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erstreckenden Turkovolkes repräsentieren, welches der nomadischen Existenz am treuesten geblieben ist!"

Soweit unser Gewährsmann über den Wert der bisherigen Forschungen. Sie erklären daher auch die so abweichenden Resultate der geographischen Wissenschaft und der britischen, russischen und persischen Rekognoszirungen des Landes.

Der grofse Raum, dessen Grenzen im Westen das kaspische Meer, im Süden Persien und Afghanistan, im Nordosten Buchara und Chiwa, im Norden die Halbinsel Mangischlak bilden, hat eine Ausdehnung von 9000 geographischen Quadratmeilen. Seine Bevölkerung entzieht sich jeder Schätzung, nur nach der Zahl der Kibitken (d. h. der Zelte und Zeltwagen) kann man sie auf mehrere Millionen schätzen, jedenfalls auf mehr als eine Million.

Die Bezeichnung für dies grofse, vom 36. und 43. Breitengrade und vom 54. und 63. Längengrade begrenzte Gebiet ist eine mannigfaltige Turkmenien, Turkmanien, das Turkomanenland, auch wohl die Hyrkanische oder Turkmenische Steppe.

Als Teil der aralo-kaspischen Einsenkung weist Turkmenien nur an wenigen Stellen eine Erhebung des Bodens über das allgemeine Niveau auf. Dies ist aber an einzelnen Orten sogar niedriger als der Spiegel des Oceans. Wollen neuere Forscher in Turkmenier. den ehemaligen Boden eines Meeres sehen, welches die ganze aralokaspische Senkung bedeckte, so sind die steinigen Berggruppen des Landes die einstigen Inseln jenes ungeheuren Binnenmeeres.

Die Verbindung des Landes mit Europa vermittelt vorzüglich das kaspische Meer, welches auf seiner Ostseite mit 8 Golfen. in die Steppe und in das Bergland eindringt und in einer Ausdehnung von mehr als 6000 km von der persischen Grenze im Süden bis zum Bezirk Mangischlak im Norden die Westgrenze bildet. Doch ist der nördlichste Teil dieser Wassergrenze an der Halbinsel Busatschi für die Seeschiffahrt unbenutzbar. Grofse Schiffe müssen viele Kilometer weit vom Lande entfernt bleiben und die Ausschiffung von Truppen und Armeematerial auf Böten und Kähnen bewerkstelligen. Die letzte Strecke zum Ufer mufs meist durchwatet werden. Vom Kap Tjub - Kargan bis zum Balkan-Busen hat das Meer genügende Tiefe. Die besten Ankerplätze liegen hier. Dagegen hat der Hassan-Kuli-Golf an der Mündung des Atrek nur 3 Fufs Tiefe und ist ganz mit Schilf verwachsen. Es ist dies ein für die Russen schwer wiegender Nachteil, weil gerade dieser Golf bei einem Feldzuge gegen die Achal-Teke von grofser Bedeutung für die Etappenlinie ist.

Der näher dem kaspischen Meere liegende Teil Turkmeniens, West-Turkmenien, ist sehr verschieden von dem nach dem AmuDarja und den Grenzen Afghanistan's sich erstreckenden Ost-Turkmenien.

Das erstere enthält neben weiten Sand- und Salzwüsten bedeutende Bodenerhebungen, wie den Ust-Urt, das Balchan- oder BalkanGebirge und den Kjurgan- und Kopet- oder Kubbet-Dagh.

Neben den Gebirgen besitzt West-Turkmenien auch einige Wasserläufe und das hochinteressante ehemalige Flufsbett des Amu-Darja, den Usboi.

Ost-Turkmenien hingegen hat keine so mannigfaltige Oberfläche. Es wird fast ganz von einer öden Wüste ausgefüllt, welche, ohne trinkbares Wasser mit Ausnahme weniger Salzpfützen, ohne andere Vegetation als die verkrüppelten Saxacelstauden, Tamarisken und ähnliche Sandstauden, ohne Schatten und ohne Nahrung den passenden Namen Kara-kum, d. h. schwarzer oder Unglücksfad, führt.

Leben und Bewegung ist daher nur an das Bergland, soweit es wasserreich ist, und an die wenigen Flüsse gebunden, welche, wie der Murghab und der Tedschend in die Wüste hineindringen, um sich in derselben zu verlieren, oder welche wie der Amu, der Gjurgen und der Atrek in die Binnenmeere strömen.

Der Werth der Oasen ergiebt sich aus dem eben Gesagten von selbst.

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Die Bedeutung der Teke Turkmenen aber ist ebenso bedingt durch die unumschränkte Herrschaft in den drei südlichen Oasen der grofsen Turkmenen-Wüste, der von Achal-Teke in den Vorbergen des Kubbet- oder Kopet - Dagh, der Landschaft am Tedschend und der Oase Merw (oder Mar), d. h. des Bewässerungssystems des Murghab.

