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Napoleons Vorliebe für horizontales Feuer machte sich schwer in den Schlachten von Waterloo*) und Borodino fühlbar; wie wir gesehen haben, waren die russischen Geschütze im letzten Feldzuge weder Geschütze und auch nicht ganz Haubitzen. Um Feldverschanzungen oder Terraindeckungen erfolgreich anzugreifen, ist eine bewegliche Haubitze nach Art der kurzen Belagerungskanone**) erforderlich, lediglich für Bogenfeuer bestimmt. Um bombensichere Deckungen zu zerstören, um Wälle und Mauern in Bresche zu legen, wäre es wünschenswert in Folge der gröfseren Wirkung, die Granaten mit Schiefsbaumwolle zu füllen. Die Wirkung der Haubitzen ist der der Geschütze gegen vertikale Ziele unterlegen, tritt aber beim Beschiefsen von Flächen, inneren Räumen von Redouten und dergleichen wesentlich in den Vordergrund. Die bedeutende Streuung auf grofsen Entfernungen zwingt den Angreifer, sie möglichst nahe zu gebrauchen, was um so eher geschehen kann, da sie, in einer Deckung gebraucht, selbst einen Gegner, der der Sicht entzogen ist, beschiefsen kann.

In der Verteidigung wird horizontales Feuer die Regel sein, daher sind wenig Haubitzen erforderlich, die betreffenden Falls dem Belagerungspark zu entnehmen wären, daher von gröfserer Wirkung sind; die schweren Geschütze, die der Verteidiger heranziehen kann, werden in Folge der überlegenen Shrapnelwirkung den leichteren Angriffsgeschützen überlegen sein. In England ist es jetzt eine allgemein anerkannte Thatsache, dafs eine Anzahl der leichteren Belagerungsgeschütze in den Parallelen mit in der Feuerhöhe verstellbaren Laffetten versehen sein müssen; gelingt es dem Verteidiger nun, auch diese Geschütze in Position zu bringen, so ist das Werk des Angreifers bedeutend erschwert. Beim Angriff auf Plewna machte die russische Ueberlegenheit an Geschützen sich recht geltend und zwang die türkische Artillerie, ihre Geschütze zeitweise der feindlichen Feuerwirkung zu entziehen, der hierdurch hervor. gerufene Zeitverlust würde bei Geschützen mit verstellbaren Lafetten vermieden worden sein.

*) Napoleon massirte 74 Geschütze auf 800-1000 Schritt Entfernung gegen den engl. linken Flügel, in Folge der grofsen Entfernung und der Terraingestaltung war die Wirkung gleich Null.

**) Die jetzige englische Haubitze (Rohrgewicht 36 Ctr.) wirft eine 47,5 und 67,5 k schwere Granate, eine Feldhaubitze mit einem Rohrgewicht von 10 Ctr. müfste eine Granate von 13,5 und 20 k werfen. Schiefsbaumwolle hat sich als Sprengmittel gegen Panzerplatten bewährt; theoretisch genommen sind Feldgeschütze im Stande, den Einfallwinkel durch Verringerung der Ladung zu vergröfsern.

Für die Infanterie ist der Zeitpunkt der Einführung von Repetiergewehren noch nicht gekommen, obwohl ihr Wert für die Verteidigung, bei der im kritischsten Momente gleichsam ein Dämon den Leuten die Hand beim Laden bindet.*) Aber der Erfolg, der die ungekünstelten Versuche der Türken, die Wirkung der InfanterieWaffe zu entfalten, krönte, und die zugestandenen mangelhaften Leistungen der Russen in dieser Beziehung sind Warnungen, eine sorgfältige Friedensausbildung eintreten zu lassen.

Im letzten amerikanischen Kriege befanden sich viele gute Schützen in den Reihen der Armee, doch wog dieses nicht die Mängel der Waffe auf.

(Fortsetzung folgt.)

XXII.

Rückblick auf die Entwickelung des französischen Heerwesens im Jahre 1879.

Der Wechsel in der Präsidentschaft eröffnete in Frankreich das Jahr 1879. Nicht ohne eine gewisse Besorgnis für die gedeihliche Fortentwickelung der Armee-Reorganisation sahen die Gutgesinnten im Heere den Advokaten Jules Grévy an die Stelle des Marschall Mac Mahon treten. Bei der merklichen Linksschwenkung, welche Frankreich mit diesem Präsidentschaftswechsel und Gambetta als Präsidenten der Deputirtenkammer vollzog, war die Gefahr nicht ausgeschlossen, dafs der Geist der politischen Parteien auch in die Reihen der Armee eindringen und so jeden Fortschritt in Frage stellen würde.

