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ihren Zellen verharrten und diese auch nicht zur Teilnahme am gemeinsamen Gottes- und Chordienste verließen. Während der Advent- und Fastenzeit hatten die Einsiedler außer dem kanonischen Stundengebete noch täglich zwei Psalter zu verrichten, sonst einen für die Lebendigen und die Hälfte oder ein Drittel eines solchen für die Verstorbenen. Die vom Gebete nicht in Anspruch genommene Zeft wurde zu Studien oder zu leichten Handarbeiten, wie zur Anfertigung von Netzen, Flechtwerken, hölzernen Löffeln und dgl., verwendet. Kein weibliches Wesen durfte die hl. Einsie delei oder auch nur ihre unmittelbare Umgebung betreten".

Das hohe Ansehen, dessen sich die Brüder allgemein erfreuten, hatte zur Folge, daß sie mit Schenkungen reichlich bedacht wurden, wofür sie sich in der Weise erkenntlich bezeigten, daß sie ihren Wohltätern Aufnahme in ihre Gebetsverbrüderungen gewährten und damit im Todesfalle die heiß ersehnte Hilfe ihrer himmlischen Fürbitte gewährten1. Aber auch den Camaldulensern gereichte wie allen Orden ihr Reichtum zum Fluche. Je mehr sie an Wohlhabenheit zunahmen, um so mehr nahmen sie an frommer Ordenszucht ab; je stattlicher die Zahl ihrer Mönche, Laienbrüder und Schutzbefohlenen wurde, um so geringer wurde die Zahl der Einsiedler, deren Schar außerhalb Camaldolis nach und nach bedenklich zusammenschmolz. Schon der selige Prior Rudolph brach 1080 in bewegliche Klagen über die Lauheit der Mönche und Einsiedler aus, welche zwar beim Eintritte alles Gute geloben, aber sofort den Gehorsam verweigern, sobald ihnen etwas Beschwerliches aufgetragen wird, und sich um Orte reißen, wo ihnen reichlichere Speisen, Fischgerichte und bessere Kleider winken1. Stets muß die Losung der Brüder lauten: „Kalt oder warm, doch niemals lau!" In die Einsiedelei eintreten, ist höchste Vollkommenheit; aber in ihr nicht vollkommen leben, ist tiefste Verdammnis1. Zwar bewährten sich die Romualdiner noch immer als Sturmtruppen Roms im Kampfe wider das Laster der Simonie, Urban II. sah sich sogar veranlaßt, ihren allzu großen Eifer zu zügeln1. Zwar gab es in ihrer Mitte noch immer Männer wie Frauen, welche ein Leben härtester Abtötung führten und mit den Jüngern aus den Tagen der ersten Liebe wetteifern durften1o. Zwar erstanden hier und dort sogar noch neue Einsiedeleien". Zwar baten auch selbständige Klausner,,um des süßen Wohlgeruches und Rufes des Ordens der Camaldulenser willen" noch immer um

BEGINNENDER NIEDERGANG

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Aufnahme1. Aber schon mehrten sich auch die Fälle, daß Camaldulenser nach hohen Würden und Ämtern strebten; der General Johannes wurde 1126 von Honorius II. zum Kardinalbischofe von Ostia erhoben, der General Gerhard von den Florentinern zum Unterhändler bei Nikolaus III. und Karl von Anjou bestellt. Schon war das dumpfe Geräusch frommer Rutenstreiche verhallt, welches in den Zellen der Camaldulenser so oft zu vernehmen war. Schon blätterten die Hände viel lieber in schlüpfrigen Schriften heidnischer Dichter als in den Psalmen Davids". Gewiß war es für die hl. Einsiedelei eine hohe Ehre, daß Kardinal Hugolin sie 1220 in Begleitung des hl. Franz besuchte und mehrere Wochen die süße Wonne ihres stillen Friedens genoß. Um so mehr wollte es heißen, daß gerade ein ihnen so wohl gesinnter" Prälat sich später als Gregor IX. gezwungen sah, ihnen das Kloster S. Kosmas in Rom, welches er ihnen kurz zuvor eingeräumt hatte, mit der beschämenden Begründung zu entziehen, sie hätten dort „,den Duft mönchischen Lebens in Gestank verwandelt" und ihm mehr Ärgernis, Schrecken und Traurigkeit als Erbauung, Trost und Freude bereitet". Die Zeiten waren vorbei, da Camaldulenser und Vallumbrosaner mit dem römischen Stuhle um die Wette gegen die fluchwürdige Ketzerei der Simonie wetterten; in Rom machte man sich aus dem schamlosesten Pfründehandel schon bald kein Gewissen mehr, unter den Kauflustigen aber waren zuweilen auch Einsiedler aus Camaldoli und Vallombrosa vertreten". Natürlich fielen die hohen Auslagen, welche der Ankauf eines erträglichen Ordensamtes heischte, auf die Klöster, welche daher schon aus diesem Grunde oft bitter unter einer drückenden Schuldenlast seufzten.

