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XIX.

Die französische Expedition nach Egypten

(1798–1801).

Von

Spiridion Gopčević.

Erster Abschnitt.

Einleitendes.

Die nachstehende Schilderung der in jeder Beziehung hochinteressanten französischen Expedition nach Egypten basirt in ihren Grundzügen auf dem ungedruckten Manuscripte eines französischen Stabsoffiziers, welcher den ganzen Kriegszug von Anfang bis zum Ende in allen seinen Phasen mitmachte und sich durch ebenso scharfe wie unparteiische Beobachtung auszeichnet. Seine Angaben wurden mit Hilfe der Dokumente der „Correspondance de Napoléon" geprüft und ergänzt, gleichzeitig auch mit der officiellen in den Commentaires de Napoléon" erschienenen Beschreibung und den Mittheilungen Marmont's (aus dessen „Mémoires") sorgfältig verglichen. Auch Thiers' „Histoire de la Révolution française" und sein „Consulat et Empire" wurden behufs strenger Kontrolle geprüft; ebenso ein anonymes englisches Werk aus dem Jahre 1815 und die officiellen englischen Rapporte.

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Ich glaube annehmen zu dürfen, dafs die scharfe Confrontirung so verschiedener Quellen der einzelnen Parteien es mir ermöglicht hat, eine Schilderung zu liefern, welche an Korrektheit und Objektivität alle bisher darüber veröffentlichten übertrifft. Ich werde

Jahrbücher f. d. Deutsche Armee u. Marine. Band XXXIV.

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auch nicht ermangeln, die ungeheuerlichen Irrthümer und Fälschungen der Französischen Werke an den betreffenden Stellen einer scharfen Kritik zu unterziehen.

Vorbereitungen zur Expedition.

Der französische Zug nach Egypten nimmt in der Kriegsgeschichte einen hervorragenden Rang ein. Kaum ein anderes Ereignis bietet eine ähnliche Reihe so romantischer, militairisch und politisch eigentümlicher und interessanter Episoden. Die kühne, von unglaublichem Glücke begünstigte Ueberfahrt, die Eroberung ganz Egyptens, die Niederwerfung der wiederholten Aufstände, der Zug nach Syrien, die Kämpfe gegen die Türkischen und Englischen Armeen, die Seeschlacht von Abukir u. s. w. sind Ereignisse, welche geeignet sind, die Aufmerksamkeit der Militairs im hohen Grade zu fesseln.

Von wem der erste Gedanke zu dieser Expedition ausging, dürfte schwer festzustellen sein. Thiers und Marmont bezeichnen Bonaparte als den Urheber dieser Idee; dagegen will mein Gewährsmann wissen, dafs der französische Consul von Alexandria, Mr. Magallon, die Directoren durch seine Berichte auf den Gedanken gebracht, Egypten zur französischen Kolonie zu machen. Die Directoren hätten sich mit Bonaparte darüber beraten, welcher anfangs mit Eifer darauf einging und sogar von einer weiteren Expedition nach Ostindien sprach, dann aber die Ausführung derselben zu hintertreiben suchte, als er Verdacht schöpfte, man wolle ihn auf gute Weise aus Frankreich entfernen. Er habe daher lange mit seiner Abreise gezögert und auch dem immer dringender werdenden Directorium sogar mit seiner Demission gedroht. Da aber La Réveillière-Lepeaux eine Feder nahm und sie dem General reichte, sagend: „Es steht bei Ihnen, zu unterzeichnen!" gab Bonaparte nach, doch machte er später seinem Zorne Luft, indem er sich gegen einen Freund äufserte: „Die Birne ist noch nicht reif; wir werden aber schon zur rechten Zeit zurückkommen." Diesen Vorfall bestätigt auch Thiers.

Wie dem auch sei, die Thatsache läfst sich nicht bestreiten, dafs die Idee trefflich und für Frankreich sehr vortheilhaft war. Im Besitze Maltas, Egyptens, Syriens und der Jonischen Inseln hätte Frankreich das Mittelmeer beherrscht. Damals war die französische Seemacht noch nicht so zu Grunde gerichtet, wie in der Folge.

Es mufs anerkannt werden, dafs Bonaparte sich der Rüstungen

sehr eifrig annahm, nachdem er einmal mit der Expedition einverstanden. Der vierte Band der „Correspondance de Napoléon" beginnt mit einem Exposé des Generals über die Ausrüstung einer egyptischen Expedition. Es wurde vom Directorium angenommen und mit einigen Aenderungen auch vollständig durchgeführt. Bonaparte verlangte 13 complete Halb-Brigaden Infanterie, 7 KavallerieRegimenter, 11 Fufs- und 5 reitende Artillerie - Compagnien mit 60 Feld- und 40 Belagerungsgeschützen und 12 Compagnien technische Truppen.

Am 12. April 1798 (23. Germinal VI.) verfügte die Regierung: 1. Eine Armee des Orients soll gebildet werden, deren Kommando General Bonaparte übernehmen wird.

2. Derselbe wird Egypten erobern und alle ihm erreichbaren englischen Niederlassungen im Orient zerstören, besonders jene am rothen Meer.

3. Er wird den Isthmus von Suez durchstechen lassen. (!)

4. Er wird das Los der Eingeborenen nach Möglichkeit verbessern.

5. Er wird, soweit dies durchführbar, mit dem Sultan und dessen türkischen Unterthanen auf gutem Fufse bleiben.

6. Er wird Malta den Johannitern wegnehmen.

7. Es bleibt jedoch seinem Ermessen überlassen, von der Occupation Maltas abzustehen, falls er selbe inopportun erachten sollte.

