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STELLVERTRETER DES ABTES

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Heiligkeit nach hervorragendsten Orden pries, welcher allerdings in letzter Zeit schwere Einbußen erlitten und eine Reform dringend vonnöten habe.

Delfin redete für den Orden, Abt Donato handelte. Der Kardinal Philipp Calandrino von Bologna, Bruder Nikolaus' V., hatte die Abtei St. Apollinare in Classe, welcher das alte S. Severo einverleibt war, in Commende und war geneigt, sie gegen eine jährliche Pension anderweitig zu vergeben. Es fehlte nicht an Bewerbern mit verlockendem Angebote, so daß die ernste Gefahr eines Verlustes der altehrwürdigen Stätte auf unabsehbare Zeit drohte". Abt Donato begab sich 1474 nach Rom, um diese Gefahr abzuwenden und das bedrohte Kloster für den Orden und die Kongregation von Venedig zu retten. Die Verhandlungen zogen sich in die Länge, fast ein halbes Jahr mußte Donato unter großen Kosten in der Ewigen Stadt verweilen, brachte es dann aber doch glücklich dahin, daß der Kardinal die Abtei gegen eine jährliche Pension von 500 Dukaten, für welche das Kloster S. Michael gutstand, an die Kongregation mit der Bestimmung abtrat, sie dürfe nur mehr Äbte auf drei Jahre erhalten und nie mehr als Commende verliehen werden29"; zur Zeit freilich war sie so sehr herabgekommen, daß sie weder Abt noch Konvent mehr besaß. Für die Dauer der Abwesenheit Donatos in Rom war Delfin von ihm zu seinem Stellvertreter eingesetzt worden, nicht nur die ganze Klosterverwaltung, sondern auch die Sorge um den rüstig voranschreitenden Kirchenbau ruhte somit nunmehr auf seinen Schultern. In den zahlreichen Briefen, in welchen er den fernen Oberen über die großen und kleinen Vorfälle in S. Michael auf dem laufenden erhielt, stöhnte er über seine schwere, fast unerträgliche Last.,,Vom Klopfen der Hämmer", klagte er ihm3, habe ich beinahe schon das Gehör verloren; wohin ich mich wende, überall stoße ich auf Holz, Stein, Mörtel und Ziegel." In die größte Verlegenheit sah er sich immer wieder durch den empfindlichen Mangel an Bargeld und Getreide zur Entlohnung und Verpflegung der Arbeitsleute, unter welchen sich auch florentinische Maler befanden", versetzt; flehentlich bat er den Abt um Abhilfe seiner drückenden Not". Dazu kam noch die Sorge um die Kranken und zu allem Überflusse noch der Schrecken ob der dämonischen Belästigungen, welchen die Klosterbewohner, Mönche wie Arbeiter, des Nachts ausgesetzt waren

Nach

stellungen, welche Delfin den unruhigen Seelen der im Laufe des letzten Jahres in der Klosterkirche bestatteten Laien zuschrieb, für welche er daher dreißig Messen darbringen ließ". Unter solchen Verhältnissen harrte er sehnsüchtig der Rückkehr des Abtes und konnte den Tag seiner Ankunft kaum erwarten, und nicht minder freuten sich auch die Brüder, wenn Nachrichten von Donato aus Rom einliefen,,,wie Vögelein, die noch nicht flügge sind, ihre um Nahrung ausgeflogene Mutter bei ihrer Rückkehr mit freudigem Gezwitscher umschwärmen und begrüßen3“. In allen Mühen und Nöten tröstete sich Delfin jedoch mit dem Hinblicke auf die Schönheit der neuen Kirche, welche ob ihres klassischen Stiles dem ganzen Orden zum Ruhme gereiche, sowie mit dem Gedanken an die glücklichen Erfolge, die dem Abte bei seinen römischen Verhandlungen beschieden waren.

