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nicht, diese Stadt einzunehmen; er zog sich am 6. Januar 1313 nach Pisa zurück, und als er sich von hier auf den Weg gegen Neapel machte, starb er unterweges plöglich am 24. August 1313 zu Buonconvento und ward in Paganico am Ombrone verbrannt. Im Dome zu Pisa ist sein Denkmal noch zu sehen.

So endigte dieser Zug. Es war die leste Anstrengung, welche ein deutscher Kaiser machte, um die Herrschaft über Italien wiederherzustellen. Italien war nun freilich von Deutschland unabhängig, aber die meisten Städte, besonders in Oberitalien, geriethen bald wieder in die Gewalt kleiner Machthaber, Florenz stand schon zu Heinrich's Lebzeiten unter dem Einfluß und Oberbefehle Robert's, des Sohns Karl's des Zweiten von Neapel; auch Bologna und Padua verloren ihre Freiheit. Die Städte wurden von den wechselnden Tyrannen sehr gedrückt; doch machten einige dieser Alleinherrscher ihre Macht schon erblich, wie das Haus Este in Ferrara, die Visconti in Mailand, die Herren de la Scala oder Scaligeri in Verona, unter denen Can, mit dem Beinamen der Große, sich durch Schuß der Wissenschaften und der Gelehrten auszeichnete, wie denn auch Dante dessen Gastfreiheit mehre Jahre genoß; endlich auch die Herzoge von Polenta in Ravenna. bei deren einem, dem Guido Novello, Dante sein Leben beschloß.

Zweites Capitel.

Zustand der Wissenschaften und Künste.

Griechische und römische Gelehrsamkeit war nach dem Untergange des weströmischen Kaiserthums im südwestlichen Europa und besonders in Italien nicht ganz verschwunden. Die lateinische Sprache ward Sprache der Kirche und der Gelehrsamkeit. Plato und Aristoteles wurden studirt, und aus dem Studium des Leztern entwickelte sich die Scholastik, indem man die Aristotelische Art der Untersuchung auf die Lehrfäße der christlichen Religion übertrug. Daher wird des Aristoteles auch in der göttlichen Komödie" höchst ehrenvoll gedacht (Hölle, 4, 130), sowie der Erklärer desselben, des Averroes und Avicenna; einzelne Aristotelische Schriften, z. B. die Ethik und Physik, werden im elften Gesange der Hölle angeführt. Dante selbst war wohlbewandert in der Scholastik, welche sich durch Spißfindigkeit auszeichnete, und er gibt davon fast in allen seinen Schriften Beweise, auch in seinem großen Gedichte, ganz besonders aber in seiner Schrift,Das Gastmahl“, in welchem er drei seiner Canzonen sehr umständlich erklärt, und in dem Briefe, mit welchem er den dritten Theil der göttlichen Komödie", das Paradies, seinem Gönner, dem großen Can, widmet. In diesem erklärt er sich über das Paradies" folgendermaßen: Es wird also dieser dritte Theil oder diese dritte Cantica, welche Paradies betitelt ist, zuerst in zwei Theile getheilt, in den Prolog und in die Ausführung (pars executiva). Von dem ersten Theile ist zu wissen, daß, ob er gleich gemeinhin Exordium genannt werden könnte, er doch, eigentlich zu sprechen, nur Prolog genannt werden muß; was der Philosoph (d. h. bei Dante, Die göttliche Komödie. I,

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Dante vorzugsweise Aristoteles) im dritten Buche der Rhetorik anzudeuten scheint, wenn er sagt: Ein Proömium gibt es in der Redekunst, sowie einen Prolog in der Dichtkunst, und ein Präludium in fistulatione *). Es ist auch zu bemerken, daß diese Vorrede (praeviatio), welche gemeinhin Exordium 'genannt werden kann, bei den Dichtern und Rednern verschieden ist. Denn die Redner pflegen von dem Folgenden einen Vorgeschmack zu geben, um die Hörer vorzubereiten. Aber die Dichter thun dies nicht nur, sondern lassen darauf noch eine Anrufung folgen. Und dies ist ihnen gemäß, weil sie eines Anrufs nöthig haben, da sie gegen die gewohnte Weise der Menschen Etwas von höheren Wesen zu suchen haben, gleichsam ein göttliches Geschenk. Daher theilt sich der gegenwärtige Prolog in zwei Theile, da in dem ersten vorangeschickt wird, was gesagt werden soll, und im zweiten Apollo angerufen wird. In Rücksicht des ersten Theils ist zu merken, daß zu einem guten Erordium drei Dinge erfodert werden, wie Tullius sagt in der neuen Rhetorik: nämlich daß man den Leser wohlwollend, aufmerksam und gelehrig mache, und dies zumal bei einem erhabenen Gegenstande, wie Tullius selbst sagt."