In Folge dessen wurden die Rüstungen mit verdoppeltem Eifer fortgesetzt. In Toulon, Marseille, Genua, Civitavecchia und Ajaccio wurden die Geschwader ausgerüstet und die Truppen zusammengezogen. Letztere wurden vollzählig gemacht und sogar die 11. und 12. leichte Halb-Brigade aufgelöst, um unter 6 Halb-Brigaden der Expeditions-Armee vertheilt zu werden. Desgleichen theilte man die Eclaireurs der 23. leichten Halb-Brigade unter die 2. leichte.

Bonaparte in seiner Eigenschaft als „Obergeneral der Armee des Orients" war Höchstkommandierender aller französischen Streitkräfte zu Wasser und zu Land, vom Ligurischen Meere bis an den äuszersten Orient. Unter seinen Befehlen standen auch sämmtliche Gesandte und Consuln dieser Machtsphäre. Bei SO unumschränkter Gewalt ist es selbstverständlich, dafs man ihm auch die Wahl der Männer überlassen hatte, welche er mit sich nehmen wollte. Natürlich nahm er sich zunächst seine Freunde von der italienischen Armee, denen sich auch einige Ehrgeizige der Rheinarmee anschlossen. Unter Bonaparte's Freunden befand sich auch der Ge

lehrte Monge, welcher, in das Geheimnis eingeweiht, mit dem Vorschlage herausrückte, das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden und der Armee eine Anzahl Gelehrter mitzugeben, welche Egypten erforschen sollten. Das Directorium ging darauf ein, bestimmte Berthollet zu Monge's Gefährten und beide trafen dann unter ihren gelehrten Collegen eine grofse Auswahl.

Am 4. Mai reiste endlich Bonaparte von Paris ab, kam am 9. in Toulon an und erliefs jene berühmte Proclamation, welche mit den Worten beginnt: „Soldaten! Ihr seid ein Flügel der Armee von England!"

Stärke der Expedition.

In den officiellen „Commentaires" fand ich folgende Tabelle der französischen Armada:

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Diese Tabelle ist unrichtig und offenbar absichtlich gefälscht, denn eine genaue Durchsicht der „Correspondance de Napoléon“ zeigt:

1. dafs in Marseille nicht 60, sondern 300 Pferde eingeschifft wurden (siehe Nr. 2566 der „Correspondance");

2. dafs der Convoi von Civitavecchia nicht zwei, sondern 7-9 Kriegsschiffe enthielt, da in Nr. 2529 der Befehl ertheilt wird, mit der dem Papste genommenen Flottille (1 Fregatte, 2 Briggs, 2 Avisos, 2 Galeeren) und womöglich noch 2 Briggs zur Armada zu stofsen;

3. dafs in Corsica die 4. und 19. Halb-Brigade vollzählig eingeschifft wurden (Nr. 2569), welche zusammen nicht 1200, sondern 4200 Mann stark waren;

4. sei erwähnt, dafs Marmont die Zahl der eingeschifften Pferde nicht mit 680, sondern mit 1008 normirt;

5. ist zu bemerken, dass Thiers die Stärke der Armee mit 40 000 Mann bezeichnet, während auch mein Gewährsmann und Napoleon selbst in einem Briefe von 36 000 Mann sprechen, die in Egypten gelandet;

6. fehlen in den „Commentaires" unter den eingeschifften HalbBrigaden die Nummern 7, 6, 13 und 41 und statt der 75. ist die 71. genannt;

7. mufs der Convoi von Genua mehr als 35 Transportschiffe gezählt haben, da in der „Correspondance" erwähnt ist, dafs die Division Baraguay 66 Schiffe besafs und 6000 (nicht 3100) Mann stark war.

Diese Proben genügen hoffentlich, um den Werth der officiellen Geschichtsschreibung zu kennzeichnen. Ich gebe statt dessen eine Ordre de bataille, welche ich selbst nach dem sorgfältigsten Studium zusammengestellt.

Landmacht.

Géneral en chef: Napoléon Buonaparte.
Commissaire ordinnateur en chef: Sucy.

Chef des Generalstabes: Divisions-General Alexandre Berthier.
Chef der Artillerie: Brigade-General Dommartin.

Divisions - Generale: Jean Kleber; Louis Desaix; Jaques Menou; Louis Baraguay d'Hilliers; Jean L. E. Reynier; Vaubois; Bon; Dugua; Dumuy.

Brigade - Generale: Jean Lannes; Louis Davoût; Joachim Murat; Belliard; Friant; Rampon; Leclerc; Lanusse; Andréossy; Verdier; Damas; Dumas; Fugières; Mireur; Vial; Veaux; Zajonschek.

Chef des Genie-Corps: Brigade - General Louis Caffarelli du Falga.

General-Kriegs-Zahlmeister: Estève.

Dirigirender Ober-Feldarzt: Desgenettes.
Dirigirender Ober-Feldchirurg: Larrey.

Dirigirender Ober-Feld-Apotheker: Bondet.

(Unter den Obersten verdienen Erwähnung: die späteren Marschälle August Marmont; Andoche Junot; François Lefebvre; Jean Bessières und der spätere General Delzons.)

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