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DAS ENGELKLOSTER IN FLORENZ

31 Vaters des Vaterlandes, der bei ihm aus- und einging und den Söhnen Romualds seine volle Gunst schenkte. Auch Cosimos Enkel, Lorenzo Magnifico, war ihr besonderer Gönner; er ließ seine Söhne, den unglücklichen Peter sowie Johannes, den späteren Papst, und Julian, seinen jüngsten, im Engelkloster ausbilden und zog sich gerne nach dem den Medici längst verschuldeten Camaldoli zurück, um hier im erquickenden Schatten uralter Wälder der drückenden Sommerhitze der Stadt zu entrinnen und im vertrauten Kreise gleichgestimmter Freunde die berühmten Gespräche über die höchsten Fragen der Philosophie und Theologie zu pflegen, welche als die ,,Disputationes Camaldulenses" auf die Nachwelt kamen. Aber die Freundschaft der Humanisten und Medici gereichte den Bewohnern des Engelklosters nicht zum Segen. Hatten sie sich bisher, dem Willen des Stifters getreu, als strenge Einsiedler bewährt, welche als zeitlebens Eingeschlossene (reclusi), der Welt erstorben, in ihren Zellen und Werkstätten büßten und wirkten, so ließen sie sich unter Traversari von Eugen IV. in Klosterbrüder umwandeln, welche an die einsiedlerische Abgeschlossenheit nicht mehr gebunden waren, dafür aber auch bald tiefer und tiefer sanken und statt zur Erbauung nachgerade zum Ärgernisse aller Gutgesinnten dienten".

Ein Ableger des Engelklosters war das Kloster S. Benedikt vor den Mauern, aus dem Nachlasse des reichen florentinischen Kaufmannes Franz Ricci im Jahre 1400 nahe der Porta Pinti errichtet. Alexander Ricci, ein Bruder des Verstorbenen, Mönch bei den Engeln, siedelte auf Grund einer Vollmacht Bonifaz' IX. mit einigen Mitbrüdern nach S. Benedikt über, gegen den ausdrücklichen Willen des Engelpriors Matthäus, welcher in solchem Umzuge eine grobe Verletzung der den Engeln obliegenden strengen Klausurpflicht erblickte". Derselben Auffassung huldigte Coluccio Salutati, der bekannte florentinische Kanzler und Humanist. Er überhäufte seinen camaldulensischen Freund Raphael Bonciani, welcher mit Alexander Ricci von den Engeln nach S. Benedikt ausgewandert war, mit den härtesten Vorwürfen, ja er trug Bedenken, ihm die Eigenschaft eines Mönches noch fernerhin zuzuerkennen. Denn Alexander sei trotz päpstlicher Vollmacht nicht befugt gewesen, das Erbe seines Bruders zum Baue eines Klosters

zu verwenden und dann dieses eigenmächtig zu beziehen, da es sehr fraglich sei, ob der Papst eine solche Vollmacht, welche einen offenbaren Bruch des Gehorsamsgelübdes in sich schloß, überhaupt habe erteilen können. Immerhin war der Orden in der Stadt Florenz nunmehr durch drei stattliche Männerklöster vertreten, welchen ebenso viele Frauenklöster" entsprachen. Und schon gewann er um dieselbe Zeit noch ein viertes, da die Abtei S. Felix nahe dem Palaste Pitti, ursprünglich zur Kongregation S. Silvester von Nonantula gehörig, 1412 vom Ordensgenerale Anton von Parma mit Hilfe Cosimo de Medicis angekauft und von Johann XXIII. dem Camaldulenserorden einverleibt wurdea9a.