Was nun im Einzelnen das Nordende Turkmeniens betrifft, so wird die Grenze hier in ziemlich markirter Weise durch den steilen, an wenigen Stellen bequem passierbaren Absturz des Ust-Urt bezeichnet. Diese Steilwand, zugleich die ethnographische Grenze zwischen Kirgisen und Turkmenen, trägt den Namen des „Tschink“. Dieser Tschink gewinnt eine ganz besondere Bedeutung dadurch, dafs er an seinem Südfufse zum Teil von dem alten Bett des Amu-Darja begrenzt ist.

In neuerer Zeit ist neben dem Projekt einer centralasiatischen Eisenbahn, welche Rufsland's Vorposten in Centralasien mit dem Mutterlande verbinden soll, auch das einer Wasserstrafse genannt worden, welche das kaspische Meer mit dem Amu-Darja verbinden

Jahrbücher f. d. Deutsche Armee u. Marine. Band XXXIV.

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würde. Die Anlage der letzteren soll auf nichts geringeres hinauskommen, als auf die Rückleitung des mächtigen Stromes in sein altes Bette. Es versteht sich von selbst, dafs dies Projekt unter Geographen, Technikern und Soldaten eine lebhafte Diskussion hervorgerufen, welche ebenso glühende Anhänger wie Gegner aufzuweisen hat.

Sehen wir uns aber diese russische Etappenlinie der Zukunft etwas näher an!

Nach den historischen Ueberlieferungen ergofs sich der AmuDarja noch im 13. Jahrhundert in das kaspische Meer und wurde erst dann auf künstliche Weise mit Hilfe von Dämmen in den AralSee abgeleitet.

Um diese Ableitung des Stromes zu verstehen, mufs man sich vergegenwärtigen, dafs für die Bewohner der Steppen das Wasser die Bedingung ihrer Existenz ist, dafs es daher auch nichts unwahrscheinliches hat, dafs ein mächtiges Volk dem andern schwächeren das Wasser entzogen haben sollte. Aber auch abgesehen hiervon können veränderte Natur- und Kulturverhältnisse die Umbettung des Riesenstromes veranlafst haben.

Jedenfalls bietet für unsere Annahme die neueste Zeit ein schlagendes Beispiel.

Nach einer Nachricht der Moskauer Zeitung (deutsch wiedergegeben im „Globus" Band XXXVI. Nr. 6, S. 93) ist der Atrek (Grenzflufs zwischen Turkmenien und Persien) in sein altes Bett zurückgeleitet worden. Früher mündete der Atrek in die Hassan-KuliBai, 12 Werst von Tschikisljar ins kaspische Meer. Als die Russen vor 9 Jahren Krasnowodsk einnahmen, errichteten persische Turkmenen, vom Stamme Akatabatz, etwa 60 Werst oberhalb der Mündung des Flusses, einen Damm (Bent) und leiteten den Flufs hierdurch in die Gegend ihrer Winterlager, welche weit südlich vom natürlichen Flufsbette lagen.

Die russischen Atrek - Nomaden hierdurch des notwendigen süfsen Wassers beraubt zogen ihm nach und zogen auf persisches Gebiet. Vor kurzem entsandte nun der General Lazarew den Oberst Schelkownikow mit dem Auftrage zur Untersuchung des alten Flufsbettes.

Das Resultat dieser Expedition war der Befehl, jenen Damm zu zerstören, und dieser Befehl wurde auch am 28. Mai des vergangenen Jahres ausgeführt. Drei Tage und drei Nächte arbeiteten die an der Rückleitung des Flusses interessirten Stämme an diesem grofsartigen Werke und nun fliefst der Atrek in seinem früheren Bette.

Doch die Russen gehen in ihren Bestrebungen weiter und hoffen den Atrek mit der Zeit nach Tschikisljar zu leiten und dadurch einen grofsen Teil der persischen Turkmenen auf russisches Gebiet zu ziehen.

Der Usboi ist mit Ausnahme weniger Stellen meist ganz deutlich zu erkennen. Der Anfang dieses grofsartigen Strombettes befindet sich zwischen den Städten Chodscheili und Kiptschak am AmuDarja und seine Mündung ins kaspische Meer an der Balkan-Bai. Die Gesamtlänge beträgt an 800 km.

Mit dem speziellen Namen „Usboi" wird der Teil vom See SaryKamysch bis zum kaspischen Meere bezeichnet. Derjenige von der Stadt Chodscheili bis zum See Sary Kamysch führt den Namen „Urun Darja“ oder „Kunja-Darja“, d. h. alter Flufs. Der Höhenunterschied zwischen Chodscheili und der Mündung an der Balkan-Bai beträgt 400 Fufs.