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Was aber noch schlimmer war, die Klöster lockten, je besser sie mit liegenden Gründen und fetten Erträgnissen versorgt waren, um so mehr die Habsucht der weltlichen und noch mehr der geist. lichen Großen an. Die Päpste boten willig dazu ihre Hand, Ordenspfründen in Form von Commenden an nimmersatte kirchliche Würdenträger zu verleihen. Die Folge war, daß die Klostergüter verschleudert und die Klosterinsassen ihres Unterhaltes wenn nicht ganz, so doch zum größeren oder kleineren Teile beraubt und infolgedessen außerstand gesetzt wurden, den ihnen obliegenden Leistungen und Verpflichtungen in vorschriftsmäßiger Weise zu entsprechen. Die Klöster verödeten oder zerfielen, die

Mönche verwilderten oder entliefen. Natürlich halfen unter solchen Verhältnissen auch die schönen Verordnungen nichts, welche die zu gemeinsamer Beratung versammelten Ordensoberen, die Generalkapitel, zur Abstellung wenigstens der gröbsten Mißstände trafen; das Übel fraß immer tiefer. Als Ambros Traversari, der gefeierte Humanist, die Zierde und Leuchte des Camaldulenserordens († 1439), das Amt eines Generalpriors bekleidete, hatte er mit den schreiendsten Mißständen zu kämpfen, über welche er fast auf jeder Seite seines sehr umfangreichen Briefwechsels?? bitterste Klage führte. Es war noch der mildeste Fall, wenn ein Mönch die Kutte abgeworfen und geheiratet hatte und nun allen Bekehrungsversuchen trotzte. Schlimmer war es schon, daß sich der Mönch Hieronymus, um schwerer sittlicher Vergehen willen aus dem Orden gestoßen, als Weib verkleidet umhertrieb, gleichwohl aber Messe las; er flüchtete dann nach Florenz, wo er mit einer Kebsin zusammenlebte. Das traurigste war, daß sich andere, und noch dazu Obere, mit Mädchen und Frauen nicht mehr begnügten, sondern mit Männern verkehrten; so hatte der Prior von S. Mathias einen Lustbuben bei sich, und ein Abt tat dasselbe. In Rom mußte der General einen Ordensgenossen in Ketten legen, einen anderen hatte er ebenfalls in Ketten nach Florenz schon vorausgeschickt, da er ob seiner Verbrechen das Gespräch aller Leute bildete28. Sogar der Ordensgeneral Benedikt Lanci, Traversaris Vorgänger, hatte ob zahlreicher Verbrechen, namentlich beträchtlicher Unterschlagungen zum Schaden des Ordens, abgesetzt werden müssen". Vergeblich kämpfte Traversari gegen die furchtbaren Übel. Sein Bemühen mußte erfolglos bleiben, da es ihm an der nötigen Unterstützung durch Papst Eugen IV. fehlte, welcher, obschon sonst ein warmer Freund der Ordensreform, von einer entschiedenen Durchführung strenger Maßregeln eine Schädigung der päpstlichen Autorität befürchtete. Der Dämon der Unbotmäßigkeit und Widersetzlichkeit, welcher sich der Mönche neben dem bösen Geiste zügelloser Genußsucht längst bemächtigt hatte, war auch in die Bewohner der hl. Einsiedelei gefahren; sie erregten einen förmlichen Aufruhr gegen Traversari und forderten stürmisch seine Absetzung, nur weil ihnen das von Fontebuona gelieferte Brot nicht gut genug war31. Angesichts des trostlosen Zustandes des Ordens, in welchem viele Klöster auch nicht einmal mehr eine Spur von

HIERONYMUS VON PRAG

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Beobachtung der Ordensregel aufwiesen, war es begreiflich, daß Traversari an einer Besserung zuletzt ganz verzweifelte". Und nicht etwa nur er sah die Dinge so schwarz. Hieronymus von Prag, der ehedem unter den heidnischen Litauern als Missionär gewirkt hatte und später in der hl. Einsiedelei als Eingeschlossener lebte († 1440), machte sich über die weibische Hoffart und Eitelkeit der Mönche und Einsiedler lustig, welche immer nur die kostbarsten Gewänder aus feinstem Tuche tragen und sich an Fleisch und Wein gütlich tun wollten. Sie berufen sich dabei auf den Arzt, wie sie denn für alles eine Ausrede haben.,,Gemüse, sagen sie, verursachen Blähungen, Käse beschwert den Magen, Milch schadet dem Kopfe, Wasser verträgt die Brust nicht, Blumenkohl befördert die Schwermut, Schweinefleisch entzündet die Galle, Fische aus schlammigem Wasser bekommen nicht gut, gesottene Eier gehen ins Blut. Kurz, in allen Flüssen, Feldern, Gärten und Kellern ist kaum etwas aufzutreiben, was Mönchen paßte; seitdem sie die Kutte tragen, leiden sie auf einmal an schwachem Magen und lassen sich bei Tische die feinsten Weine bis zur Sättigung munden. Wer hätte einst bei Beginn unseres Ordens gedacht, daß sich seine Söhne zu solchen Schlemmern auswüchsen"!"

