Obrazy na stronie
PDF
ePub

Der Appellations-Richter erklärte deshalb die Appellation für nicht devolvirt.

Auf die von der Verklagten ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde hat das Ober-Tribunal das Erkenntniß des Appellationsgerichts zu Bromberg vom 13. September 1866 vernichtet und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung in die zweite Instanz zurückgewiesen.

Gründe:

Es ist nach dem Inhalt der Akten allerdings richtig, daß in der vorliegenden Sache in erster Instanz in polnischer Sprache verhandelt und erkannt worden ist, daher nach den §§ 145. ff. der Verordnung vom 9. Februar 1817 ein Fall vorliegt, in welchem die polnische Sprache obligatorisch ist.

Dennoch aber geht das Appellationsgericht zu weit, wenn es die Appellations - Anmeldung vom 19. April 1866 als unwirksam deshalb erklärt, weil sie nur in deutscher Sprache abgefaßt ist.

Der Sinn der obigen Vorschriften ist nämlich nur der, daß alle prozeffualischen Akte, welche einen beiderseitigen Verkehr unter den Parteien enthalten, in polnischer Sprache erfolgen sollen, daß dagegen der blos einseitige Verkehr oder die einseitige Verhandlung des Richters mit der Partei, mithin alle diejenigen, welche zur Mittheilung an den Gegner nicht bestimmt sind, jener Regel nicht unterliegen. Dies ergeben die §§ 145. ff. deutlich.

Die Appellations-Anmeldung hat aber lediglich den Zweck, den einseitigen Willen der Partei, das Rechtsmittel ergreifen zu wollen, dem Richter gegenüber zu erklären. Sie wird nicht nothwendig dem Gegner mitgetheilt, bewirkt vielmehr nur die Rechtshängigkeit der Sache in der Appellation und deren Devolvirung an den Appellations-Richter. Dieser hat daher auch im vorliegenden Fall die Appellation ohne Rück

[ocr errors]

sicht darauf, daß die Anmeldung nur in deutscher Sprache erfolgt war, eingeleitet, und die Appellatin hat nur die formgerechte Appellations-Rechtfertigungsschrift, nicht aber die Anmeldungsschrift, mitgetheilt erhalten.

Das

Appellations-Erkenntniß mußte daher aus diesem

Grunde vernichtet werden.

No. 60.-IV. Senat. Sigung v. 19. Febr. 1867.
Bitter Mothes. Nevifion.

Gericht I. Instanz: Kreis- Gericht in Lübben.
Gericht II. Instanz: Appellations - Gericht in Frankfurt a. D.

Gewährleistungspflicht des Eedenten.

Die Vorschriften des Allgem. Landrechts, nach welchen der Umfang der Gewährleistungspflicht des Cedenten sowohl in Ansehung der Verität als der Bonität der cedirten Forderung auf den Betrag der Cessionsvaluta nebst Schäden und Kosten beschränkt ist, haben zwar insofern den Charakter von Verbotsgesezen, als sie eine entgegengesezte vertragsmäßige Vereinbarung nicht gestatten und durch eine solche nicht umgangen werden kann; es trifft dies jedoch nur für solche Cessionsgeschäfte zu, welche nach Preußischen Gesezen abgeschlossen sind und deren dadurch erzeugte Obligation unter der Herrschaft dieser Gesehe ihren Siz hat.

A. L. R. I. 11. §§ 425. 440. 441.

Der Grubenbefizer Oskar Mothes zu Saerchen hatte an

Archiv f. Rechtsf. Bd. LXV.

21

den Hofrath Dr. Ludwig Ritter zu Dresden eine ihm gegen einen Sachsen zustehende Forderung cedirt; lepterer erhob die Gewährleistungsklage auf Höhe des cedirten Nominalbetrages. - Der Verklagte wurde in zweiter Instanz diesem Antrage gemäß verurtheilt, er ergriff deshalb die Revision.

Das Ober-Tribunal hat jedoch das Erkenntniß zweiter Instanz bestätigt. Soweit dieselben hier intereffiren, lau

ten die

Gründe:

Die geltend gemachte Gewährleistungspflicht des Verklag= ten für die Verität der abgetretenen Forderung beruht auf geseglicher Bestimmung, und für die Bonität ist sie in der Cessions-Urkunde vom 1. und 14. September 1859 vertragsmäßig übernommen. Der Gewährleistungsfall steht nach dem Atteste des Gerichtsamts zu Wurzen vom 4. Juli 1865 fest. Streitig ist wesentlich die Frage,

ob diese Vertragspflicht sich, wie Kläger fie geltend macht, auf den Nominalbetrag der Forderung an Kapital, Zinsen und Kosten erstreckt, oder, wie Verklagter meint, auf den Betrag der erhaltenen Valuta beschränken muß.

