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licher Schmach bedeckte". Die eigentliche Reformarbeit erwartete Delfin von den Generalkapiteln, auf welche er alle seine Hoffnung setzte. Von ihnen ging die Reform schließlich auch aus, allerdings in ganz anderem Sinne, als er sich dachte.

B. DIE FLORENTINISCHEN STÜRME.

Gleich nach seiner Wahl begab sich Delfin mitten im Winter nach Arezzo, um sich vom Oberhirten des Sprengels, in welchem Camaldoli lag, die kirchliche Einsegnung erteilen zu lassen. Die heilige Handlung fand am Sonntage, 15. März 1481, im Dome statt und wurde vom Bischofe Gentile Becchi aus Urbino vollzogen, einem humanistisch feingebildeten Manne, dem Lehrer Lorenzo Magnificos und Freunde Polizians1. Sofort eilte Delfin nach Florenz, um der Signorie und ihrem Gebieter Lorenzo de' Medici seine Aufwartung zu machen; von beiden erhielt er viel schöne Worte wie wenig ernst sie gemeint waren, ward er bald inne. Es war ein übles Vorzeichen, daß der Beginn seines Generalats mit dem leichenschänderischen Diebstahle zusammenfiel, welcher an den Gebeinen des hl. Romuald verübt wurde. Zwei Mönche des Klosters Valdicastro, wo der Heilige beigesetzt war, erbrachen bei Nachtzeit das Grab, schnitten den Leichnam in Stücke, steckten diese in einen Sack und ergriffen die Flucht, nicht ohne auch die kostbarsten Silbergeräte mit auf den Weg zu nehmen. Der Frevel wurde freilich schon bald entdeckt, worauf die Gebeine nicht mehr nach Valdicastro zurückgebracht, sondern der größeren Sicherheit halber im Nachbarstädtchen Fabriano in einem kostbaren Schreine geborgen wurden3. Delfin hielt sich über den Verlust des Leibes Romualds um so mehr auf, je weniger er sich verhehlte, daß der Geist des Heiligen aus dem Orden ohnehin längst entwichen war. Nirgends zeigte sich dies deutlicher als in Florenz, wo der Orden einst in so hoher Blüte stand. In S. Benedikt wie im Camaldoli sah es so übel aus, daß Delfin, als all sein Warnen und Rügen an den Schuldigen wirkungslos abprallte, den Kardinalprotektor um sein Eingreifen ersuchte, da er sich nicht mehr anders zu helfen wußte'. Vergeblich suchte er im Camaldoli Besserung

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Aus Mittarelli-Costadoni, Annales Camaldulenses, T. VIII. Venetiis 1764

durch Einsetzung eines neuen Priors zu erzielen; dieser wurde durch Bewaffnete aus dem Kloster gejagt, was den General neuerdings zwang, beim Kardinale um kirchlichen Schutz gegen Leute nachzusuchen, welche nicht einmal mehr an einen Gott glaubten und es lediglich auf gänzliche Ausplünderung des Klosters abgesehen hatten". Und dasselbe Los wie den Prior des Camaldolis ereilte den Abt Peter de Porticu von S. Michael in Arezzo, welcher von 40 Bewaffneten vertrieben wurde, ohne Hoffnung, auf seinen Posten zurückzukehren; denn die Vertreibung war das Werk Lorenzo Magnificos, welcher die Abtei seinem achtjährigen Söhnchen Johannes zugedacht hatte (1483).

Am schlimmsten stand es jedoch im Engelkloster. Ehedem die Stätte aller Tugenden und Künste, war es, wie wir schon sahen, unter dem zerstörenden Einflusse des Humanismus tiefer und tiefer gesunken. Schon Calixt III. mußte eine Reform anordnen (1455), Pius II. desgleichen (1460), da sich das Kloster der Leitung seiner Oberen zu entziehen trachte und von der Höhe seiner früheren Zucht weit herabgestürzt sei'. Der Ordensgeneral Mariotto gedachte eine Besserung in der Weise herbeizuführen, daß er den frommen Abt Maffeo Gerardi von S. Michael mit der Leitung des Hauses betraute, ein Plan, welcher sich jedoch am entschiedenen Widerspruche der Mönche von S. Michael gegen die Versetzung ihres Abtes zerschlug. Ein vollwertiger Ersatz schien in Leonhard Bruni aus Arezzo gewonnen zu sein, einem eifrigen Liebhaber der Observanz, welcher zuerst Regularkanoniker, sodann Einsiedler in Camaldoli gewesen und zuletzt zum Prior des Engelklosters gewählt worden war (1476). Da dieses fast ganz entvölkert war, so sah er sich genötigt, Sixtus IV. um Erlaubnis zu bitten, zehn Mönche aus anderen Orden aufzunehmen und mit dem Rocke des hl. Romuald zu bekleiden. Der Erfolg ließ sich denken, die Unordnung ward immer größer, zumal da sich der Prior zum gefügigen Werkzeug seiner habgierigen Verwandten mißbrauchen ließ, welche das Kloster in schamlosester Weise ausplünderten. Da die Bürgerschaft hierüber zu murren begann, so durfte Delfin nicht länger mehr säumen, nach dem Rechten zu sehen. Er war in größter Verlegenheit. Denn schritt er ein, so stach er in ein Wespennest und brachte Brunis ganze vornehme Sippe, zu welcher auch der Kanzler Bartholomäus Scala gehörte, gegen sich auf;

