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Canit zu. Unterdessen so scheinet es, dass der Königliche Preussische Hof auch in diesem Stück des Vaterlandes Ehre befodern, und die vor Zeiten sogenannte GötterSprache von der Verachtung retten, und zum wenigsten zu einer Männlichen Sprache machen wolle. Sintemahl sich an demselben einige vornehme Hoffleute hervor gethan, welche Ordnung zu der Erfindung; Verstand und Absehn zur Sinnligkeit; und Nachdruck zur Reinligkeit der Sprache in ihren Gedichten zu setzen gewust." Auch Christian Weise kann ihm nicht behagen. Er hat zu viel und zu schnell geschrieben. Er ist wie ein Fluss, der wegen seines schnellen und ungewissen Laufs soviel Schlamm und Unflaht mit sich führt, dass man den güldnen Sand desselben nicht erkennen kan." Er hätte wegen seines feinen Kopfes Gutes leisten können, aber gelangte nicht zur Vollkommenheit, weil er Nachdenklichkeit vor Beutelschneiderey, Und ein durchstrichen Wort vor Mord und Todschlag hällt." Denselben Vorwurf macht er dem curiösen Vielschreiber Erasmus Francisci. Wernicke selbst hat sich Boileaus Gebot, zu bessern und zu feilen, angeeignet. Dass er aber durchaus nicht blind verehrte, beweist CS. 123, wo er ihn des häufigen Plagiats aus den Alten beschuldigt und die Deutschen verteidigt. Genaue Kenntnis der Sprache und ihrer Gesetze verlangt Wernicke vom Dichter. Der Fluss der Verse ist wohl nötig, aber tut's nicht allein. Vollkommen ist die Poesie nur dann, wenn man jedem Gedanken seinen treffenden, männlichen Ausdruck gibt, ohne seine Worte aus der Zuckerbäckerei" zu nehmen, als schriebe man für Kinder, und dann durch „edle und grossmühtige Meinungen" den Leser zur Höhe der Poesie erhebt. Das Natürliche, den Dingen Anständlige," ist unerlässliche Forderung. Man muss die Sitten der Leute, d. h. natürlich der Hofleute, genau studieren, wie sein andrer treuer Berater und Führer Horaz vorschreibt: aetatis cuiusque notandi sunt tibi mores. Wernicke versucht den Stil der verschiedenen Dichtarten festzusetzen:

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in einem Schäfergedicht „sittsam zu sincken ohne zu fallen," in einer Ode ,,zwar hoch aber nicht aus dem Gesichte zu steigen" und gelegentlich ,,eine künstliche Unordnung (le beau désordre) sehen zu lassen", in den Schauspielen Einheit des Orts und der Handlung genau beobachten, und zwar in Lustspielen auf Verbesserung der Sitten denken, in Trauerspielen Schrecken und Mitleid erregen. Stets aber gilt es, sinnreiche Gedanken und Einfälle und „grossmütige und schöne Meinungen“ zu zeigen. Das alles hat er bei den deutschen Dichtern vermisst. ,,Ein wenig Zeit, hoffe ich, wird diese Anmerkung in ihr rechtes Licht setzen, und ihr den Neid und Hass benehmen", der ihr jetzt vielleicht noch anhaftet. schliesst er. Er bedauert, dass der Mangel an Einheit und das Fehlen eines literarischen Mittelpunktes in Deutschland einer gleichmässigen Entwicklung der Dichtung widerstreben. Theoretisch legt Wernicke grossen Wert auf,,Empfindlichkeit." Die Vorrede zu den Schäfergedichten C S. 365 f. sagt:,,niemand schreibt wol, der nicht fühlet, was er schreibet. Die Sinnligkeit der Schule bestehet gemeiniglich in Dingen, die entweder wider oder über die Natur zu sein scheinen. Wer aber den Welt-Leuten gefallen will, derselbe muss mehr seinen Verstand als seinen Witz" er unterscheidet beide so, dass der Verstand langsam und bedächtig zu Werk geht, während der Witz (esprit) in einer gewissen Hitze und Lebhaftigkeit des Gehirns" besteht ,mehr sein Hertz

als sein Gehirne zu Raht ziehen." Es ist zu erinnern, dass Wernickes Äusserungen durchaus aphoristischen Charakter und dadurch die Gefahren jedes Aphorismus. haben zu scharf und kurz geprägte Ausdrücke lassen sich nicht immer miteinander in in Übereinstimmung bringen.