Beide Vorderrichter nehmen an, daß diese Frage nach Sächsischem Recht entschieden werden muß, und während der erste Richter um deshalb die Klage. angebrachtermaaßen abgewiesen hat, weil ihm die Bestimmungen des Sächsischen Rechts nicht dargethan worden, hat der zweite Richter auf Grund der Auskunft des Sächsischen Ministerii der Justiz vom 14. Mai 1866 angenommen,

daß dem Kläger der Nominalbetrag der abgetretenen Forderungen gebühre und es daher auf den Betrag der gedachten Valuta nicht ankomme, der Fall eines dolus des Ceffionars, wie ihn der § 3. des Sächsischen Geseßes vom 9. Januar 1838 vorausseße, nicht vorliege.

Die Frage, ob das Sächsische Recht zur Anwendung zu

[ocr errors]

bringen sei, läßt sich aus der Uebereinkunft zwischen der Königlich Preußischen und der Königlich Sächsischen Regierung zur Beförderung der Rechtspflege vom 14. Oktober und 12. Dezember 1839 (Gesez-Sammlung S. 353.), welche nach der Bekanntmachung vom 8. Februar 1864 (Geseß= Sammlung S. 113.) noch jest besteht, nicht beantworten, da jene Uebereinkunft keine Bestimmung darüber enthält.

Im Art. 21. jener Uebereinkunft ist im Alinea 4. zwar bestimmt: daß hinsichtlich der Gültigkeit persönlicher Ansprüche über die Rechtsfähigkeit der Betheiligten die Geseße des Staates, dem er angehört, über die Form des Geschäfts die Gefeße des Staates, wo das Geschäft vorgenommen worden, und bei allen anderen Fällen die Geseze des Staats entscheiden sollen, wo die Forderung entstanden ist. Allein diese Bestimmung steht unter denen, welche für das Konfursverfahren gegeben sind, und es kann daraus also ein allgemeines Prinzip nicht hergeleitet werden.

Die Frage muß also nach dem allgemeinen Grundsage entschieden werden, welcher in dieser Lehre sich seit längerer Zeit geltend gemacht hat, daß für Gültigkeit und Wirkung einer Obligation dasjenige Recht entscheidend ist, von welchem die Kontrahenten allen Umständen nach ausgegangen sind und welchem sie sich daher unterworfen haben. Und nach diesem Grundsage ist allerdings die Unterwerfung unter das Sächsische Geseß anzunehmen, da die abgetretene Forderung vor einem Sächsischen Konkursgericht geltend gemacht war, die Kontrahenten in Sachsen wohnten und dort das Cessionsgeschäft abgeschlossen ist.

Dieser Grundsatz kann auch dadurch nicht von der Anwendung ausgeschlossen werden, daß der Verklagte seinen Wohnsiz in Preußen hat und nach den Vorschriften des Allgem. Landrechts I. 11. §§ 425. 440. und 441. der Umfang der Gewährleistungspflicht sowohl in Ansehung der Verität als der Bonität auf den Betrag der Cessionsvaluta

nebst Schäden und Kosten beschränkt ist.* Denn die Veränderung des Wohnsißes hat auf den materiellen Inhalt der vorher entstandenen Obligation für sich allein überhaupt keinen Einfluß. Und jene Vorschriften haben zwar insofern den Charakter von Verbotsgesehen, als sie eine entgegenstehende vertragsmäßige Vereinbarung nicht gestatten und durch eine solche nicht umgangen werden können. Dieses trifft aber nur für folche Cessionsgeschäfte zu, welche nach Preußischen Gesezen abgeschlossen sind und deren dadurch erzeugte Obligation unter der Herrschaft dieser Geseße ihren Siz hat. Das ist aber hier nicht der Fall, vielmehr haben, wie bemerkt, die Parteien allen Umständen nach sich den Sächsischen Geseßen unterworfen. Diese waren daher, wie der Appellations-Richter mit Recht angenommen hat, zur Anwendung zu bringen.

[ocr errors]

Der Appellations-Richter hat dieselben in Gemäßheit der Auskunft des Königlich Sächsischen Justiz-Ministerii aber auch richtig zur Anwendung gebracht und dieses bereits so ausführlich dargethan, daß auf seine Motivirung verwiesen werden kann.

No. 61.-I. Senat. Sizung v. 22. Febr. 1867.

Stichel - Budde. Wichtigkeitsbeschwerde.
- --

Gericht I. Instanz: Kreis-Gericht in Hamm.
Gericht II. Instanz: Appellations - Gericht daselbst.

Dispositionsbefugniß des Ehemannes, nach dem Kleve- Märkischen Provinzialrecht; fraudulöse Veräußerungen.

a. Nach dem Kleve-Märkischen Provinzialrecht erstreckt sich die Verfügungsbefugniß des gütergemein

* Vergl. Bornemann, System, 2. Ausg., Bd. I. S. 64. 65.

« PoprzedniaDalej »