Die größten und berühmtesten Scholastiker waren Albertus Magnus, ein Deutscher, der Neapolitaner Thomas von Aquino, sein Schüler, mit dem Beinamen Doctor angelicus, und der Gegner desselben, der Frländer Duns Scotus mit dem Beinamen Doctor subtilissimus, welche beide Lezteren zwei verschiedene Secten stifteten. Diese lebten kurz vor und zu Dante's Zeit, denn Thomas starb 1274, Duns 1308; und die scholastische Philosophie war am Ende des dreizehnten und

*) Nach Witte's Wiederherstellung in seiner Schrift: Dantis Aligherii epistolae. Pataviae, 1827, pag. 87.

im Anfange des vierzehnten Jahrhunderts in ihrer Blüte. Sie fand aber ihre Gegnerin in der Mystik, oder in der religiösen Selbstbeschauung. Sehr merkwürdig sind in dieser Hinsicht die beiden Bettelmönchsorden: der Franciscaner oder Minoriten, Fratres minores, die auch Cordeliers und seraphischer Orden genannt und im Jahre 1210 von dem Italiener Franciscus von Assisi gestiftet wurden, und der Dominicaner oder des Predigerordens, welchen der Spanier Dominicus 1215 stiftete. Beide Orden hatten das Gelübde der Armuth, Keuschheit und des Gehorsams: die Franciscaner widmeten sich aber vorzugsweise dem innern Gemüthsleben, die Dominicaner mehr der äußern Wirksamkeit. Beide Orden arteten aber sehr aus, theils sofern sie von dem beschaulichen Leben und von ihrer ursprünglichen Wirksamkeit abwichen und fich gelehrten Untersuchungen und Grübeleien hingaben, sodas eben die beiden Stifter der beiden entgegengesesten scholastischen Secten ihnen angehören, indem Thomas von Aquino ein Dominicaner, Duns Scotus ein Franciscaner war; theils insofern beide auf verschiedene Weise nach Ansehen und Macht strebten und Werkzeuge päpstlicher Herrschsucht wurden. Doch Franciscus und Dominicus mochten wahrhaft fromme Männer sein, und Dante läßt im elften und zwölften Gesange des Paradieses ihre Verdienste schildern und sie hoch erheben, die Ausartung der Orden aber bitter tadeln. Auch versammelt er in dem Saturn die Seelen aller Derer, welche ihr Leben der religiösen Betrachtung gewidmet haben, führt insbesondere den Einsiedler Petrus Damian auf und findet den frommen Bernhard von Clairvaux sogar in dem empyreischen Himmel.

Wie Dante von den frommen Albigensern und Waldensern gedacht habe, könnte zweifelhaft sein, da er namentlich keine Kegerpartei erwähnt. Indeß versezt er_doch die sämmtlichen Keger in den sechsten Kreis der Hölle, und den furchtbaren Verfolger der Albigenser Folko in

den Himmel, obgleich nicht wegen der Kezerverfolgung. Es ist nicht wahrscheinlich, daß Dante die für jene Zeit hellen Ansichten der Albigenser und Waldenser kannte: denn in den Tadel, welchen sie gegen die weltliche Herrschaft und Macht der Klerisei und die Sittenverderbtheit der Mönche und Geistlichen überhaupt äußerten, hätte er einstimmen und die Sittenreinheit, die Einfalt, Unschuld und Strenge in der Lebensart jener Keher billigen müssen. Aber er nimmt die bestehende Kirche in Schuß, obwol er die schlechten Päpste in noch tiefere Kreise der Hölle versest.

Ein

Das Papstthum war noch nicht bedeutend angetastet ; einzelne Päpste hatten zwar von Kaisern und Königen, 3. B. Bonifacius von Philipp dem Schönen, viel zu leiden; sie trugen aber doch meistens den Sieg davon. Auch die Gelehrsamkeit schien erst zur Befestigung des Papstthums zu dienen, wurde aber endlich die gefähr= lichste Feindin desselben durch Anregung der Denkkraft, durch Zweifel, Untersuchungen, hellere Begriffe. bedeutendes Beförderungsmittel der Gelehrsamkeit waren zu Dante's Zeit die Universitäten. Die Theologie nahm ihren ersten Sig in Paris und bereitete die Reformation vor; die Jurisprudenz in Bologna, und sie unterftügte den Drang zur bürgerlichen Freiheit, die Ausbil= dung der italienischen Freistaaten; die Arzneikunde in Salerno, und sie führte zum Studium der Natur und zur Zerstörung manches Aberglaubens. So entstanden die Universitäten durch die Bildung der drei positiven Wissenschaften oder Facultäten, zu welchen sich die vierte, die philosophische, hinzugesellte. Die Gelehrsamkeit der Universitäten war aber eine solche, die sich auf Be= kanntschaft mit der griechischen oder doch lateinischen Sprache gründete, aus deren Literatur schöpfte, der alten Sprachen sich als Mittel der Mittheilung bediente und mit dem neuen Geiste, einem dem Alterthume ganz entgegengesezten Geiste, und mit der neuen Gelehrsamkeit,

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