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BX4705
D27S4

Copyright 1926
by Ernst Reinhardt Verlag

München

VORWORT az

→ Meikle DLZ 1928 Gaft 28

Vorliegendes Buch bildet unbeschadet seiner vollen inhaltlichen Selbständigkeit und Abgeschlossenheit eine Art Gegenstück und Ergänzung zu dem 1924 veröffentlichten Savonarolawerke des Verfassers. Mehr als drei Jahrzehnte hindurch stand der Camaldulensergeneral Peter Delfin an der Spitze eines zwar nicht führenden und in der ganzen Kirche verbreiteten, immerhin aber alten und angesehenen Ordens. Erschüttert von den schweren Schäden, welche diesen an den Rand des Abgrundes drängten, und von heißer Sehnsucht nach Erneuerung seiner Ordensfamilie wie der Gesamtkirche beseelt, widmete er seine lange Tätigkeit als Ordenshaupt der von ihm als unumgänglich notwendig und unaufschiebbar erkannten Reform. Schulter an Schulter mit ihm verfolgte als Prior von S. Marco in Florenz Hieronymus Savonarola fast acht Jahre lang das hehre Ziel einer religiösen Wiedergeburt des christlichen Abendlandes. Wie schon damals, so herrscht vielfach noch heute die Anschauung, hauptsächlich die hartnäckige Widersetzlichkeit des ungestümen Dominikaners gegen Alexander VI. sei es gewesen, die seine an sich so wohlgemeinten und berechtigten Reformpläne zum Scheitern brachte. Hätte er sich, so meinten und meinen viele, im Rahmen des schuldigen kirchlichen Gehorsams gehalten, so wäre seiner begeisterten Predigt der gottgesegnete Erfolg gewiß nicht versagt geblieben. Da war doch Peter Delfin ein ganz anderer Mann! Ihm fiel es bei seiner rückhaltlosen Unterwürfigkeit unter den Römischen Stuhl gar nicht schwer, selbst in einem Roderich Borja den,,Christus des Herrn", ja den „Heiligen“ zu verehren. Zeitlebens bewährte er sich als gehorsamster Sohn des Nachfolgers Petri und verabscheute jeden Widerstand gegen ihn als fluchwürdigen Greuel, weshalb er denn schließlich den Oberen von S. Marco in einer leidenschaftlichen Schmähschrift als frevlen Empörer gegen die schrankenlose Gewalt des römischen Bischofs brandmarkte. So

brachte der Camaldulensergeneral eben die Voraussetzung mit, welche nach beliebter Ansicht die unerläßliche Vorbedingung fruchtbarer Reformarbeit bildet. Was erreichte denn er? Seine Ordensreform endete mit seiner kläglichen Absetzung. In der Kirchenreform hatte er zuletzt noch die höchsten Erwartungen auf Hadrian VI. gesetzt. Als er auch sie durch den frühen Tod des deutschen Papstes vereitelt sah, begrub er seine Reformgedanken für immer, und nur mehr die eine Stimmung weht uns fortan aus seinen Briefen entgegen: Laßt alle Hoffnung fahren!

Wer dann etwa an der Hand gegenwärtiger Blätter die Überzeugung gewinnen sollte, Delfin habe eben trotz besten Willens der tiefen Einsicht, des weiten Blickes und der zähen Tatkraft ermangelt, wie sie zu einem so schwierigen Unternehmen durchaus erforderlich waren, der stößt in Delfins Landsleuten und Ordensgenossen Peter Quirin und Paul Justinian auf Reformfreunde, welche gerade die ihrem Oberen abgehenden Eigenschaften in reichem Maße besaßen. Sie durften dem ihnen aufrichtig gewogenen Leo X. gleich nach seiner Erhebung einen bisher fast ganz unbeachtet gebliebenen, großartig angelegten Reformentwurf überreichen, welcher in manchen Stücken, so besonders in seinem warmen Eintreten für den Gebrauch der Muttersprache im Gottesdienste ganz modern anmutet, ja in seinem Antrage auf Zusammenfassung des gültigen Rechtsstoffes und Ausmerzung alles Veralteten und Überflüssigen den Codex Juris Canonici Pius' X. vorwegnimmt. Mit Peter Delfin wetteiferten die beiden Einsiedler in grenzenloser Ergebenheit für den Hl. Stuhl; mit ihm waren sie eins in der Verdammung des widerspenstigen Ferraresen. Wenn jemand, so schienen sie sich die reichsten Erfolge zum Heile der Kirche versprechen zu dürfen. Was erreichten denn sie? Blieb es schon fraglich, ob der Papst ihre langatmige Abhandlung je auch nur gelesen habe, so bereitete er all ihren Absichten, Aussichten und kühnen Plänen mit dem Bestreben seiner mediceischen Verwandten in Florenz ein jähes Ende, die dem Römischen Stuhle unheimliche Predigt von der Notwendigkeit einer Kirchenreform nachgerade als Ketzerei zu verdammen. Jedenfalls lehrte das Beispiel Delfins und seiner beiden Genossen, daß in selbstverleugnender Hingebung an Rom das Allheilmittel gegen die Schäden der Kirche nicht lag. Aber wo lag es dann? Dann blieben, sollte diese nicht

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in ihrem giftigen Eiter ersticken, doch nur die Wege über, welche Savonarola und Luther verkörperten, Reform oder Reformation. Von einer Reform wollte das Papsttum, der Galgen in Florenz bewies es, nichts hören. So kam die Reformation.

Die Heftigkeit, mit welcher die Medici, denen Delfin und Justinian ihre Waffen liehen, das Andenken des Frate und seine Gemeinde verfolgten und mit Stumpf und Stiel auszurotten trachteten, hatte zur Folge, daß die eifrigsten unter seinen Getreuen, immer wieder bedroht und gereizt, schließlich alle Rücksicht beiseite setzten und mit dem schwersten Geschütze anrückten, indem sie die furchtbarsten Anklagen wider den Papst schleuderten, welcher einst ihren Meister dem Stricke überantwortet hatte. Je schrecklicher diese Beschuldigungen waren, desto mehr galt es, zu ihnen Stellung zu nehmen und sie einer näheren Beleuchtung und Prüfung zu unterziehen. So erwuchs das Schlußkapitel dieses Werkes: „Zum Leben und Sterben Alexanders VI."

Gelegentlich seiner vieljährigen gründlichen Forschungen über die Geschichte der Borja und Sforza in den Archiven zu Florenz, Modena, Mailand und Venedig stieß Dr. P a ul Lichtenstein auf die Schmähschrift Delfins gegen Savonarola, welche im Anhange samt nicht wenigen Briefen des ersteren an und über den letzteren zum ersten Male durch den Druck veröffentlicht wird. Für die außerordentliche Liebenswürdigkeit, meine Aufmerksamkeit auf sie zu lenken, sei ihm auch an dieser Stelle herzlichster Dank gesagt!

München, 12. Dezember 1925.

J. Schnitzer.

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