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DELFIN IM KIRCHENBANNE

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131 Beschlag zu belegen, wofür sie gebührend bestraft werden solle. Auch die Kardinäle nahmen sich ihres Amtsbruders einhellig an und drangen in zwei eindringlichen Schreiben in den Dogen, Mönchen nicht länger Vorschub zu leisten, welche als hartnäckige Aufrührer gegen den Heiligen Stuhl und seine Freiheit zum Teil schon ihrer Pfründen entsetzt und zu ewigem Kerker verurteilt, insgesamt aber dem Kirchenbanne verfallen seien. In der Tat hatte sich ein unheimliches Unwetter über Delfin zusammengezogen, das sich mit verheerender Gewalt über ihn entlud. Kardinal Grimani setzte ihm mit Berufung auf die drei übereinstimmenden Erkenntnisse der Rota eine Frist, binnen welcher er auf Carceri zu verzichten habe, und erwirkte überdies ein Vollstreckungsurteil, kraft dessen der General samt der ganzen Kongregation öffentlich und feierlich mit dem Kirchenbanne zu belegen sei. Wohl sprach Delfin diesen Verzicht nun ungesäumt aus. Es war zu spät. Feierlich wurde in der Ewigen Stadt die Exkommunikation über ihn ob seines hartnäckigen Ungehorsams und Trotzes ausgesprochen und an allen öffentlichen Plätzen verkündigt; überall wurde er verhöhnt und verspottet, ja es wurde ein Bildnis von ihm angefertigt, eine Puppe, welche mit der Schandmitra (mitra infamis) bekrönt und in den Straßen der Stadt herumgeführt wurde. Umsonst hatten die Kardinäle Raphael Riario von Alexandria und Medici noch in letzter Stunde zu vermitteln gesucht. Umsonst bettelte der General nun erst recht den Dogens, die Kardinäle Medici", Carafa" und Soderini" und den Ordensprokurator Cuc cini" um ihre Fürsprache behufs Lossprechung an. Umsonst jammerte er über die sein Selbst- und Amtsgefühl aufs tiefste verwundende Schmach, welche ihm mit der öffentlichen Verhöhnung und Bekrönung mit der Schandmitra zugefügt worden war. Umsonst bat er den florentinischen Bannerherrn Peter Soderini um Einlegung eines guten Wortes bei seinem Bruder, dem Kardinalprotektor, welcher den Mächtigen zu sehr zu Willen sei und sich seines Ordens zu wenig annehme". Umsonst flehte er den Kardinal Grimani selbst in einer Unterredung, die er zu Imola am 13. Oktober 1506 mit ihm hatte, um Verzeihung und Lossprechung an". Volle drei Monate mußte er im Fluche der Kirche schmachten, untröstlich darüber, sich dem Altare nicht nahen zu dürfen, so daß er sich nicht mehr als Christ,

geschweige denn als Priester vorkam". Erst am 30. Oktober 1506 ließ Julius II. auf Fürsprache Grimanis zu Imola, wo er sich auf seinem Zuge nach Bologna eben aufhielt, ein Breve" an Delfin ergehen, worin er ihn von allen Zensuren und Strafen entband, und auch dieses Breve hätte vielleicht noch geraume Zeit auf sich warten lassen, hätte Delfin nicht seine Beschleunigung wie er selbst offen gestand78, um 50 Dukaten erkauft. Der Streit um Carceri wurde vom Papste zu Bologna durch Erlaß vom 3. Februar 1507 in einer Weise geschlichtet, welche beiden Teilen gerecht wurde, da einerseits die Abtei der Kongregation einverleibt wurde, so daß ihre Oberen, einer früheren Verfügung In no zen z' VIII. zufolge, nur mehr auf ein Jahr bestellt werden durften", während anderseits Grimani Commendatar blieb. Damit hatte die Kongregation zwar erreicht, was sie solange angestrebt hatte, die Eingliederung des Klosters in ihren Verband; aber auch Grimani konnte zufrieden sein; denn die reichen Einkünfte der fetten Abtei flossen in seinen Sack, und eben darauf kam es ihm an. Delfin selbst erklärte zwar, der Friede sei dank der warmen Bemühung der venezianischen Regierung unter günstigen Bedingungen geschlossen worden. Aber er konnte sich unmöglich verhehlen, daß er eine schwere Niederlage erlitten habe, da er gerade das nicht hatte verhüten können, woran ihm am meisten lag, den Übergang der Carceri in fremde Hände; und die drei einhelligen Entscheidungen der Rota gegen ihn sowie der Kirchenbann und die schimpfliche Art seiner Verkündigung konnten seinem Ansehen weder im Orden noch an der Kurie förderlich sein. Wohl ließ er es in Briefen an zuverlässige Freunde an Andeutungen nicht fehlen, daß er die über ihn verhängte Exkommunikation für ungültig halte, da er ja doch nur das gute Recht seines Ordens zu wahren gesucht habe1. Im persönlichen Verkehre mit anderen nahm er sich jedoch vor Äußerungen dieser Art wohlweislich in acht, obschon man ihn zu solchen arglistig verlocken wollte, um ihn in der Rede zu fangen und dann etwaige unbehutsame Bemerkungen gegen ihn auszuschlachten. Da er das Commendenwesen, so sehr er seine verderblichen Auswüchse beklagte, als rechtmäßige kirchliche Einrichtung grundsätzlich anerkannte, so konnte er dem Papste bei Ausübung seiner Befugnis nicht in die Arme fallen, und nachdem er sich mit Anton de Monte gütlich verständigt, ja dem Kardinal Piccolomini die