Zum Glück für die französische Armee ist diese letzte Voraussetzung während des verflossenen Jahres und bis jetzt noch nicht eingetreten, und sind thatsächliche äufserliche Vorzeichen für das Umsichgreifen dieser Gefahr zur Zeit auch noch nicht vorhanden.

*) Im letzten Feldzuge gebrauchte die türkische Infanterie ihre Repetier-Gewehre wie gewöhnliche Hinterlader, abgesessene Kavallerie hatte nur in seltenen Fällen Gelegenheit, Gebrauch von ihren Repetier-Karabinern zu machen. Die Russen legten ihren eigenen Berichten zufolge den Repetierwaffen keine grofse Bedeutung bei. Oesterreich macht jetzt Versuche mit einem neuen Repetier-Gewehr.

Unter einem ruhigeren politischen Himmel als in früheren Jahren ist die Fortentwickelung der französischen Heeresorganisation im Jahre 1879 ihren gewohnten, wenn auch nicht gerade schnellen Weg gegangen.

Zum grofsen Theil ist diese, für Frankreich und die Armee erfreuliche Thatsache das Verdienst des Kriegsministers General Greslay welcher als Nachfolger des General Borel im Sinne dieses letzteren der Armee-Verwaltung seit Beginn des Präsidiums Grévy, also seit Anfang Februar vorigen Jahres, vorgestanden hat. General Greslay, ein persönlicher Freund des Marschall Mac Mahon, war 1870 zuerst Generalstabs-Chef bei der Kavallerie-Division des von letzterem kommandirten Corps, demnächst als Brigade-General Chef des Stabes beim Corps Lebrun, nach Rückkehr aus deutscher Gefangenschaft zwei Jahre Brigade - General, dann wieder Generalstabs - Chef des 7. Armee-Corps und von 1874 ab Chef des Generalstabes im Kriegsministerium, in welcher letzteren Stellung er mit der kurzen Unterbrechung des Ministeriums Rochebouet*) bis zu seiner Ernennung zum Kriegsminister, Anfang 1879, verblieb. Er war also durch seine frühere Thätigkeit für den Ministerposten wohl vorbereitet und hat sich trotz des geringen, ihm von der Kammermajorität entgegen gebrachten Vertrauens ein Jahr lang auf seinem Posten behauptet. Der Ende 1879 erfolgte Wechsel im Kabinett setzte General Farre, bisher kommandirender General des 14. Armee-Corps, an die Spitze des Kriegs-Ministeriums. In dieser von Gambetta entschieden bevorzugten Persönlichkeit hat die Armee einen Mann von ausgesprochen republikanischer Färbung als Chef ihrer Verwaltung gewonnen.

Als Chef des Stabes fungirte unter dem Ministerium Greslay der General Davout duc d'Auerstädt, eine in der französischen Armee sehr bekannte Persönlichkeit, Verfasser der nach dem Feldzuge erschienenen Schrift „Un projet de réorganisation militaire"; als souschef war der Brigade General Fay angestellt.

Unser Rückblick wird sich wie der der Vorjahre zu beschäftigen

haben:

I. mit der militairischen Gesetzgebung des Jahres 1879; II. mit der auf Organisation und Ausbildung gerichteten Thätigkeit des Kriegsministers.

*) Dezember 1878-Januar 1879.

I. Die militärische Gesetzgebung des Jahres 1879. Das Pensionsgesetz für die Unteroffiziere, Corporale und Soldaten der französischen Landarmee

vom 10. August 1879.

Durch das Pensionsgesetz für die Offiziere der französischen Landarmee vom 22. Juni 1878*) und das Gesetz über die Erhöhung der Pensionssätze für Witwen und Waisen der Militairs des Landheeres und der Marine vom 20. Juni desselben Jahres hatte die französische Regierung die bedrängte Lage der älteren Offiziere in einer den schwierigen Zeitverhältnissen einigermassen entsprechenden Weise verbessert und blieb nun noch für das Jahr 1879 die Regelung dieser Frage für den Unteroffiziersstand vorbehalten. Im Verein mit dem seiner Zeit an dieser Stelle besprochenen Unteroffizier-Gesetz vom 22. Juni 1878 ist das vorliegende Pensionsgesetz bemüht, die materielle Lage der früheren Unteroffiziere zu bessern und so ein neues Anziehungsmittel für die Unteroffizier - Laufbahn zu bieten. Die Liberalität der Volksvertretung bei Geldbewilligungen für die Armee hat auch diesmal zur Folge gehabt, dafs die Vorschläge der Regierung zu Gunsten der betheiligten Klassen weit überschritten wurden, und dafs nunmehr in grofsmütigster Weise für die Zukunft der Unteroffiziere, bezw. deren Witwen und Waisen gesorgt ist.