Auf diesen letzten Umstand legen die Russen grofsen Wert. Zudem zeigte sich die Natur im Laufe der letzten 30 Jahre zweimal bereit, dem Menschen die gigantische Arbeit der Ableitung des Flusses zu erleichtern. Im Jahre 1850 zerstörten die Gewässer desselben bei der Frühjahrsüberschwemmung die Dämme bis zum Sary-Kamysch (180 km von Chodscheili). Der andere Durchbruch fand im Jahre 1878 statt. In Folge des ungewöhnlich schneereichen Winters 1877 bis 78 erreichte der Austritt des Stromes im Frühjahre ganz unerhörte Dimensionen.

Die Uferdämme vermochten nicht dem Andrange des Wassers zu widerstehen und wurden an verschiedenen Stellen durchbrochen.

Die Wassermassen drangen mit Gewalt in das tiefliegende linke Ufer ein, überschwemmten dasselbe und bewegten sich vorwärts, indem sie das Bett der alten Flufsarme, Kanäle, Seebecken u. s. w. aufsuchten. Die Hauptdurchbrüche fanden an drei verschiedenen Stellen statt, bei Chodscheili, bei Kiptschak und bei Urgendsch.

Die durch diese Dammbrüche hervordringenden Gewässer erreichten das alte Bett des Urun-Darja, zerstörten an ihm die Dämme von Uschak-Bent und Ssalak-Bent, gingen über die Dämme von EgenKlytsch und füllten den See Sary - Kamysch und die ihm benachbarten Salzseeen. Erst im Herbst 1878 begann das Wasser zu fallen. In der Mitte des Oktober wurden die Ackerflächen wieder blofsgelegt und begann man nun die Dämme auszubessern.

Im Anfange des Dezember hatte die Strömung auf dem UrunDarja am Sary - Kamysch noch eine Schnelligkeit von 21/2 Fufs in der Sekunde.

Doch drangen die Wassermassen über den See nicht in den Usboi vor.

Die Breite des letzteren schwankt zwischen 200 m und 3000 m, seine Uferränder haben an manchen Stellen eine Höhe von 70 m. Das Bett ist mit Sand, Muschelkalk u. s. w. angefüllt. In der Nähe der Ufer finden sich die Trümmer gebrannter Ziegelsteine und die Ueberreste von Bewässerungskanälen, oft mehrere Kilometer lange Salzwasserbecken, Schilfdickichte, Wachholderbäume u. s. w. An einzelnen Stellen enthalten die Brunnen, welche sich hier und da, wenn auch sehr selten, am Usboi befinden, süfses Wasser, oft sind sie aber auch salzig. Oasen finden sich eigentlich nur bei den Brunnen Topjatan und Tanderli. Hier ist der Boden und das Ufer des Usboi mit Gras und Schilf bedeckt, welches nicht nur dem Vieh des Turkmenen zum Futter, sondern auch wilden Schweinen, Hasen, wilden Gänsen und Enten als Aufenthalt dient.

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Von den im südlichen Teile Turkmeniens befindlichen Oasen sei nunmehr näher betrachtet:

1. Die Achal-Teke-Oase.

Dieselbe liegt, wie bereits erwähnt, am Fußse des Kopet-Dagh, von dessen nördlichem Abhang zum scharf begrenzten Fufs viele kleine Flüsschen strömen, welche eine nicht breite, aber 250 km lange, für die Kultur vortrefflich geeignete Landschaft bilden. Nach der öden, sandigen Salzwüste macht dieselbe einen blühenden Eindruck. Die ausgedehnten, die Ansiedlungen umgebenden Gärten sind reich an Pfirsichen, Aprikosen, Nufsbäumen und Weingärten. Die Äcker geben reiche Ernten.

Während die Ansiedelungen des Achat-Teke von ihrer Festung *) Kizil- (auch Kycyl-) Arwat bis zur persischen Provinz Dereges in südöstlicher Richtung ausdehnen, erstrecken sich die persischen Städte von Atrek (welcher auch Etrek genannt wird) bis zur Festung Sarachs, unweit der afghanischen Grenze, in östlicher Richtung. Nördlich Dereges stofsen die Turkmenen und Perser fast zusammen, wenn sie auch meist noch immer durch beträchtlichen Raum getrennt sind.

Der Raum zwischen den beiderseitigen Ansiedlungen bildet ein grofses, von Kopet-Dagh ausgefülltes Dreieck, welches heut ohne

*) Die Achal-Teke besitzen eine Reihe sich in der Richtung von Nordwest nach Südost erstreckender Festungen (auch Kurgane genannt), welche im Wesentlichen der weiter unten geschilderten Festung Dengil-Tege gleichen und in deren Umgebung sich immer eine gröfsere Anzahl von Familien angesiedelt hat, welche bei der Annäherung eines Feindes hinter den Mauern derselben Zuflucht suchen.

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