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Vorrede.

Die Theilnahme an Dante's großem unsterblichem Werke hat in dem letzten Jahrzehend so bedeutend zugenommen, daß, obgleich während dieser Zeit mehrere neue Uebersehungen der Göttlichen Komödie erschienen, die dritte Auflage der meinigen schon vor mehreren Monaten vergriffen war, und ich von dem Verleger zur Herausgabe einer neuen aufgefordert wurde. Ich kann diese wiederum eine sehr veränderte nennen, hauptsächlich hinsichtlich der Uebersehung, indem nicht wenige Gesänge, z. B. gleich die drei ersten, fast ganz, die meisten wenigstens zum großen Theile umgearbeitet sind, kein einziger aber unberührt geblieben, und so die Uebersehung im Ganzen wol zum vierten Theile erneuert worden ist.

Wenn ich so den meisten Fleiß hierauf verwandt habe, glaube ich doch, daß es jeßt weniger der Uebersekung des Dante bedarf, als der Erklärung, wie ich denn in dieser Hinsicht besonders der gründlichen Untersuchungen, welche Philalethes seiner Uebersehung

beigefügt hat, und der trefflichen Schrift von Göschel: ,,Dante Alighieri's Unterweisung über die Weltschöpfung und Weltordnung diesseits und jenseits" (Berlin 1842), gedenken muß, aus welchen ich denn auch zu schöpfen und mein Werk zu bereichern mich nicht gescheut habe.

Mit großem Recht verweist Philalethes wie Göschel auf Thomas von Aquino, und wahrscheinlich würden auch noch andere Scholastiker, und für das Paradies zumal auch die Mystiker, z. B. Bernhard von Clairvaur, reichliche Ausbeute geben.

Aber es scheint an der Zeit zu sein, daß Dante nicht mehr blos durch das gedruckte, sondern auch durch das mündliche Wort erklärt, und daß ihm auf den deutschen Universitäten ein Lehrstuhl eingeräumt werde. Gründliche, lichtvolle Erklärung der Göttlichen Komödie würde unstreitig dazu beitragen, die Zerwürfnisse in der Theologie und Philosophie beizuLegen, dem wissenschaftlichen und künstlerischen Streben eine festere und zuverlässigere Grundlage zu geben, das irdische Leben im Lichte des himmlischen zu betrachten, und eine neue, bessere Zeit vorzubereiten, oder die Menschen zum irdischen Paradiese zurück-, zuführen.

Breslau, im November 1842.

Kannegießer.

Einleitung.

Dante's,,Göttliche Komödie“ bleibt ohne Kenntniß seines

Lebens, und dieses wiederum ohne Kenntniß seines Zeitalters zum großen Theile unverständlich. Wenn man nun gleich das leştere dem ersteren allenfalls einverleiben kann, wie es die meisten Biographen unsers Dichters von dem ältesten, Boccaccio, bis auf einen der neuesten, Orelli, gethan haben: so scheint es doch zweckmäßiger, Beides von einander zu trennen und legteres vorange= hen zu lassen. Ich werde deshalb in dieser Einleitung zuerst einen Blick auf die politischen und religiösen Verhältnisse von Europa, Italien und Florenz vor und zu der Zeit Dante's, sowie auf die geistige Bildung oder den Zustand der Wissenschaften und Künste in jenen Jahrhunderten werfen, sodann das Leben des Dichters erzählen und endlich die Schriften desselben, besonders die göttliche Komödie, im Allgemeinen betrachten. Eine Behandlung dieser Punkte in der Ausführlichkeit, mit der ich sie im Jahre 1824 an der hiesigen Universität vorgetragen habe, würde freilich der Gegenstand einer eigenen Schrift sein. Ich muß mich daher darauf beschränken, das Vorzüglichste herauszuheben.

Erstes Capitel.

Politische und religiöse Verhältnisse von Europa, Italien und Florenz vor und zu Dante's Zeit.

