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Die Frage ist aufs engste verwandt mit den Bedenken, die man bei mhd. Versen hat, ob z. B. zu lesen ist

oder aber

múozèn uns schéidèn

und wártè ir liebè múozen uns scheidèn

und wárte ir liebè.

Im allgemeinen ist es mir wahrscheinlicher, dass die fraglichen Versteile als ictusloser innrer Auftakt zu lesen sind, - vorausgesetzt, dass der specielle Satzzusammenhang keinerlei auszeichnenden Nachdruck für sie verlangt.

Den stumpfen und den klingenden Takten gaben wir mit Möller die Schemata | x_x (rr) | bzw. | x_xx (r) |; r bedeutet die Viertelspause. Die Frage, ob beim musikalischen Vortrag hier wirklich bzw. Takt pausiert wurde, ist von Möller berührt worden (S. 117. 135). Ich möchte vermuten, dass auch beim Sprechen der Verse die letzte Silbe des (ersten) Taktes bis zum Taktschluss ausgehalten werden konnte. Denn dass in Versen wie

Sk. 24, ek vil aldrege
Lk. 11, heilarás- ynjor

die einheitlichen Wörter aldrege, ásynjor, die hier zwei gute Taktteile auf sich vereinen, durch eine Pause auseinander gerissen wurden, wird niemand glauben. Noch weniger denkbar ist es, dass ein Vers wie

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in welchem das -a von ása vor ok verstummen musste (s. u. S. 119), als rxx gesprochen, das syncopierte ás' also durch eine Pause isoliert wurde. Wir werden hier

dort

einsetzen; es sind die vielberufenen,Ueberlängen'.

Ein miket würde als |Į↓↓., ein ríke als │↓↓↓| den Takt

füllen.

Durch dieses Aushalten der Silben kann aber unmöglich der Unterschied zwischen vollem und klingendem und stumpfem Takt verwischt worden sein. Wenn wir oben für den vollen und den klingenden Takt das Entscheidende in dem stärker

und schwächer hervortretenden schlechten Taktteil fanden, so liegt die Annahme am nächsten, dass der ausgehaltenen Silbe des stumpfen Taktes das Minimum von Nachdruck zukam, und dass eine Markierung des dritten Viertels hier ganz fehlte. So bleibt der Zahl der Moren ihre Bedeutung für den Bau des Taktes, obgleich jede der Taktformen die vier Viertel zu füllen im Stande ist. Möglich, dass die Instrumentalbegleitung dazu beitrug, die Unterschiede deutlich hervorzuheben.

Indem wir in den Versschemata das Pausenzeichen r in Klammer setzen, deuten wir an, dass Pausierung beim Vortrag nach Belieben unterbleiben konnte. Die durch Bogen verbundenen x_x lassen es offen, ob die zwei Viertel zweisilbig als x x oder einsilbig als - erscheinen. Beim vollen Takt erhält das dritte Viertel den Ictus, bei den einhebigen bleibt es unbezeichnet. Silben von der metrischen Dauer eines Achteltaktes sind durch gegeben; kleinere Zeitteile durch einen Exponenten bezeichnet. Auftakt von unbestimmter Silbenzahl drücke ich durch zwei Puncte vor dem ersten Taktstrich aus:

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Auch in der abgekürzten Benennung der Takttypen befolge ich Möllers Beispiel, nur dass ich das Etiquettenhafte noch mehr vermeiden möchte und darum den nichtssagenden A, B, C aus dem Wege gehe. Ich wähle die Anfangsbuchstaben v(oll), klingend), s(tumpf) und zwar die Majuskel für den ersten, die Minuskel für den zweiten Takt. a. bezeichnet den äussern, i. den innern Auftakt. So bedeutet beispielsweise a. S. i. k. einen Vers mit äusserm Auftakt, stumpfem erstem Takt innerm Auftakt und klingendem Ausgang

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5

=

| ×_× (1) × | ×__xx; z. B. Gróg. 14, sé pér á munn ok hjarta. Man kann hiebei die Versbenennungen ohne Weiteres ablesen; statt symbolischer Zeichen, die sich schwer dem Gedächtniss einprägen, hat man einen abgekürzten Satz. Noch ist zu bemerken, dass wir bei vollem erstem Takt den innern Auftakt unberücksichtigt lassen, da ja auch ohne ihn der Takt das volle Maass | x_xx_x | besitzt.

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Durch die verschiedne Zusammensetzung aus den oben besprochnen Taktformen, mit oder ohne Auftakt, ergeben sich 30 verschiedne rhythmische Möglichkeiten für den zweitaktigen Kurzvers. Es sind folgende:

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Sie sind sämmtlich im Ljóðaháttr vertreten. — Dabei ist die absolute Silbenzahl, z. B. im Auftakt, das Eintreten von für x x, von für x, noch nicht berücksichigt.