Mit der Rückkehr des Abtes aus Rom brachen zwar für Delfin die so heiß ersehnten Tage beschaulicher Ruhe wieder an; sie waren jedoch nur von kurzer Dauer. Schon Ende 1478 oder anfangs 1479 sank der wackere Donato ins Grab, worauf Delfin einstimmig zu seinem Nachfolger erkoren ward und nun all die Sorgen und Lasten, unter welchen er während seiner Aushilfe für Donato so schwer geseufzt hatte, unter eigener Verantwortung tragen mußte. Die größten Verdrießlichkeiten erwuchsen ihm aus der Regelung der gänzlich zerfahrenen Verhältnisse von St. Apollinare. Wie schon bemerkt, hatte S. Michael die Bürgschaft für die regelmäßige Entrichtung der mit dem Kardinale von Bologna vereinbarten jährlichen Pension von 500 Dukaten übernommen; es war überdies verpflichtet, an die Apostolische Kammer zur Ablösung der ihr bei Erhebung eines neuen Abtes gebührenden Annaten die Hälfte der jährlichen Einkünfte sofort, die andere nach fünfzehn Jahren zu entrichten. Um diesen Verpflichtungen zu genügen, brauchte Delfin Geld, Geld und wieder Geld,,,an welchem alles Gesetz hängt und die Propheten3“. Da er es nicht so rasch aufzubringen und daher die ihm von der Apostolischen Kammer zur Einlösung seiner Schuld gesetzte Frist nicht einzuhalten imstande war, so vermochte er dem angedrohten Kirchenbanne, obschon er ihn,,wie einen lichterloh brennenden Scheiterhaufen“ fürchtete, nicht zu entrinnen". Durch Vermittlung seines Freundes, des Bischofs Barozzi von Belluno, welcher sich damals in eigener Sache zu Rom aufhielt, sowie des

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WAHL ZUM ORDENSGENERALE

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neuen Ordensprotektors Piccolomini kam ein Vergleich mit der Apostolischen Kammer zustande, wonach sich diese mit dem größeren Teile der ihr geschuldeten und inzwischen bezahlten Summe zufrieden gab und den Rest zur Restauration von Classe bestimmte; Delfin aber wurde am Weißen Sonntage, 9. April 1480, vom Kirchenbanne losgesprochen". Wenige Monate später starb der Ordensgeneral Hieronymus Griffoni (31. Okt. 1480); am 10. Dezember fand die Wahl seines Nachfolgers statt, bei welcher Delfin die Mehrheit der Stimmen erhielt. Der Tag stand, wie dieser später selbst bemerkte, unter keinem guten Stern; in der Früh brannte in der hl. Einsiedelei eine Zelle ab, ein düsterer Regenschauer ergoß sich von Morgen bis Abend.

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Ectypon urnae, in qua divi Romualdi abbatis ossa conduntur

Aus Mittarelli-Costadoni, Annales Camaldulenses, T. II. Venetiis 1756

III. DELFIN UND DER HUMANISMUS

Delfin hatte in seinem Schreiben an Donato unter den Verirrungen seiner Jugend als die größte seine allzu starke Hingabe an die alten heidnischen Schriftsteller beklagt. Seine Bekehrung im Kloster äußerte sich daher in einer nachher oft recht geflissentlich zur Schau getragenen Geringschätzung der humanistischen Studien wie aller weltlichen Wissenschaft. Zwar gab er einem Abte die Erlaubnis, in Perugia den Studien zu obliegen, ermahnte ihn aber zugleich', diese mit seinem späteren Berufe in Einklang zu bringen, eingedenk der Mahnung des Apostels: „Habet acht, daß euch niemand durch die Philosophie gefangennehme, durch leeren Trug, der sich auf menschliche Überlieferung, auf die Elementargeister der Welt und nicht auf Christus gründet“ (Kol. 2, 80). „Die Wissenschaft", schrieb er an einen Ordensbruder,,,bläht auf, die Liebe erbaut. Wenn Du fortfährst, dem Besten Deiner Brüder zu leben und die Sorge um Dein Kloster der literarischen Muse vorzuziehen, so wirst auch Du erbaut werden zum Tempel, heilig dem Herrn, zur Behausung Gottes im Hl. Geiste" (Eph. 2, 21). Die freien Künste unterrichten nicht zur Gerechtigkeit. Ein Christ, der in den Fußtapfen des Erlösers wandeln will, soll sich lieber den evangelischen und prophetischen, als den dichterischen und philosophischen Schriften widmen; denn während die letzteren voll Schmutz sind, sind die ersteren voll heiliger und heilsamer Lehren, welchen unschwer Altes und Neues zu entnehmen ist. Dürfte doch nicht leicht jemand so töricht sein, zu wähnen, man könne sich Tag für Tag inmitten schändlicher und schamloser Reden bewegen, ohne seine Tugend zu gefährden. Schlechte Reden verderben gute Sitten. Wenn sich dies nun schon für einen gewöhnlichen Christen nicht schickt, um soviel weniger für einen Ordensmann, dem sein Gelübde alle Possen streng verbietet! Mit Fesseln und Ketten ist er an die kirchlichen Studien geschmiedet;,,denn die Weisheit dieser

