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gericht zu Berlin hatte aber hiernächst die von der Klägerin bei dem Gericht in Meißen in Antrag gebrachte Vollstreckung jenes Urtheils gegen den H. aus dem Grunde abgelehnt, weil es die Sächsischen Gerichte in der Sache nicht für kompetent anfah. Die Wittwe M. wurde deshalb aufs Neue gegen den H. beim Stadtgericht zu Berlin auf Zahlung der 500 Rthlr. nebst Zinsen flagbar. Das Stadtgericht wies sie jedoch mit ihrer Klage angebrachtermaaßen ab, und das Kammergericht bestätigte dies Erkenntniß. Auf die von der Klägerin erhobene Nichtigkeitsbeschwerde hat das Ober-Tribunal das AppellationsErkenntniß vernichtet und in der Sache selbst unter Abänderung des Erkenntnisses des Stadtgerichts in Berlin den Verklagten zur Zahlung der 500 Rthlr. nebst Zinsen verurtheilt.

Gründe:

Die angefochtene Entscheidung beruht wesentlich auf der rechtlichen Annahme, daß die Festsetzung in dem Vertrage vom 16. Januar 1843, über die Kompetenz der Sächsischen Gerichte in der Sache, eine dem Artikel 4. der Konvention zwischen Preußen und Sachsen vom 14. Oktober resp. 11. Dezember 1839 zuwiderlaufende, unstatthafte, freiwillige Prorogation enthalte, das gedachte Erkenntniß deßhalb den Anspruch nicht feststelle, und dieser anderweitig nicht festgestellt worden sei.

Die Implorantin macht dem Richter eine unrichtige Anwendung des Artikels 4. der obigen Konvention zum Vorwurf. Dieser Angriff muß für begründet erachtet werden.

Der gedachte Artikel 4. verbietet durch die Bestimmung:

Keinem Unterthan ist es erlaubt, sich durch freiwillige Prorogation einer nach den Bestimmungen des gegenwärtigen Vertrags nicht kompetenten Gerichtsbarkeit des andern Staats zu unterwerfen.

nur die freiwillige Prorogation. Es ist darunter diejenige zu verstehen, die dadurch zur Wirklichkeit gelangt, daß ein Verklagter sich auf die Vorladung eines Gerichts, das nicht das

gehörige ist, gestellt, die Klage beantwortet und dabei erklärt, daß er sich diese Prorogation gefallen lasse. Ein Fall der Art liegt hier nicht vor. Der Vertrag vom 16. Januar 1843 enthält ein gültiges Kompromiß. Das Gericht in Meißen, resp. die Sächsischen Instanz - Gerichte sind als Schiedsgerichte von den Parteien eingeseht worden. Dies war zulässig. Auch Personen, die ein richterliches Amt bekleiden, können zu Schiedsrichtern gewählt werden. Auch die Wahl eines förmlichen Gerichts zum Schiedsgericht wird durch das Gesetz nicht ausgeschlossen. A. G. D. I. 2. §§ 167. ff. Der obige Artikel 4. regelt diesen Fall nicht. Er enthält gar keine Vorschrift über die Bildung von Schiedsgerichten durch einen Vertrag zwischen Preußischen und Sächsischen Staats- Angehörigen zur Erörterung und Entscheidung der unter denselben `entstehenden Streitigkeiten. Das hier geschlossene Kompromiß hat auch solche` Streitigkeiten zum Gegenstande, die gesetzlich durch einen schiedsrichterlichen Ausspruch entschieden werden können.

Hiernach fällt der obige Entscheidungsgrund des zweiten Richters. In der Sache selbst muß ferner das erste Urtheil abgeändert werden. Das in Sachsen ergangene rechtskräftige Erkenntniß hat auch in Preußen die Kraft eines Judikats. Dasselbe hat der Klägerin diejenigen 500 Rthlr. mit Zinsen, die sie hier verlangt, zugesprochen. Darauf allein kommt es an. Die Erörterung des Anspruchs in seinen thatsächlichen und rechtlichen Beziehungen scheidet jezt völlig aus. Die Klägerin hat sich auch im jetzigen Rechtsstreite fortwährend auf jenes rechtskräftige Erkenntniß gestützt, und dieser Grund muß für sie auch durchgreifen.

Hiernach rechtfertigt sich die Entscheidung.

No. 35.

II. Senat. Sizung vom 4. Mai 1852.

Nichtigkeitsbeschwerde.

Gericht I. Instanz: Kreis-Gericht in Lublinik.
Gericht II. Instanz: Appellations-Gericht in Ratibor.

Bauholzgerechtigkeit einer Mühle.

a. Die Bauholzgerechtigkeit einer Wassermühle erstreckt sich auch auf die Abschlagsschleuse des zur Mühle gehörigen Mühlenteichs.

b. Bei Bestimmung des Umfangs einer solchen BauHolzgerechtigkeit entscheidet rücksichtlich der vorhandenen Anlagen das gegenwärtige Bedürfniß.

A. L. R. I. 2. §8 47. 105.; 22. § 210.

Die Wassermühle Nr. 5. zu Kallina hatte laut VerleihungsUrkunde vom 18. Juli 1775: „freies Bauholz zu den benöthigten Mühlenbauten und Wirthschaftsgebäuden“ aus dem herrschaftlichen Forste von Boronow zu fordern. Auf Grund dieser Servitut verlangte der Müller B. zu Kallina als Befizer des berechtigten Mühlengrundstücks, zu dem auch der Mühlenteich gehört, für den Neubau der völlig baufälligen Abschlagsschleuse, welche sich 150 Schritte von der Mühle entfernt am Ufer dieses Teichs befindet, das nöthige Bauholz von dem diesen Anspruch bestreitenden Gutsherrn.