Als grünende Oasen ragten inmitten der unfruchtbaren Wüste allgemeinen Verderbens einige wenige Klöster hervor, welche den Hauptsitz und letzten Trost der Gutgesinnten bildeten. Im Herrschaftsbereiche der mächtigen Handelsstadt Florenz gelegen und schon aus wirtschaftlichen Gründen zu regem Verkehre mit ihren Kauf-, Bank- und Ratsherren gezwungen, konnte Camaldoli hier eine Niederlassung nicht auf die Länge entbehren; überdies nahmen viele reichen Florentiner, selbst frühere Wucherer, in alten Tagen zum Kleide des hl. Romuald ihre Zuflucht. Dieser starke florentinische Einschlag sowie die wachsende Bedeutung der Stadt selbst bewirkten, daß der wirtschaftlich bedeutende Orden viel mehr als nach dem benachbarten Arezzo nach Florenz neigte und hier mit der Zeit mehrere stattliche Häuser gründete, welche ihm selbst ebenso wie der Bürgerschaft zum Segen gereichten. Das älteste war das um 1104 noch vor der Stadtmauer errichtete Kloster, nach seiner wohl schon früher erbauten Kirche S. Salvator, nach seinen Insassen das ,,Camaldoli von Florenz" genannt, welches, als sich die Stadtmauer später er

weiterte, nun auch selbst im Stadtinnern lag und dem benachbarten Bezirke die noch heute gebräuchliche Bezeichnung Camaldoli gab. Obschon jedoch hier um die Mitte des 14. Jahrhunderts Mönche blühten, welche sich durch Frömmigkeit ebenso wie durch Gelehrsamkeit, besonders im kanonischen Rechte, auszeichneten, so sahen sie sich doch schon bald durch Mitbrüder überstrahlt, welche in St. Maria degli Angeli ein neues, prächtiges Heim gefunden hatten. Im Jahre 1295 aus den Mitteln errichtet, welche der Dichter Guittone von Arezzo gespendet hatte, schon 1297 in der Hauptsache vollendet, nahm das Engelkloster bald einen mächtigen Aufschwungs, obschon oder vielmehr gerade weil seine Bewohner, dem Willen des Stifters gemäß als eine Art Einsiedler zu strengster Klausur verpflichtet, das Haus niemals verlassen durften noch auch verließen, es sei denn im äußersten Notfalle und mit Erlaubnis des Generals. Unter dem Prior Vinzenz Guidalotti, einem Verwandten des Stifters, stand das Kloster in solchem Ansehen, daß es als ein „Paradies der Engel" gepriesen wurde und der Stolz der Bürgerschaft war, welche in allen Bedrängnissen zum Gebete seiner frommen Brüder ihre Zuflucht nahm". So ward es ein Heim gottseliger Männer, welche im Geruche der Heiligkeit aus dem Leben schieden, wie der selige Silvester von Florenz († 1348) und der selige Jakob Gori († 1345); im Geruche der Heiligkeit verschied auch die selige Paula, Äbtissin des florentinischen Camaldulenserinnen-Klosters St. Margarita de Cafajolo, welches Mönchen des Engelklosters seine geistige Leitung verdankte. Ein Heim von Malern, Miniatoren, Stickern und Goldschmieden wurde dieses unter dem Prior Philipp Nelli von Florenz (1322-48)"; in seinen Werkstätten, den fruchtbaren Pflanzstätten aller schönen Künste, schuf der Miniaturmaler Jakob jene herrlichen Chorbücher, welche später das Entzücken Leos X. bildeten", zauberte Don Lorenz die Gemälde hervor, welchen noch Georg Vasari seine Bewunderung zollte". Zum Heime humanistischer Wissenschaft, zum Wallfahrtsorte humanistischer Gelehrter wurde das Engelkloster durch Ambros Traversari", den schon erwähnten Ordensgeneral, den Freund des leidenschaftlichen Büchersammlers Nicolo Niccoli, des losen Spötters Poggio Braciolini, des ungläubigen Karl Marsuppini und Cosimo Medicis, des

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