Wie in Florenz, so bürgerten sich die Camaldulenser in anderen Städten Mittel- und Oberitaliens ein, in Bologna, Modena, Verona, Ferrara, Siena, Lucca und Pisa, von wo sie nach den benachbarten Inseln Sardinien und Korsika drangen. Im Sprengel Padua fiel ihnen das reiche Kloster St. Maria ad Carceres zu, welches um das Jahr 1100 an der Stätte ehemaliger Ställe für Rennpferde errichtet war. Ursprünglich von Regularkanonikern des Augustinerordens bewohnt und von den Este von Ferrara mit Gütern freigebig ausgestattet, wurde es von Gregor XII. 1408 den Camaldulensern zur Reform überwiesen, nachdem es durch Resignation seines bisherigen Inhabers, des Kardinals Angelo Summaripa, allerdings in völlig verwahrlostem Zustande, seine Freiheit zurückerlangt hatte. Noch wichtiger war die Angliederung des mit der Geschichte des hl. Romuald so eng erworbenen Klosters St. Apollinare in Classe; Erzbischof Walter von Ravenna übergab es 1138 dem Ordensgenerale zur Reform52. Auch in Venedig, obschon nicht in der Stadt selbst, faßten die Söhne des hl. Romuald Fuß. Die Bischöfe Marcus Nicolai von Castello und Buono Balbi von Torcello traten nämlich 1212 Inselchen und Kirche S. Michael von Murano an die hl. Einsiedelei ab, welche hierauf den frommen Einsiedler Lorenz mit zwei Gefährten abordnete, deren erbauliche Frömmigkeit manche Venezianer zum Eintritte in den Orden bewog53. Allein die allzu große Nähe der reichen Handelsstadt ließ ein beschauliches Leben unter den Einsiedlern nicht aufkommen; schon 1238 war eine Reform nötig, anläßlich welcher der Prior Johannes 1244 abgesetzt werden mußte. Und wie fast immer

S. MICHAEL AUF MURANO

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und überall, so ging es auch in S. Michael es dauerte nicht lange, so hatte sich die Einsiedelei in ein stattliches Kloster verwandelt, welches 1300 zur Abtei erhoben wurde. Zu seinen verdientesten Äbten zählte der umsichtige und tatkräftige Paul Venier, welcher das Kloster während seiner langen Regierung (1392-1448) nach innen wie außen in einen so blühenden Zustand versetzte, daß er von Ambros Traversari, als dieser 1433 die kanonische Visitation hier vornahm, mit warmem Lobe bedacht werden konnte. Ihm folgte sein Schüler M affeo Gerardi (1448-66), welcher sich, aus vornehmem venezianischen Geschlechte geboren, um der Frömmigkeit seines Wandels und Liebenswürdigkeit seines Wesens willen allgemeiner Beliebtheit bei der venezianischen Bürgerschaft erfreute. Geringer an Bedeutung und Umfang als S. Michael war die Niederlassung der Camaldulenser auf der Insel Murano selbst. Bischof Stephan Natalis von Torcello überließ nämlich 1243 die Kirche S. Mathias dieser Insel den Einsiedlern Johannes und Gerhard, welche sich eines streng eremitischen Wandels befleißigten, wie dies auch ihre Nachfolger noch lange taten, bis schließlich auch sie dem mönchischen Leben verfielen55.

Da der Camaldulenserorden den ihn ursprünglich kennzeichnenden einsiedlerischen Einschlag fast gänzlich abgestreift und den Charakter eines reinen Mönchsordens angenommen hatte, so griff die in den großen Orden wirksame Bewegung zur Hebung der tief gesunkenen Klosterzucht, der Observantismus, auch auf ihn über und schied auch ihn in zwei Lager, in ein observantistisches, welches auf gewissenhaftere Beobachtung der Regel sah, und in ein ko n ventualistisches, welches am herkömmlichen Laxismus unverbesserlich festhielt55a. Schon auf den Generalkapiteln zu Fontebuona 1360 und zu Faenza 1366 wurde beschlossen, Einsiedler von Camaldoli, von den Engeln zu Florenz und von S. Mathias auf Murano, sie alle um ihres musterhaften Wandels willen hoch angesehen, in verschiedene Klöster zu versetzen, um hier den erkalteten Ordensgeist durch die Macht ihres lebendigen Beispiels wieder zu entzünden. Doch weigerten sich wie die Engel, so die Einsiedler von S. Mathias entschieden, ihren Aufenthalt unter Ordensgenossen zu nehmen, welche dem Laxismus erlegen seien, da sie hierdurch nur Gefahr liefen, dem Laxismus auch selbst zum Opfer zu fallen, 3 Schnitzer, Peter Delfin

