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Bedeutung des Widerrufs liegend, für richtig anzuerkennen, und der zweite Theil hat die Natur einer prozessualischen Annahme. Daß Willenserklärungen, um Wirkung zu haben, von dem Verfügungsberechtigten und Dispositionsfähigen ausgehen und frei, ernstlich und gewiß sein müssen, hat der Appellations-Richter nicht verkannt, die §§ 2-4. I. 4. des Allg. Landrechts also nicht verlegt. Ebensowenig hat er verkannt, daß Willenserklärungen, sofern die Geseze keine Form vorschreiben, auch ohne solche gültig sind. Er fordert nicht eine bestimmte Form des Widerrufs, um für den Widerrufenden, der seinen Willen erklärt, gültig zu sein, sondern er fordert, daß dem Geschenknehmer jene Willenserklärung des Geschenkgebers überzeugend mitgetheilt werde. Der § 94. I. 4. des Allgem. Landrechts ist somit nicht verlegt.

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Ebensowenig erfordert der Appellationsrichter eine schriftliche Vollmacht des Dritten, der im Namen des Geschenkgebers den Widerruf erklärt. Von solcher Schriftlichkeit ist in dem Appellations-Urtheil nicht die Rede. Daffelbe spricht nur von der Nothwendigkeit überzeugender Mittheilung des Widerrufs. Eine solche folgt weder aus einer schriftlichen Vollmacht, da der Geschenknehmer gar nicht in dem Verhältniß steht, eine solche etwa rekognosciren zu müssen, sondern sie anderweit würde dargethan werden müssen. Und andererseits kann eine überzeugende Mittheilung auch ohne schriftliche Vollmacht hervorgebracht werden, wenn der Geschenkgeber selbst mündlich dem Geschenknehmer mittheilt, daß er einen Dritten mit der Erklärung des Widerrufs beauftragt habe und dieses durch Zugeständniß, Zeugenbeweis oder Eidesdelation darthun kann, der Widerruf selbst aber von dem Dritten erklärt wird.

Der Appellations-Richter mißt den mündlichen Aufträgen des Geschenkgebers an Kayser und resp. Willmann nicht deshalb keine Wirkung bei, weil Aufträge in der Bedeutung

der §§ 8-10. I. 13. des Allgem. Landrechts schriftliche Form erforderten, auch wenn der Dritte ohnehin schon vor der mündlichen Bevollmächtigung Ueberzeugung gehabt, sondern er versagt jenen mündlichen Aufträgen die Wirkung, weil dem Verklagten von der Ertheilung derselben keine Ueberzeugung verschafft worden und darum die etwaige Ausrichtung derselben rechtlich keine Folge haben könne, weil Verklagter nicht verpflichtet gewesen, sie zu beachten. Und in der That ist nicht abzusehen, wie dem Verklagten durch den Brief des Rechtsanwalts Kayser vom 22. März 1865, der den Auftrag nur behauptete, oder durch eine mündliche Mittheilung des Willmann, daß er, Kläger, ihn mit dem Widerrufe beauftragt habe, also ebenfalls nur durch eine Behauptung des Willmann, die von dem AppellationsRichter erforderte Ueberzeugung von dem Willen des Klägers, die Schenkung zu widerrufen, sollte haben verschafft werden können. Es ist in jedem einzelnen Falle Sache konkreter thatsächlicher Beurtheilung, ob ein Hergang anzunehmen, welcher eine solche Ueberzeugung konstatirte.

Um rechtlich wirksam zu sein, muß aber angenommen werden, daß die Ueberzeugung dem Geschenknehmer noch innerhalb der, im § 1090. I. 11. des Allgem. Landrechts bestimmten sechsmonatlichen Frist verschafft werden muß, denn nach § 1165. I. 11. des Allgem. Landrechts find in allen Fällen der Beschenkte und dessen Erben zur Wiedererstattung nur insofern verpflichtet, als die geschenkte Sache zur Zeit des Widerrufs sich noch in ihrem Vermögen oder Nachlasse befindet, oder sie durch den daraus gelösten Werth noch wirklich reicher sind, und nach § 1166. a. a. D. ist der Beschenkte bis zur gerichtlichen Erklärung des Widerrufs als redlicher Befiger anzusehen. Hat also ein Geschenknehmer zur Zeit eines, durch einen Dritten ihm zugehenden Widerrufs nicht die

Ueberzeugung davon, daß der Widerruf wirklich von dem Geschenkgeber herrühre, so kann er dadurch in seinen Befugnissen, über die Sache zu disponiren, nicht gehindert werden, und es muß als unzulässig erscheinen, durch einen, erst nach Ablauf jener sechs Monate anzutretenden Beweis, oder eine erst nachher angestellte Klage darthun zu wollen, daß der Geschenkgeber wirklich den Widerruf habe erklären laffen, und somit die Wirkungen eines solchen zu retrahiren auf eine Zeit, wo dem Geschenknehmer noch nicht die Ueberzeugung verschafft war, daß der Widerruf erfolgt sei.

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Hiernach können auch die §§ 8-10. I. 13. und der § 1090. I. 11. des Allgem. Landrechts nicht für verlegt erachtet werden.