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sah er aber untätig zu, so wurde das Kloster die Beute seiner gewissenlosen Bedrücker. Da er selbst zu keinem Entschlusse kam, so überließ er die Entscheidung dem Protektor, von welchem er ein Breve mit Reformvollmacht erhielt. Er begab sich nun zu den Engeln, las ihnen das Reformbreve vor und sprach die Absetzung über den Prior Bruni aus, da er die ganze wertvolle Hauseinrichtung verschleudert, eine Schuldenlast von 3500 Gulden angehäuft und sogar die unbeweglichen Güter veräußert habe1o. Bruni, überrascht und bestürzt, legte Berufung zum Hl. Stuhle ein, welcher die Entscheidung einem Schiedsgerichte überwies, vor dem sich auch der General zu stellen und zu verantworten habe". Delfin erschrak. Er erkannte, woher der Wind wehe, und sah ein, daß der Handel ohne Hilfe Lorenzos bei seiner nahen Beziehung zu Innozenz VIII. nicht zu gewinnen sei. So warf er sich dem Medici de- und wehmütig zu Füßen und beschwor ihn flehentlich um seinen Beistand, da ja doch er der Haupturheber und Anstifter der Reform des Engelklosters gewesen sei13. ,,O gütigster Lorenzo," schmeichelte er13,,,im Schatten Deines Schutzes wandelte ich bisher, und ganz besonders im Vertrauen auf Deine Unterstützung und Hilfe übernahm ich die Leitung des Camaldulenserordens. Alles, was ich im Einvernehmen mit Dir unternahm, ging mir ganz nach Wunsch vonstatten. Immer hing ich vollständig von Dir ab". Laß mich doch auch jetzt nicht im Stiche!" In der Tat war Delfins Lage schwierig, da sich einer der beiden päpstlichen Schiedsrichter zugunsten Brunis ausgesprochen und seine Absetzung für nichtig erklärt hatte, und dieser zögerte denn auch nicht, seine Ansprüche in die Tat umzusetzen; er konnte es unbesorgt tun, denn er hatte den Herrn der Stadt, Lorenzo, auf seiner Seite. Am Weißen Sonntage 1486 in aller Frühe, während die Brüder nach dem nächtlichen Chordienste der Ruhe pflegten, Delfin aber schreibend in seiner Zelle saß, wurden die Klosterpforten gewaltsam erbrochen und eine Schar Bewaffneter drang unter Führung des Kanonikus Julian Tornabuoni, eines Verwandten Brunis, in das Zimmer des Generals und zwang ihn mit gezückten Schwertern, aus dem Engelkloster augenblicklich zu weichen15. Mit Erlaubnis der Signorie gleichwohl dahin zurückgekehrt, ward Delfin von Brunis Leuten aufs neue hinausgeworfen, und entwich nun, froh, mit heiler Haut entronnen zu sein, eilig nach Fontebuona1. Er hatte, da

Lorenzo offen zu Bruni hielt1, nur mehr eine letzte und einzige Hoffnung, Piccolomini, seinen Protektor. Ihn beschwor er nunmehr, sich das Engelkloster wenigstens auf einige Zeit als Commende übertragen zu lassen, um es hierdurch dem gierigen Rachen der Gegner zu entreißen18.

Weitaus der gefährlichste unter diesen, viel gefährlicher noch als Leonhard Bruni, war der Zisterzienser Guido vom Kloster Settimo bei Florenz, der Beichtvater und erklärte Günstling und Liebling Lorenzos. Guido empfand es schmerzlich, daß sein Orden in Florenz selbst kein Kloster hatte, und trachtete nach einer Gelegenheit, ihm ein solches zu verschaffen; so kamen ihm die Schwierigkeiten des Engelklosters wie gerufen. Es galt lediglich, Lorenzo für den Plan zu gewinnen; mit ihm war dann alles gewonnen. So stellte er seinem erlauchten Gönner vor, die Camaldulenser würden niemals imstande sein, das Engelkloster mit gebildeten Leuten, wie es seine leuchtende Vergangenheit unter Ambros Traversari erheischte, zu besetzen, noch die ihm von Bruni angehängten Schulden zu begleichen. Es wäre also das beste, sie ließen ihre Ansprüche auf das Engelkloster ganz fallen und tauschten es gegen ein Zisterzienserkloster ein, zumal da sie ja ohnehin noch drei andere Häuser in der Stadt hätten. Da Guido wohl wußte, daß gerade die Bezahlung der auf dem Engelkloster lastenden Schulden dem Generale in seiner finanziellen Bedrängnis am schwersten falle, so riet er, um den Druck zu verstärken, möglichst baldige Bezahlung von ihm zu fordern, und um ihn ins unerträgliche zu steigern, sorgte er dafür, daß der General zur selben Zeit, in welcher er wegen des Engelklosters in peinlicher Geldverlegenheit schwebte, vom Steuerschrauben aufs allerkräftigste erfaßt wurde". Lorenzo ging auf die schlauen Pläne seines ränkevollen Beichtvaters verständnisvoll ein. Schon zu Beginn der Mißhelligkeiten mit Leonhard Bruni ließ er dem Generale sagen, er glaube nicht, daß die Camaldulenser bei ihrem Mangel an Leuten zur Reform des Engelklosters imstande seien, weshalb er wünsche, ein anderer Orden möge den Bedürfnissen dieses Hauses genügen. Delfin war aufs peinlichste berührt, er meinte, der Schlag treffe ihn20, beruhigte sich aber wieder, da Lorenzo auf den heiklen Punkt zunächst nicht mehr zurückkam. Um so schmerzlicher war seine Überraschung, als der Medici im März 1486 das unverblümte Ansinnen an ihn stellte, das Engel

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