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Denn darauf kommt es überhaupt nicht an. Das Geseg stellt lediglich den, welcher in Häusern 2. Gruben und Deffnungen unverdeckt läßt, den anderen Menschen, für welche daraus Gefahr entstehen kann, gegenüber. Jeder Dritte ist daher im Verhältniß zu dem, welcher dieser Unterlassung sich schuldig macht, ein Anderer, für den daraus Gefahr entstehen kann und der durch die Strafbestimmung vor der ihm daraus drohenden möglichen Gefahr geschüßt werden soll. Der Umstand, ob das Unverdecktlassen vom Eigenthümer oder Herrn des Hauses resp. der Anlage, oder von einem Dritten geschieht, erscheint an sich völlig gleichgültig. Auch ein Dritter, der nicht Eigenthümer oder Herr der Anlage ist, macht sich straffällig, wenn er jener Vorschrift zuwiderhandelt, z. B. Gruben und Deffnungen, die verdeckt gewesen sind, öffnet und demnächst verdeckt läßt", mithin auch civilrechtlich für den daraus entstehenden Schaden verantwortlich, dieser mag den mit dem Vorhandensein der Gruben, sowie mit der im Falle ihres Unverdecktseins möglichen Gefahr bekannten Eigenthümer oder Herrn diefer Anlage, oder einen gleich ihm mit der Lokalität bekannten Anderen, oder aber eine mit der Dertlichkeit nicht bekannte Person betroffen haben. Das Gesetz will durch die Strafbestimmung die Gefahr selbstredend nicht für Den vorbeugen, welcher die Gruben selbst unverdeckt gelassen hat, wohl aber für alle Anderen, denen sie aus solcher Unterlassung drohen kann, und findet daher ebenso Anwendung, wenn der Eigenthümer oder Herr die Gruben unverdeckt gelassen hat, zum Schuße der Arbeitsgehülfen oder anderer Personen, als in dem Falle, wenn ein Anderer die Gruben zu verdecken unterlassen hat, zum Schuge des Eigenthümers resp. Herrn oder sonst dritten Personen. Dies hat der Appellations-Richter verkannt, wenn

er annimmt, das in Rede stehende Polizeigesez sei überhaupt nicht anwendbar, wenn die aus der mit Strafe bedrohten Unterlassung mögliche Gefahr einem mit der Lokalität vertrauten „Anderen", wie dem Eigenthümer oder Herrn der Anstalt oder aber einem Geschäfts- resp. Arbeitsgehülfen, habe bekannt sein können und müssen, weil dieser sich vorsehen würde. Und da dies der alleinige Grund ist, auf welchem seine Entscheidung beruht, so erscheint die auf den Vorwurf der Verlegung dieses Geseßes durch Nichtanwendung gestügte Nichtigkeitsbeschwerde auch vollkommen begründet.

Dessenungeachtet kann aber das angefochtene AppellationsErkenntniß nicht vernichtet, sondern muß, weil sich die Bestätigung des den Kläger abweisenden Urtheils erster Instanz aus anderen, den vom ersten Richter angegebenen, Gründen rechtfertigt, seinem Inhalte nach aufrecht erhalten werden, No. 35. der Instruktion vom 7. April 1839.

Ist auch anzunehmen, daß der § 345. No. 9. a. a. D. an sich auf den vorliegenden Fall Anwendung findet, insofern anzuerkennen ist, daß der den Kläger betroffene Unglücksfall durch eine Vernachläßigung dieses Polizeigeseßes herbeigeführt worden ist, und folgt daraus nach § 26. I. 6. des Allg. Landrechts auch weiter, daß der beschädigte Kläger durch eigene mit eintretende Verschuldung des Anspruchs auf Schadensersag nicht verlustig gegangen sein würde, (Entscheidungen Bd. 29. S. 339.), so stellt doch der Umstand allein, daß die Vernachläßigung der Polizeivorschrift in der Fabrik der Verklagten vorgekommen ist, noch keineswegs fest, daß sie für dieselbe verantwortlich sind. Der Kläger führt selbst an, daß die Aschenlöcher, in deren eines er gefallen ist, in der Regel verdeckt gewesen sind. Hieraus ergiebt sich, daß Seitens der Verklagten im Allgemeinen der gedachten Polizeivorschrift nicht zuwider gehandelt, sondern für deren Beachtung gesorgt worden ist. Wenn

dies ausnahmsweise in den Vormittagsstunden des 14. Juli 1864, wo eine Reparatur des Schürlochs vorgenommen wurde, nicht geschehen ist, so könnte den Verklagten eine Schuld nur insofern beigemessen werden, als sie entweder das Aufdecken des Aschenlochs, in welches Kläger gefallen ist, veranlaßt (befohlen, wissentlich geduldet), oder wissentlich untüchtige nachlässige Leute zu Verwaltern, Werkmeistern und Aufsehern der Fabrik bestellt hätten,

(§§ 56. 60. ff. I. 6. des Allgem. Landrechts).