Vielmehr ist die Nichtigkeitsbeschwerde zurückzuweisen.

No. 27. – I. Senat. Sizung v. 9. Nov. 1866.

v. Reichenbach-Goschük ·|· Goschüß-Neudorf. — Nichtigkeitsbeschwerde. Gericht I. Instanz: Kreis Gericht in Polnisch-Wartenberg. Gericht II. Instanz: Appellations-Gericht in Breslau.

Stellung des Schullehrer- Adjuvanten, nach dem Schlesischen GeneralLandschul- Reglement vom 5. November 1765; gutsherrliche Befugniß zur Anstellung des Lehrers und Beitragspflicht zum Unterhalt des angeftellten Lehrers.

a. Nach dem General-Landschul-Reglement für die Römisch-Katholischen in Städten und Dörfern des souverainen Herzogthums Schlesien und der Grafschaft Glaz vom 3. November 1765 erstreckt sich die Anftellung eines Adjuvanten und das Bedürfniß dazu nur auf die alte Schule, und steht der Adjuvant nur mit der alten Schule, dem alten Lehrer und seitheri

gen Schulgemeinde in rechtlicher und faktischer Verbindung.

Reglement vom 3. November 1765 §§ 12-14. 27-29. (Korn'sche Edikten-Sammlung Bd. 8. S. 780.); Schul-Reglement für die niedern Schulen in den Städten und auf dem platten Lande in Schlefien und der Grafschaft Glaß § 18. (Wenzel, Provinzialrecht S. 451.)

b. Aus der gutsherrlichen Befugniß zur Anstellung des Lehrers folgt nicht die Verpflichtung des GutsHerrn, zum Unterhalte des von ihm gestellten Lehrers beizusteuern.

A. L. R. II. 12. §§ 22. 29.

Der Kläger, Graf v. Reichenbach-Goschüß, als Gutsherr von Goschüz-Neudorf, war gegen die Mitglieder der katholischen Schulgemeinde zu Goschüß-Neudorf mit dem Antrage: die Gutsherrschaft von Goschüß-Neudorf nicht für verpflichtet zu erachten, einen Beitrag zur Unterhaltung des Lehrers an der zu Neudorf neu errichteten Schule zu leisten,

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in beiden Instanzen abgewiesen.

Auf die von dem Kläger ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde hat das Ober-Tribunal das Erkenntniß zweiter Instanz vernichtet und, unter Abänderung des Erkenntnisses erster Instanz, die Verklagten nach dem Klageantrage verurtheilt.

7 Gründe://

Die dem Kläger auferlegte, von ihm aber beharrlich angefochtene Verpflichtung, mindestens zur Zeit zum Unterhalte des katholischen Lehrers zu Neudorf einen, nach dem geseglichen Einkommen eines Adjuvanten bemessenen Beitrag zu gewähren, leitet der Appellations-Richter aus einem zwiefachen Grunde her, daß nämlich:

1. der Kläger als Gutsherr nach § 22. II. 12. des Allg.

Landrechts den Lehrer zu bestellen habe und daß aus dieser Anstellung folge, daß er zum Unterhalte des Lehrers beizusteuern verpflichtet sei,

welche Ausführung die Nichtigkeitsbeschwerde mit der Beschwerde über Verlegung der §§ 22. 29-36. a. a. D. angefochten hat. Sodann folgert der Richter die Verpflichtung des Klägers

2. aus den, für Schlesien gültigen, ausdrücklichen, geset=

lichen Bestimmungen.

Er weiset in dieser leztern Beziehung darauf hin, daß nach den §§ 12. 13. und 14. des Schul-Reglements vom 3. November 1765 und nach § 19. des Reglements vom 18. Mai 1801 die Gutsherrschaft als solche, ohne Unterschied ihrer Religion, zu dem im § 19. a. a. D. normirten Lehrergehalte an den katholischen Schulen beizutragen, ausdrücklich verpflichtet worden sei. Der Richter geht sodann zu der Erörterung über, ob die Behauptung des Klägers, daß er von der erwähnten gutsherrlichen Pflicht im vorliegenden Falle, wegen erst jezt vorgenommener Ablösung der katholischen Schule von dem bisherigen gemeinschaftlichen Schulsysteme, nach den §§ 6. 22. 28. a. a. D. befreit sei, begründet wäre oder nicht. Der Richter erklärt zwar, daß Kläger sich auf die §§ 6. und 28. a. a. D. nicht berufen könne, weil diese beiden §§ 6. und 28. nur den alten Schullehrer und die Mitglieder der alten Schule schüßten, dagegen des Gutsherrn und dessen Befreiung von den neuen Lasten gar nicht erwähnten. Der Richter schließt jedoch seine Erwägungen damit, daß allerdings der § 22. dem Anspruche des Klägers auf Befreiung das Wort zu reden scheine, daß indessen die aus diesen §§ 6. 22. und 28. herzuleitende Befreiung der Gutsherrschaft von den Lasten der neuen Schule dem Kläger doch nicht zur Seite stehe, weil die faktische Voraussetzung dieser §§ 6. 22. 28. in dem, hier in Rede stehenden Falle nicht vorläge, daß vielmehr für den vorliegenden

Archiv f. Rechtsf. Bd. LXV.

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