Der erste Richter verurtheilte den Verklagten nach dem Klageantrage; der Appellations-Richter erkannte dagegen abändernd auf Abweisung des Klägers, indem er noch einen Unterschied zwischen Mühlenbauten und Wasserbauten, für welche ersteren die Verleihungs-Urkunde allein eine Verpflichtung begründe, machte, und ausführte, daß die Schleuse, hauptsächlich bestimmt, zur Konservation des Mühlenteichs zu dienen, nur als eine Pertinenz des lezteren angesehen werden könne. - Die vom Kläger erhobene Nichtigkeitsbeschwerde hat das Ober-Tri

bunal für begründet erachtet und auf die Appellation des Klägers das erste Erkenntniß bestätigt aus folgenden.

Gründen:

Die vom Imploranten als verlegt bezeichneten Geseze (§§ 47. und 105. I. 2. des Allgem. Landrechts) bestimmen in der That: „was zum Pertinenzstücke gehört, das gehört auch zur Hauptsache", und: „Pertinenzstücke nehmen, so lange sie bei der Hauptsache sind, an allen Rechten derselben Theil"; und die gleichen Grundsäße erkannte das zur Zeit der Errichtung der Verleihungs-Urkunde von 1775 geltende Gemeine Recht an. Thibaut, System des Pandektenrechts, § 265. Sie wurden aber vom Appellations-Richter verlegt, indem er annahm: der Teich sei Pertinenz der Mühle, und die Schleuse ein integrirender Theil des Teichs, und gleichwohl den Holzbedarf für die Wiederherstellung der Schleuse von der unstreitigen Bauholzgerechtigkeit ausschloß.

Bei freier Beurtheilung der Sache aber konnte die Rechtmäßigkeit des Klageanspruchs keinem Zweifel unterliegen.

Wenn einem Grundstücke, das seiner Hauptbestimmung nach zum Betriebe des Mühlengewerbes dient, vertragsmäßig eine Bauholzfervitut zu den benöthigten Mühlenbauten und Wirthschaftsgebäuden konstituirt wurde, wie dem Besißthum des Klägers, so kann deren Begriff, der gewöhnlichen Wortbedeutung wie dem Zwecke der Sache nach, nicht anders als dahin verstanden werden: daß die Grundgerechtigkeit auf alle zum Mühlenbetriebe nöthigen Bauwerke sich erstrecken soll, welche sich auf der Mühlenbesigung befinden. Ein Unterscheiden zwischen Werken, die in unmittelbarem oder bloß mittelbarem Zusammenhange mit der Mühle stehen, erscheint ungerechtfertigt, weil die Servitut nicht am Mühlengebäude, sondern am ganzen Mühlengrundstücke haftet.

Auch getrennt von dem übrigen Inhalte der VerleihungsUrkunde reicht die entscheidende Stelle zur Begründung der

Klage aus; cô bedurfte daher auch keiner nachträglichen Anordnung wegen verabsäumter Vorlegung dieses Dokuments. Denn die Nothwendigkeit der beregten Schleuse für die Erhaltung des Mühlenteichs und zum Schuße der Mühle vor zu großem Wasserandrange wurde vom Verklagten anerkannt, ihre totale Baufälligkeit durch das Gutachten des Hütteninspektors D. festgestellt, und es ist nach dem gleichfalls vom Verklagten anerkannten sachverständigen Ausspruche des Zimmermcisters P. zur Wiederherstellung der Schleuse das Material nach Quantität, Qualität und zu dem Geldwerthe nöthig, welches in dem ermäßigten Klageantrage gefordert wird. Auf die Einwendungen, durch welche der Verklagte die absolute Nothwendigkeit der Schleuse für die Mühle zu widerlegen und dem Anspruche des Klägers den Charakter einer unstatthaften Ausdehnung der Bauholzservitut auf eine neue Anlage beizulegen versuchte, konnte kein Gewicht gelegt werden, da von ihm nicht einmal behauptet wurde, daß die Schleuse der Mühle nach ihren gegenwärtigen Bedürfnissen entbehrlich sei, das Gesez aber bestimmt:

wenn die veränderten Umstände oder vermehrten Bedürfnisse des berechtigten Guts eine Verlegung oder Erweiterung der anfänglich vorhanden gewesenen Gebäude nothwendig machen, so kann auch dazu das erforderliche Bauholz aus dem belasteten Walde genommen werden. Allgem. Landrecht. I. 22. §. 200.

Und wenn der Verklagte dagegen geltend macht, daß eine Schleuse kein Gebäude sei, sondern ein Wasserbauwerk, so übersieht er, daß die Schleuse bei ihrem anerkannten Zwecke: zur Erhaltung des Teiches, aus welchem die Mühle ihre Wasserkraft empfängt, und zum Schuße der Mühle gegen Wasserübermaaß zu dienen, den nothwendigen Mühlenwerken, folglich den Zubehörungen eines Gebäudes beizuzählen ist; überdies aber, nach der Verleihungs-Urkunde, die Bauholzgerechtigkeit des Klägers sich nicht blos auf den Bedarf des eigentlichen Mühlengebäudes, sondern auf alle für die Hauptbestimmung

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