Europa, wenigstens der größte Theil desselben, hatte im Mittelalter zwei Oberherrscher, einen geistlichen und einen weltlichen, den Papst und den römisch- deutschen Kaiser. Aber diese beiden Machthaber zerfielen bald (Fegefeuer 16, 106–112), und es brachen die langwierigsten Uneinigkeiten und Kriege zwischen ihnen aus, welche das Ansehen beider untergruben. Zu Dante's Zeit war die Macht des Papstes schon im Sinken, aber immer noch in den Händen eines Bonifacius des Achten sehr groß; die des Kaisers war ebenfalls geschwächt, blühte jedoch in dem Zeitgenossen Dante's, Heinrich dem Siebenten, freilich für eine sehr kurze Zeit, von neuem auf. Die ganze römisch-katholische Christenheit nahm Theil an diesem großen Kampfe; die Partei des Papstes nannte sich die Guelfische, die des Kaisers die Ghibellinische. Deutschland, als der gewöhnliche Aufenthalt der Kaiser, Italien als der Siz des Papstes, waren besonders der Schauplag dieser Parteien; in Deutschland waren sie entstanden, in Italien wütheten sie länger und heftiger.

Italien wechselte seit dem Umsturze des weströmischen. Reiches seine Herren: es ward zersplittert, mehre theilten sich darein. Am Ende des 13. Jahrhunderts war der Kaiser nur noch dem Scheine nach der eigentliche Besizer; Neapel und Sicilien gingen gerade damals für ihn verloren und geriethen in die Hände französischer und spanischer Fürsten; in der Mitte hatte sich der Papst zum weltlichen Herrn des Kirchenstaats gemacht; Venedig

war seit seinem Entstehen unabhängig gewesen, und die großen, mächtigen und reichen Städte Toscanas und der Lombardei hatten sich bereits frei gemacht. In Toscana war Pisa das Haupt der Ghibellinen, Florenz das Haupt der Guelfen.

Florenz, eine von Römern erbaute, am Arno reizend gelegene Stadt, genoß nach manchen unglücklichen Schicksalen im zwölften Jahrhundert eines großen Wohlstandes und einer bürgerlichen Verfassung und hatte bisher am Parteienkampfe nicht Theil genommen. Ein Privatzwist im Jahre 1215 riß sie in denselben hinein. Da Dante auf denselben mehrmals, z. B. Paradies 16, 140, anspielt, verdient er eine etwas genauere Erwähnung. Die Berichte der Geschichtschreiber sind in den Hauptsachen durchaus übereinstimmend; ich gebe ihn hier größtentheils mit den Worten des Dino Compagni. Ein Jüngling in Florenz, mit Namen Buondelmonte, hatte einer Tochter des Oderigo Giantruffetti aus der Familie der Amidei die Ehe versprochen. Eines Tages, als ihn sein Weg vor dem Hause der Donati vorüberführte, stand die Frau des Hauses, Frau Aldruda, Gemahlin des Forteguerra Donati, mit ihren beiden schö nen Töchtern auf dem Balcon ihres Palastes. Sie rief ihn, zeigte auf eine von ihren Töchtern und sagte: Welch eine Gattin hast Du Dir erwählt? Ich hob Dir diese auf. Als der Jüngling die Jungfrau betrachtete, gefiel sie ihm sehr, und er antwortete: Ich kann jest nicht anders. Frau Aldruda erwiderte: Wohl kannst Du, und ich werde die Strafe für Dich bezahlen. Da antwortete Buondelmonte: und ich will sie. Und er nahm sie zur Frau, indem er Die verließ, welche er gewählt, und mit der er sich verlobt hatte. Aber Herr Oderigo, durch diesen Treubruch höchst gekränkt, berathschlagte mit seinen Freunden und Verwandten, und sie beschlossen, sich zu rächen und dem Beleidiger eine Schmach anzuthun dadurch, daß sie ihn schlügen. Die Überti jedoch,

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