DIE HABSUCHT DER KARDINALE

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Commende des Engelklosters selbst angeboten hatte, konnte er die von Carceri dem Kardinal Grimani nicht wohl bestreiten. Es zeigte sich allerdings, daß seine Befürchtung, Grimani werde die Einkünfte des Klosters lediglich für sich selbst, nicht aber im Sinne des Klosters verwenden, durchaus berechtigt war; denn dieser machte seine Versicherung, er wolle die Mönche zu einem frommen Leben anhalten, in der Weise wahr, daß er sie beinahe verhungern ließ. Delfin bemerkte mit Recht, die Erträgnisse der Klöster seien zum Lebensunterhalte der Mönche und nicht zum Pompe der Kardinäle da, deren unersättliche Habsucht die Schuld an allem Elende trage. Wenn er zugleich aber meinte, das Vermögen des Gekreuzigten dürfe nicht zur Pflege der Uppigkeit der Kardinäle, sondern lediglich zur Befriedigung der Lebensnotdurft von Leuten dienen, welche ihr Fleisch zu kreuzigen trachteten, so hatten so gut wie die Kardinäle meist auch die Söhne des hl. Romuald den Anspruch auf das Erbe des Gekreuzigten längst verwirkt, da ja auch sie längst aufgehört hatten, ihr Fleisch zu kreuzigen. Auf keinen Fall durfte sich Delfin dazu herbeilassen, die Beschleunigung der Absolution um Geld zu erkaufen; besser, die durch eigene Schuld verwirkte Exkommunikation mannhaft ertragen, als ihre Aufhebung mit schnödem Mammon erschleichen.

F. DER ABT IM HARNISCHE.

Unter den ausgeprägten Charakterköpfen, wie sie die italienischen Klöster der Renaissancezeit in so reicher Fülle bargen, nimmt einen hervorragenden, wenn auch nicht allzu ehrenvollen Platz der Camuldulenserabt Basilius Nardi1 von S. Felix in Florenz ein. Um das Jahr 1460 von armen Eltern in Balneo an der tuszisch-emilischen Grenze geboren, schlug er frühzeitig die Laufbahn ein, die einen jungen Mann von so niedriger Herkunft mit einem Schlage aus seinen elenden Verhältnissen herausriß und in eine gehobene gesellschaftliche und wirtschaftliche Stellung, unter glücklichen Sternen sogar zu hohen Ämtern und Würden führte

er wurde Mönch und erbat das Kleid des

hl. Romuald. Eine feurige Natur, mehr für den Harnisch als die Kutte geboren, voll leidenschaftlichen Dranges, sich empor