Wie sehr Wernicke ein Kind seiner Zeit war, zeigt. seine Auffassung von der dichterischen Betätigung. Zwar ist ihm die Poesie ein holder Wahnsinn, „eine Raserey." Aber das peinliche Gefühl, dass er ein

,,Auch-Dichter" ist, bleibt uns nicht erspart. C S. 299 heisst es, er habe Verse geschrieben,,,teils denjenigen die davor halten, dass ich anderer Dinge fähig bin zu zeigen, dass ich biss die rechte Zeit kommet, auf keine andere Sachen gedencke," und teils ,,den Müssiggang zu vertreiben schreiben, aber daraus gar nicht ein Handwerk machen wollen." Ausserdem sagt er noch entschuldigend, wenn die Poesie schon eine Raserei sei, so sei die seine doch eine der kleinsten.

Abschnitt IV.

Die Geschichte der drei Ausgaben 1697, 1701, 1704, nach den vorgenommenen Änderungen.

Die ersten beiden Bücher und vierundzwanzig Uberschriften des dritten liegen in drei, das dritte bis achte Buch in zwei Fassungen vor. Deutlich können wir aus den Änderungen sehen, wie Wernicke erst allgemach zu seinem festen kritischen Standpunkt gekommen ist. Viele Fehler, die er später so eindringlich tadelte, musste er in seinen eigenen Gedichten ausmerzen. Dieser Aufgabe hat er sich mit unbarmherziger Selbstkritik unterzogen. Die Änderungen, die von 1697 auf 1701 zu konstatieren sind, scheinen ohne rechten künstlerischen Geschmack getroffen zu sein, da er damals von der Kritik noch nicht so sicher geleitet war, als später, wo die Polemik seine ganzen Anschauungen gefestigt hatte. Daraus erklärt es sich auch, dass er 1704 öfter auf die erste Fassung zurückgegriffen hat, CI,5. 1,25. II,281). Aber 1704 sagt er:

Wer gegen diese jetzt die vorig' Aufflag' hält,
Der findet, wo ihm nur die Mühe nicht missfällt,
Dass fast kein Verse nicht, den ich zuvor geschrieben,
Ist was er vormals war, und ohne Strich geblieben.

1) Die römischen Ziffern bedeuten das Buch, die grossen arabischen die laufende Nummer, die kleinen arabischen die Zeile im Epigramm.

Er sagt nicht zu viel; wie er im Einzelnen verfahren ist, soll nun untersucht werden. Die Grundsätze waren die von Boileau genommenen. Zunächst war er unablässig bemüht, seine Form zu bessern. Wir erinnern uns, dass Hunold ihm grade seine schlechten, undeutschen Worte vorgerückt hatte. Deshalb musste er hierbei besonders sorgfältig sein, da er ja den Tadler vernichten wollte.

Die Hiatusregel, die nach Ernst Schwabe von der Heide Opitz zum Gesetz erhoben hatte, schuf ihm viele Mühe. Er legt grossen Wert darauf, dass er die falsche Elision, die Abschneidung des Buchstabs E. am Ende der Wörter, ohne dass ein Selbstlautender Buchstab auf dieselbe folge", in allen Versen zu tilgen sich befleissigt habe.

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Allein er hat in C einer künstlichen Schriftsprache zuliebe häufig auch gute alte Formen getilgt, die er in B noch nicht als falsch empfand.

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In C sind geändert: BII 14,,Erforsch die Tieff, besteig die Höh""; II 43 „Und eh' nicht ruhen kont', biss"; III 12,,Man bildt sich ein als hätt die Spinn""; V74,,Ich zahl die Werck, wie er die Wort"; ferner die Pronominalund Verbalformen: ihn' ihnen BII5; VII, 47; VIII,4; den' denen V, 61; beht behtet; veracht verachtet; erleuchterleuchtet; findt findet; leidt leidet; und vieles andre mehr, worauf in der Metrik zurückzukommen sein wird. Die Verbesserungen, zu denen die falsche Elision Grund gab, sind massenhaft. Dabei ist ihm doch noch entgangen CIII 45:,,wie seyd ihr in der Schul von". V, 39,,dem Gemähld durch." VI, 19,,an der Höllen Pfort mich." I, 26,,sein Gewerb mit." X, 12,,die Ursach die" (allerdings übliche Form). 17,,eine Press der." 22,,fragt: so sagte." 46,,eine Pfarr die." Hierher gehört ferner die willkürliche Verkürzung von Substantiven und Eigennamen: Pfarr Pfarrer; Zes' Zesen; Sokrat' 1) Sokrates, die dem Vers zu liebe sehr skrupellos vorgenommen wird, doch z. T. im Einklang mit der Zeit oder auch der Mund

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1) Sokrat ist wol die französische Form.

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