Schon in gemeingermanischer Zeit muss sich in der Verwendung dieser mannigfachen Verstypen ein bestimmter Brauch gebildet haben. Schon damals war die Ausfüllung der Takte keine beliebige. Diess geht aus Sievers Forschungen hervor, indem wir gewisse Eigentümlichkeiten im Skandinavischen sowohl wie im Westgermanischen finden. Sievers hat unwiderleglich nachgewiesen, dass die eddischen Versmaasse, das Erzeugniss einer hochentwickelten Kunstübung, bis ins einzelne genauen Gesetzen gehorchen, und dass die Metrik nichts fremdes in den Gegenstand hinein trägt, wenn sie, minutiös zergliedernd und unterscheidend, die Verse auf ihren innern Bau hin prüft.

Das rhythmische Princip der stabreimenden Verskunst, wie sie uns bei den verschiedenen germanischen Stämmen entgegentritt, lässt sich allgemein so fassen:

einer fest geregelten Zahl von gleichen Takten wird ein gewisses Mittelmaass von sprachlichem Stoff zugewiesen. Für dieses Maass ist in erster Linie entscheidend die Anzahl der sprachlichen Starktöne, die als metrische Icten Verwendung finden. In zweiter Linie die Anzahl der metrischen Moren, die sich nach den oben dargelegten Grundsätzen aus den sprachlich langen und kurzen Silben bilden. In dritter Linie

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die Silbenzahl an und für sich, insofern das Eintreten von

für xx, und von für x sowie die Silbenzahl des Auftakts besondern Bestimmungen unterliegt.

Aufgabe der einzelnen metrischen Untersuchung ist es, die behandelten Verse nach ihrer Zusammensetzung aus den verschiedenen Taktformen zu characterisieren.

Bevor ich zu dieser Betrachtung des Ljópaháttr schreite, sind noch in möglichster Kürze Fragen zu berühren, die z. T. Gegenstand einer Discussion gewesen sind, und deren Beantwortung für die metrische Beurteilung der Eddalieder von Wichtigkeit ist.

Das eine ist die ,Tilgung überschüssiger Silben', spec. die Streichung von Pronomina und Partikeln, wie sie Sievers und nach ihm besonders Jonsson und Symons in ihren Eddaausgaben vorgenommen haben. Es ist klar, wenn man in der Silbenzahl das metrische Grundprincip erblickt, müssen die Verse durch Interpolation der betreffenden Silben als ganz und gar zerstört gelten. Geht man aber von der Annahme aus, dass die Zahl der Haupticten und ihr geregelter zeitlicher Abstand das Gerüste des Verses bilden, so kann jenen Einschiebungen diese ungeheure Wirkung nicht zugeschrieben werden. Man wird dann der Voluspástrophe, die Hoffory, Eddastudien I, 31, als Beispiel vollständiger metrischer Zertrümmerung anführt, Rhythmus und metrische Structur' keineswegs absprechen. Eine Strophe, die Interpolationen erlitten hatte, konnte nach wie vor auf dieselbe Melodie gesungen werden: es traten einfach zwei Viertel an die Stelle einer Halben u. s. w. So ist man auch nicht zu der bedenklichen Annahme gezwungen, dass die Aufzeichner unsrer Handschriften oder ihrer Vorlagen ohne jedes Verständniss und Gefühl dafür, dass sie es mit Versen zu tun hätten, zu Werke gegangen seien. Ich zweifle nicht, dass der Schreiber jener Voluspástrophe sein Geschriebenes auf Verlangen sehr gut metrisch vorgetragen hätte. Dagegen ist ohne weitres zuzugeben, dass Interpolationen jenes angestrebte Mittelmaass von Icten, Moren und Silben oftmals überschreiten

mussten und also den vom Dichter gewollten Rhythmus zu einem andern, sei's einförmigern, sei's holprigen, wandelten. Nun sind die Criterien für die Tilgbarkeit der fraglichen Wörtchen immer aus dem Versmaass selbst genommen: nicht überall im gleichen sprachlichen Zusammenhang wird ek, pú, hann etc. gestrichen; nur wo es der Vers oder das vorschwebende Versschema verlangt. Dieses Verfahren ist geboten, wenn innerhalb eines Gedichtes die Verse mit jenen tilgbaren Wörtchen die einzigen sind, die das Maass der übrigen Verse durchbrechen. Im Ljópaháttr tritt dieser Fall kaum jemals ein. Es fehlen also sichere Anhaltspuncte für die Ausscheidung. Man hat sich an das zu halten, was sich, Alles in Allem genommen, als ältrer poetischer Sprachgebrauch ergiebt. Glücklicherweise sind die betreffenden Wörtchen nie für die typische Form eines Verses von Bedeutung. Sie überlasten die Auftakte und die ohnediess vollen Takte.

Herrmann hat bei seinem gegen Sievers erhobenen Vorwurf, dass er gerade nur da tilge und kürze, wo seine Typen es wünschenswert machten (Studien über das Stockholmer Homilienbuch S. 11 u. ö.), nicht bedacht, dass allerdings das Versmaass Zwang ausüben kann auf Satzbau und Silbenquantität (vgl. Ranisch, Hampismál, S. 45 ff.). Man kann als modernes Beispiel die Platen'sche Romanze,Irrender Ritter' nennen, deren kurze ,trochäische' Verse die Artikel und Personalpronomina nicht zu ihrem guten Recht kommen lassen, z. B.:

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