zuarbeiten und aufzuschwingen, gewandt und anstellig, an jedem Posten verwendbar, schlau und verschlagen, in der Wahl seiner Mittel nicht im geringsten bedenklich, hatte er schon bald Gnade in den Augen Delfins gefunden, an dessen Seite er seit 1482 in Fontebuona weilte1. An schwerem Fieber erkrankt und zum Skelette abgemagert, ward er bald vollkommen hergestellt, nachdem der um seine Gesundheit sehr besorgte General einen erfahrenen florentinischen Arzt zu Rate gezogen hatte2. Mit dem Subprior Benincasa führte er in Abwesenheit des Oberen die Aufsicht über die Schüler und Novizen von Fontebuona3, wurde aber schon 1486 mit dem Hospitale S. Frediano zu Pisa bedacht, das ihm jedoch vom Kardinale von Recanati, Hieronymus della Rover e, einem Neffen Sixtus' IV., streitig gemacht wurde. Gegen einen solchen Mitbewerber durchzudringen, erschien von Anfang an aussichtslos. Gleichwohl wurde er im Sommer 1487 von Delfin nach Rom geschickt, um hier seine Sache persönlich zu betreiben. Er mochte seine Hoffnung um so weniger aufgeben, als ihn der General schon das Jahr zuvor dem Ordensprotektor gelegentlich einer Zusammenkunft wärmstens empfohlen hatte und auch jetzt in dem Schreiben, welches er ihm mit auf den Weg gab, als einen Ordensmann voll seltener Anhänglichkeit und Treue pries, der keine Mühe und Arbeit scheue und mit unermüdlichem Fleiße zum Besten des ihm anvertrauten Hauswesens von Fontebuona walte. Das Hospital von Pisa erhielt Basilius nun freilich nicht; es wurde vom Kardinale von Recanati einem seiner Angestellten überlassen. Dafür ward er von Delfin mit der Abtei S. Michael in Arezzo entschädigt, die, zuletzt noch Commende des jungen Medici, von Lorenzo Magnifico auf Verwenden des Priors Guido dem Orden zurückgegeben worden war'. Delfin war ein Mann, der, seinen humanistischen Studien hingegeben und von den Obliegenheiten der Ordensleitung stark in Anspruch genommen, die lästige Sorge um die häuslichen und wirtschaftlichen Angelegenheiten gerne auf fremde Schultern ablud. Ein vertrauensseliges Gemüt, aller Menschenkenntnis bar, der Schmeichelei und Liebedienerei wie wenige zugänglich, beurteilte er die Menschen nach ihrem Verhalten zu ihm. Nach den Diensten, die sie ihm persönlich erwiesen, verschenkte er seine Huld an seine Untergebenen und teilte er seine Gnaden aus. Zu seinen Lieblingen zählte vor

PETER DE PORTICU

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allem Peter de Porticu, dessen Lob er in allen Tonarten sang, da er sich um sein leibliches Wohlbefinden besonders verdient gemacht, für größte Reinlichkeit der irdenen, hölzernen und gläsernen Geschirre, für frische, saubere Wäsche und für Abwechslung in den Speisen gesorgt habe. Peter sei darauf bedacht gewesen, daß diese in reichlichem Maße, ja im Überflusse gereicht wurden; denn er, der General, durch soviel Mühen und Anstrengungen beschwert, bedürfe einer kräftigen Kost zur Stärkung seiner schwachen Gesundheit. Das sei, falls nur keine regelwidrigen Gerichte vorgesetzt würden, keine Sünde; denn nichts, was in den Mund eingehe, beflecke den Menschen, wenn es nur nicht zur Beförderung der Sinnlichkeit, sondern zur Erhaltung der Gesundheit geschehe. Peter habe auch darauf gesehen, daß keine ungesunden oder schwer verdaulichen Speisen aufgetischt wurden, obschon er wußte, daß sein Oberer auf solche Dinge kein Gewicht lege". Peter sei es auch gewesen, der ihm im Kloster S. Benedikt bei Florenz eine sehr bequeme Wohnung ausgesucht habe1o; zum Danke hierfür mit einer über sein Alter hinausgehenden Stellung betraut, sei er nun freilich Gegenstand des Hasses von seiten vieler1. In der Tat hatte Delfin beim Ordensprotektor ein gutes Wort eingelegt, auf daß Peter,,,sein geliebtester und ihm ergebenster Sohn", der erst vor kurzem seine Primiz gefeiert hatte12, die Abtei S. Zeno in Pisa erhalte13. Der persönlichen Nähe des Generals entrückt, verlor Peter seine bevorzugte Stellung im Herzen seines Oberen mehr und mehr an Basilius, der es ganz vorzüglich verstand, sich diesem unentbehrlich zu machen, und ob seiner Klugheit, Ergebenheit und Dienstbeflissenheit seine besondere Gunst und Liebe genoß. Daß Basilius Abt in Arezzo war, hinderte ihn keineswegs, sich dem Generale in Fontebuona auf jede Weise nützlich und gefällig zu erweisen. Arezzo lag nicht zu weit von Camaldoli, die Abtei heischte die persönliche Gegenwart des Abtes durchaus nicht immer und ließ sich unschwer vom Mutterkloster aus verwalten. Da sie aber, wie schon bemerkt, in letzter Zeit mediceische Commende gewesen war, so ermangelte sie, als Basilius einzog, alles Nötigen. Basilius wußte sich zu helfen; er nahm, wo er fand. In schmählichem Mißbrauche der ihm in Camaldoli eingeräumten Vertrauensstellung ließ er von da Einrichtungsgegenstände aller Art, aber auch Öl, Wein und Getreide nach Arezzo schaffen, plünderte mit einem Worte

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