appellations-Gericht in Halberstadt.

Beitritt eines Litiskonsorten zu dem von einem andern Litiskonsorten eingelegten Rechtsmittel..

Der im § 14a. I. 14. der Allg. Gerichts-Ord

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