Es galt hierbei, Interessen verschiedenster Art zu berücksichtigen, da die jetzigen Unteroffiziere sämmtlich unter den verschiedensten Bedingungen kapituliert hatten und vor allem auch die Gendarmerie eine besondere Berücksichtigung erfahren sollte. Die materielle Lage der Pensionäre dieser Elitetruppe Frankreichs bedurfte dringend einer Verbesserung. Nachdem eine solche durch das Gesetz vom 10. August in reichlichster Weise herbeigeführt worden, steht zu hoffen, dafs in Zukunft der Gendarmerie wieder geeignete Elemente werden zugeführt werden können.

Die Kernpunkte des Unteroffizier-Pensionsgesetzes sind folgende: Eine Alterspension (pension pour ancienneté de service), welche ein Minimum und ein Maximum umfafst, wird auf Grund 25 jähriger (Minimum) bezw. 45 jähriger (Maximum) Dienstzeit erworben, eine verhältnifsmässige Pension (pension proportionelle) bereits nach 15jähriger Dienstzeit. Neben der Dauer der Dienstzeit begründen auch Verwundung und Krankheit den Pensionsanspruch. Die vor Erlafs des Wehrgesetzes vom 27. Juli 1872 angestellten Unteroffiziere und

*) Vergl. Jahrbücher für die Armee und Marine 1879 Bd. XXX und XXXI.

Soldaten erwerben nach 25 jähriger Dienstzeit ebenfalls einen Anspruch auf die pension d'ancienneté, im übrigen nur solche, welche auf Grund des Cadresgesetzes vom 13. März 1875 und des Ergänzungsgesetzes vom 15. Dezember desselben Jahres im Heere angestellt gewesen sind. Der Anspruch auf die pension proportionelle steht gleicherweise den auf Grund des Unteroffiziergesetzes vom 22. Juni 1878 rengagirten Unteroffizieren, als auch den in Gemäfsheit des Wehrgesetzes und des Gesetzes vom 10. Juli 1874 Angestellten, sofern sie die Altersgrenze von 35 Jahren nicht überschritten haben, zur Seite, sowie endlich den in Gemäfsheit des Cadresgesetzes Rengagirten, welche mindestens 15, und nicht über 25 Jahre gedient haben. Hierbei zählen die 6 Monate, welche der Unteroffizier gesetzlich behufs Erwerbung einer Civilstelle beurlaubt werden kann, als pensionsfähige Dienstzeit. Das Minimum der pension proportionelle ist neben dem Einkommen der später erworbenen Civilstelle zahlbar. (Art. 1—4.)

Die pension pour ancienneté de service steigt vom 25. bis zum 45. Dienstjahr jährlich um das Zwanzigstel der Differenz zwischen Minimum und Maximum, und wird jeder Feldzug als besonderes Dienstjahr gerechnet. Im Vergleich zu dem früheren Pensionsgesetz vom Jahre 1855 und 1833 ist die Alterspension in jeder Charge um 135 Francs (anstatt 116, wie die Regierung beantragt hatte) erhöht worden.

Die nach 15 jähriger Dienstzeit erworbene pension proportionelle steigt mit jedem ferneren Dienstjahr, sowie mit jedem Feldzuge um 1/10 der Differenz zwischen dem Minimum der pension proportionelle und dem Minimum der pension d'ancienneté. Wenn aber durch Zurechnung der Kriegsjahre eine Summe von mehr als 25 Dienstjahren erreicht wird, so steigt die Pension in gleicher Weise wie die Alterspension, also um ein Zwanzigstel der mehrerwähnten Differenz zwischen Minimum und Maximum.

Eine Einschränkung dieser Bestimmungen findet für die auf Grund des Wehrgesetzes und des Gesetzes vom 18. Juli 1874 eingetretenen Unteroffiziere in dem Falle statt, dafs sie die Altersgrenze von 35 Jahren erreicht haben, ohne dafs ihnen die 15 jährige Dienstzeit zur Seite steht. Es wird alsdann für jedes fehlende Jahr 1/15 der Minimal-Pension in Abrechnung gebracht. Der durch die Gesetze vom Jahre 1831 und 1861 zugebilligte Pensionszuwachs für diejenigen Fälle, in welchen der Pensionär 12 Jahre die betreffende Charge bekleidet hat, wird ausdrücklich beibehalten. Für die durch Verwundung und Krankheit erworbenen Pensionsansprüche behalten die früheren Bestimmungen Geltung. (Art. 5—9.)

Jahrbücher f. d. Deutsche Armee u. Marine. Band XXXIV.

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