Weder das Eine noch das Andere ist vom Kläger behauptet. Blos daraus, daß am gedachten Tage für das Zudecken des Aschenlochs und angeblich auch für Beleuchtung des Ganges, worin sich dasselbe befindet, nicht gesorgt ge= wesen ist, läßt sich aber ein schuldbares Versehen der Verflagten resp. eine ihnen zur Last fallende Vernachläßigung des gedachten Polizeigefeßes nicht, wie Kläger meint, herleiten. Es liegt, ganz abgesehen davon, daß von den neun Eigenthümern der Fabrik sieben außerhalb Frankfurt wohnen, in der Natur der Sache, daß ein Fabrikherr nicht in jedem Augenblicke wissen kann, was in der Fabrik ge= schieht und von den zu deren Betriebe und Aufsicht angenommenen Verwaltern und sonstigen Geschäftsgehülfen vorgenommen, gethan oder unterlassen wird, und der Kläger selbst will von einem Werkführer zur Verrichtung von Handlangerarbeiten in den Gang, wo sich das fragliche Aschenloch unverdeckt befand, weil eine Reparatur vorgenom= men wurde, abgeordnet worden sein. Unter solchen Umständen hätte es der Angabe besonderer Thatsachen bedurft, aus welchen auf eine wissentliche oder fahrlässige Mitschuld der Verklagten an der angeblich in ihrer Fabrik vorgekommenen Vernachlässigung des gedachten Polizeigeseßes geschlossen werden, und dadurch die Annahme gerechtfertigt erscheinen könnte, daß diefelben Urheber oder Mitschuldige bei dem Schaden gewesen seien, den der Kläger durch den Fall in das un

verdeckte Aschenloch erlitten haben will. An Momenten, welche auf einen Kausalzusammenhang zwischen diesem Schaden als Wirkung und dem Verhalten der Verklagten als Ursache desselben schließen ließen, fehlt es gänzlich, und da dem Kläger ihnen gegenüber, worauf es im vorliegenden Prozesse allein ankommt, die Vorschrift des § 26. a. a. D. nicht zur Seite steht, so können dieselben als Beschädiger nicht angesehen, und daher nach den §§ 8. 9. 24. a. a. D. auch zur Erstattung des Schadens, den Kläger durch den Fall in das Aschenloch erlitten haben will und mag, nicht für verpflichtet erachtet werden. Daraus folgt aber, daß er mit seiner gegen die Verklagten erhobenen Schadensklage in erster Instanz mit Recht abgewiesen worden, und daß deshalb auf seine Appellation die diese Abweisung bestätigende Entscheidung des zweiten Richters aufrecht zu erhalten ist, wenn gleich die dagegen erhobene Nichtigkeitsbeschwerde für begründet zu erachten war.

No. 46. Senat für Straffachen, I. Abth. Sizung vom 11. Januar 1867.

Dolezich Buchwald. — Nichtigkeitsbeschwerde.

Gericht I. Instanz: Kreis- Gericht in Ratibor.
Gericht II. Instanz: Appellations- Gericht daselbst.

Anwendbarkeit des § 154. des Strafgefeßbuches auf Berleumdungen.

Der § 154. des Strafgesetzbuches findet auch auf Verleumdungen Anwendung; ist also ein Fall deffelben festgestellt, so findet eine Verurtheilung aus § 156. a. a. D. nur dann seine Rechtfertigung, wenn zugleich festgestellt wird:

daß die angezeigten Thatsachen wider besseres Wissen behauptet worden sind.*

Strafgefeßbuch §§ 154. 156.

Der Verklagte sollte den Kläger in der von ihm an die Herzogliche Kammer zu Ratibor, gerichteten Eingabe vom 15. Mai 1865 beleidigt und verleumdet haben. Der Appellations-Richter erachtete die thatsächliche Feststellung des ersten Richters, daß der Verklagte den Kläger schriftlich beleidigt habe, deshalb für nicht gerechtfertigt, weil die inkriminirte Eingabe unter den § 154. des Strafgesegbuchs falle, und aus der Form und den Umständen, unter welchen die fraglichen Behauptungen aufgestellt worden, die beleidigende Absicht nicht zu erkennen sei. Er stellte dagegen auf Grund anderer Stellen derselben Eingabe den Thatbestand der Verleumdung aus § 156. a. a. D. fest, erachtete den Verklagten in dieser Beziehung mit dem Einwande der Wahrheit für beweisfällig und verurtheilte ihn deshalb wegen Verleumdung.

Auf die von dem Verklagten ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde hat das Ober-Tribunal dahin erkannt: daß das Erkenntniß des Appellationsgerichts zu Ratibor vom 16. Juli 1866 insoweit, als durch dasselbe der Verklagte wegen Verleumdung des Klägers verurtheilt worden ist, zu vernichten und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung in die zweite Instanz zurückzuweisen.

Gründe:

Die Feststellung des Appellations-Richters,

daß ein Fall des § 154. des Strafgesezbuchs hier vorLiege,

Vergl. Bd. 21. S. 64., Bd. 30. Š. 223., Bd. 34. S. 142., Bd. 39. S. 64., Bd. 47. S. 43. dieses Archivs.

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