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stellung neuer Klagen durch die Allerhöchste Kabinets-Ordre vom 5. Mai 1815 in feiner Weise abgeschnitten worden war.

Denn die Entscheidung darüber, ob der Rechtsweg zulässig oder wenigstens vorläufig für versperrt zu erachten sei, stand nach dem Erlasse vom 23. Februar 1817 nur den Gerichten, sowie nach Unterschied dem Justiz - Minister und dem Staatskanzler zu. Sie hatten zu prüfen, ob einer der Fälle vorläge, auf welche die Kabinets-Ordre vom 5. Mai 1815 sich bezog, und diese Prüfung konnte, so lange es an einer gehörig substantiirten Klage fehlte, nicht vorgenommen werden. Namentlich aber mußte schon damals erhellen, ob und inwiefern es bei Entscheidung über den Anspruch auf Beurtheilung der fremden Geseze ankommen würde, und es kann nicht als zulässig erscheinen, sich in einem erst nach Ablauf der Präskriptionsfrist angestrengten Prozeß zur Beseitigung des Einwandes der Verjährung damit zu entschuldigen, daß eine damals angestellte Klage doch nicht eingeleitet sein würde.

Nachdem schon in der Kabinets-Ordre vom 5. Mai 1815 von der Beibehaltung des aktuellen Besikstandes die Rede ge= wesen war, wurde durch den Erlaß vom 23. Februar 1817 noch bestimmter festgeseht, daß alle Gerichtsbehörden angewiesen werden sollten, in jedem Falle, wo zwischen den Gutsherren und Unterthanen in den wieder vereinigten oder neuen Provinzen, die sich sonst unter den Französischen Gesetzen befanden, Streit entstehen möchte, nur den aktuellen Besik zur Zeit der Kabinets-Ordre zu reguliren. Auch dadurch kann die Zulässigkeit einer Klage nicht für ausgeschlossen erachtet werden. Denn es konnte, ohne daß die Parteien selbst dazu Veranlassung gaben, von einer Regulirung des Besikstandes nicht die Rede sein, und da die gedachte Bestimmung nicht etwa dahin lautet, daß ihnen lediglich der Antrag auf eine sölche Regulirung zustehe, vielmehr dahin geht, daß lettere bei einem sich ergebenden Streite erfolgen sollte, so war dabei offenbar die nur durch Anstellung einer Klage ausführbare Beschrei

tung des Rechtsweges von dem einen oder dem andern Theile als die einzige Veranlassung zu jener richterlichen Regulirung vorausgesetzt.

Auch der § 64. des Gesetzes vom 25. September 1820 und der § 88. des Gesetzes vom 21. April 1825, welche das Aufhören der durch die Kabinets-Ordre vom 5. Mai 1815 an= geordneten Suspension aussprechen, führen zu keinem anderen Ergebniß. Denn es ist darin immer nur von sistirten Prozeffen und deren Wiederaufnahme die Rede, wobei nur von der Voraussetzung wenigstens bereits angestellter Klagen ausgegegangen sein kann.

Ueberhaupt aber ist nicht außer Acht zu lassen, daß die Allerhöchste, nicht durch die Gesetz-Sammlung publizirte Kabinets Ordre vom 5. Mai 1815 nicht sowohl als ein eigentliches Geset, als vielmehr nur wie eine Instruktion zu betrachten ist, in welcher Weise hinsichtlich der gutsherrlich - bäuerlichen Rechtsverhältnisse bei den Gerichtsbehörden bis auf Weiteres verfahren werden sollte.

Hiernach kann von dem in § 528. I. 9. des Allgemeinen Landrechts vorausgesezten Falle der Versagung des rechtlichen Gehörs, sowie von Verlegung der in der Nichtigkeitsbeschwerde angeführten Geseze nicht die Rede sein.

Der Appellations-Richter soll ferner den § 80. litt. c. und d. des Gesetzes vom 21. April 1825 für die ehemals Französischen Landestheile und die vorhin angeführten Bestimmungen des Allgemeinen Landrechts verlegt haben. Nach jenem Geseße seien Verklagte, welche die dort gemachte Ausnahme für sich nicht einmal behauptet hätten, nur verpflichtet gewesen, die Rückstände von 1811 bis 1820 in den, der Verordnung vom 21. April 1825 folgenden Jahren zu entrichten. Die Verjährung habe erst seit diesem Geseze wieder beginnen können, weil durch dasselbe die Zahlungs-Termine in diese Periode verlegt worden. wären, und vor der Fälligkeit der fraglichen Abgabe nach

§ 545. I. 9. des Allgem. Landrechts die Verjährung nicht habe beginnen können.

Allein dieser Angriff beseitigt sich ganz einfach durch die Erwägung, daß der § 89. a. a. D. von Rückständen an Abgaben und Leistungen spricht, welche von der Einführung der fremden Geseze an bis zur Verkündigung des Gesetzes vom 25. September 1820 aufgelaufen sein möchten. An sich wurden mithin die Abgaben für den gedachten Zeitraum als bereits verfallen an ihren gewöhnlichen Fälligkeits-Terminen betrachtet, und nur hinterher eine Zahlungs-Nachsicht wegen dieser Nückstände bewilligt. Der von den Imploranten in Bezug genom-* mene § 545. a. a. D., wonach die Verjährung wider solche Rechte, welche nicht blos bei gewissen Gelegenheiten ausgeübt werden können, von dem Tage zu laufen anfängt, wo die Erfüllung der Verbindlichkeit zuerst gefordert werden konnte, rechtfertigt auch ihre Ansicht keinesweges. Vielmehr steht ihnen diese Bestimmung gerade insofern entgegen, als nur der ursprüngliche Fälligkeits-Termin sich für denjenigen erachten läßt, an welchem die Forderung zuerst erhoben werden konnte und daher auch, um den Beginn der Verjährung zu verhindern, erhoben werden mußte.