DIE CHRISTLICHEN STUDIEN

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Welt ist Torheit vor Gott" (1. Kor. 3, 19)*. Das Leben ist kurz, man darf es daher nicht mit eitlen Studien vertrödeln, mit dem Gedanken, einst im Alter nur mehr den heiligen zu obliegen. Ein Ordensmann, ein Priester, der schon auf Jahren ist, sollte die heidnischen Schriftsteller beiseite legen, um sich desto häufiger in die heiligen Bücher zu versenken. Was uns zu einem frommen Lebenswandel anleitet, was uns erbaut und zur Erkenntnis und Besserung unserer Sünden beiträgt, das müssen wir lesen. Die Musen lobe ich mir, rief er im Hinblicke auf das Gedicht eines jungen Mannes zum Preise der Gottesmutter aus, welche christliche Frömmigkeit, nicht aber Heidentum atmen. In hellen Tönen rühmte er das hehre Beispiel seines Landsmannes Paul Justinian, der beim Eintritte in die hl. Einsiedelei den heidnischen Büchern den Laufpaß gab, um sich nur mehr mit der Hl. Schrift und den lateinischen und griechischen Vätern zu befassen. Zum Dienste Gottes berufen, gedenke er des Apostelwortes: „,Keine böse Rede entschlüpfe eurem Munde!" (Eph. 4, 29). Eine böse Rede darf aber nicht mit Unrecht die genannt werden, welche nicht zur Gottesfurcht, zur Frömmigkeit, zum Glauben erbaut. Die Werke der Philosophen und Dichter, welche er zuvor so fleißig zu lesen pflegte, würdigt er nunmehr keines Blickes mehr. Mit ganzem Herzen an den Alten und Neuen Bund festgeklammert, will er von solchen unnützen und verderblichen Studien nichts mehr wissen.

Gleichwohl war Delfin kein grundsätzlicher Gegner der huma. nistischen Studien. Schon in seinem ersten Schreiben an Donato gedachte er bei aller Reue über seine allzu ausschließliche Pflege der alten Klassiker der kostbaren Früchte, welche er aus ihnen hätte schöpfen, der glänzenden Tugendbeispiele, welche er sich zu Herzen hätte nehmen können, und nicht zuletzt aus dem Grunde widerriet er seinem Abte den Bau einer neuen Kirche, weil sonst die Mittel für die Lehrkräfte und Bücher zum Betriebe der freien Künste nicht mehr zur Verfügung stünden. In S. Michael besaß man denn auch in Ambrosius von Sebenico einen zum humanistischen Unterrichte vorzüglich geeigneten Lehrer, welchen Delfin seinem Freunde B a roz z i für Belluno wärmstens empfahl'. Zwar mißbilligte er es ernstlich, daß der venezianische Priester Johann Baptist Egnatius in seiner Lobrede auf den Fürsten von Petigliano biblische Aussprüche wie Klippen

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