ohne ihm bei den andern zu steuern56. Wenn nun auch der von den Generalkapiteln vorgeschlagene Weg nicht zum ersehnten Ziele führte, so war der Observantismus, von Eugen IV. eifrig unterstützt, doch schon so kräftig, daß sich auch die Camaldulenser seiner nicht mehr erwehren konnten. Abt Venier führte die Observanz schon 1408 mit Zustimmung des venezianischen Senates in S. Michael ein57; er war auch die Seele und treibende Kraft der Vereinbarung, welche 1446 zwischen neun Klosteroberen, unter ihnen außer ihm selbst die Priore von S. Mathias, von den Engeln und S. Benedikt bei Florenz, zustande kam, eine Observantenkongregation mit der Wirkung zu bilden, einen der größten Krebsschäden, die Lebenslänglichkeit der Ordensämter, abzuschaffen und künftig nur mehr dreijährige Amtsdauer zu gestatten. Eugen IV. billigte diese Übereinkunft freudig, sank aber schon bald ins Grab (1447). Sein Tod war für den Observantismus ein harter Schlag, auch von den Säulen der eben errichteten Kongregation barsten verschiedene. Mehrere von den erwähnten neun Oberen wandten sich nämlich an Nikolaus V. mit der Bitte, der kürzlich getroffenen und vom Papste bestätigten Abmachung ungeachtet lebenslänglich im Amte bleiben zu dürfen, was ihnen bereitwillig gestattet ward. So war die Reform kläglich gescheitert, noch ehe sie recht ins Leben getreten war. Ganz spurlos ging sie jedoch nicht unter. Sie lebte in der Kongregation von Venedig fort, welche in S. Michael auf Murano Herz und Herd hatte und an der Abschaffung der lebenslänglichen Amtsführung unerschütterlich festhielt.

II. DELFINS ANFÄNGE

Unter den venezianischen Patrizierhäusern, die den Ruhm beanspruchen durften, dem ältesten Adel der stolzen Lagunenstadt anzugehören, stand das Geschlecht Gradenigo mit an vorderster Stelle. Einer seiner Sprößlinge namens Adolf, Adolfino oder Dolfin o genannt, wurde der Stammvater eines neuen Familienzweiges, der nach ihm Dolfino oder Delfino hieß. Als dann später die Anfänge in Vergessenheit geraten waren, wußte man zu erzählen, der Ahne sei ein bildhübscher Mann gewesen, der sich wie ein Fisch im Wasser tummelte und mit den Delphinen um die Wette schwamm, und davon habe er und seine Nachkommenschaft den Namen Dolfino oder Delfino geführt. Auch diese neue Familie zählte zu den angesehensten der Stadt, der sie eine stattliche Anzahl hoher staatlicher und kirchlicher Würdenträger schenkte, so einen Dogen, Kardinäle, Patriarchen, Erzbischöfe und Bischöfe'. Einer ihrer Abkömmlinge, Viktor Delfin, war mit Lucia Soranzo vermählt, welche ebenfalls einem der besten Häuser entstammte. Aus dieser Ehe ward 1444 ein Söhnchen geboren, das in der Taufe den Namen Peter erhielt und schon mit der Muttermilch Frömmigkeit und gläubigen Christensinn einsog. An der Hand seiner Tanten trippelte der Knabe, kaum daß er zu gehen vermochte, von Kirche zu KircheR; im Kloster S. Michael auf Murano erhielt er seit frühester Kindheit seine Erziehung. Von Peter Pierleone aus Rimini, einem Lieblingsschüler des gefeierten Humanisten Filelfo, ward er in die klassischen Studien eingeführt, denen er sich mit Feuereifer hingab und für sein ganzes Leben verschrieb. Doch betrieb er nur das Lateinische; im Griechischen kam er über die Anfangsgründe, die ihn befähigten, gelegentlich ein griechisches Wort in seinen Briefen einzuflechten, niemals hinaus'. Mit ihm genoß den Unterricht Pierleones auch Peter Barozzi, der, 1441 ebenfalls aus edelstem venezianischen Blute geboren,

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