Der Umstand, daß nach dem Erscheinen des Gesetzes vom 21. April 1825 die rückständigen Gefälle nur in Raten hätten beigetrieben werden dürfen, war nicht geeignet, den Lauf der bereits begonnenen Verjährung zu hemmen, und es folgt hieraus zugleich, daß der Berechtigte von der Anstellung einer früheren Klage zum Zwecke der Unterbrechung der Verjährung auch durch diese Vorschrift nicht für entbunden zu erachten ist.

No. 46. Plenum. Sizung vom 21. Juni 1852.

Nichtigkeitsbeschwerde.

Gericht I. Instanz: Kreis-Gericht in Schweidnitz.

Gericht II. Instanz: Appellations-Gericht in Breslau.

Verpflichtung des außerehelichen Schwängerers gegen die Geschwängerte.

Zu den Kosten, welche eine unehelich Geschwängerte gemäß § 1017. II. 1. des Allgem. Landrechts von ihrem Schwängerer erseßt verlangen darf, weil dieselben nach ihrer Niederkunft aufgelaufen und unvermeidlich gewesen find, gehören die Kosten ihrer Verpflegung (ihres Unterhalts) nur während der Dauer ihres Wochenbettes; ein Anspruch auf Erstattung der über die sechs Wochen hinaus für ihre Verpflegung aufgewendeten Kosten läßt sich aus diesem Geseze für sie nicht herleiten.

A. L R. II. 1. §§ 1015-1018.

Durch ein rechtskräftiges Urtheil war der Beklagte verurtheilt worden, als Vater des von der Klägerin außerehelich gebornen, seitdem verstorbenen Kindes, die beantragte Entschä digung nebst Entbindungs- und Sechswochenkosten und den Kosten für das Begräbniß des Kindes zu entrichten. Auf Grund dieses Urtheils und unter der Behauptung, daß sie in Folge ihrer Entbindung nicht mehr im Stande sei, sich ihren Unterhalt zu verschaffen, stellte die Klägerin eine neue Klage an, durch welche sie für die Vergangenheit und für die Zukunft Alimente für sich in Anspruch nahm.

Die beiden ersten Richter wiesen die Klage zurück, indem der Appellations-Richter ausführte:

Der § 1017. II. 1. des Allg. Landrechts stehe der Klägerin nicht zur Seite. Denn der Zusammenhang der einschlägigen Gesetze und namentlich § 1018. daselbst ergebe, daß mit den Kosten nach der Niederkunft nur solche gemeint seien, die un

Archiv f. Rechtsf. Bd. VI.

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mittelbar und während der sechs Wochen entständen. Eben so wenig könne Klägerin sich auf die Bestimmungen des sechsten Titels des ersten Theils des Allgem. Landrechts berufen, die hier ganz ausgeschlossen seien. Ein mit beiderseitiger Einwilligung erfolgter Beischlaf gehöre mit dessen Folgen nicht zu den Beschädigungen aus unerlaubten Handlungen oder außerhalb eines Vertrages. Hier könnten nur die speziellen Vorschriften des ersten Titels des zweiten Theils des Allgem. Landrechts entscheiden, ganz abgesehen davon, daß auch nach den Bestim mungen des sechsten Titels des ersten Theils des Allgemeinen Landrechts der Anspruch nicht begründet sein würde, da der Schade als ein zufälliger, schlimmstenfalls als ein mittelbarer anzusehen sei, der bei der Mitverschuldung der Klägerin nicht vertreten zu werden brauche.

Die Klägerin führte gegen das zweite Urtheil die Nichtigkeits-Beschwerde ein, welche sie auf die Verlegung der §§ 1015. 1017 und 1018. a. a. D. stüßte.

Der kompetente erste Senat des Ober-Tribunals verwies die Entscheidung der Sache vor das Plenum, da derselbe zwar nach dem Präjudize No. 2327:

Auch die während der Schwangerschaft oder nach der Niederkunft der Geschwächten über die sechs Wochen hinaus in Folge der Schwängerung und Niederkunft und der dadurch herbeigeführten Krankheit erweislich entstandenen, unvermeidlich gewesenen Kosten ist der Schwängerer zu übernehmen verbunden,

die Beschwerde für begründet erachtete, von diesem Präjudiz aber abzugehen beschloß.

Das Plenum hat denn auch den oben mitgetheilten Plenarbeschluß gefaßt, und die zu entscheidende Prozeßfache anlangend, für Recht erkannt,

daß die eingelegte Nichtigkeitsbeschwerde,

Vergl. das im Justiz-Ministerial-Blatt für 1852, Seite 267. mitgetheilte Plenar-Protokoll vom 21. Juni 1852.

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