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No. 12.-II. Senat. Sizung v. 12. Febr. 1857.

Nichtigkeitsbeschwerde.

Gericht I. Instanz: General-Kommission in Münster. Gericht II. Instanz: Revistonskollegium für Landeskultur - Sachen. Berleihung von Grundstücken auf höchstens drei Vererbungsfälle (Leiber) in den ehemals Französisch-Hanseatischen Landestheilen.

a. Grundstücke und Gerechtigkeiten in den ehemals Französisch-Hanseatischen Landestheilen, welche auf höchftens drei Vererbungsfälle (drei Leiber) verliehen oder verpachtet sind, unterliegen nicht den Bestimmungen des § 2. No. 2. des Gesezes vom 2. März 1850 und sind daher nicht volles Eigenthum der Besizer geworden.

Geseze No. 940. vom 21. April 1825 §§ 15. ff. 21. (Geseß-Sammlung S. 112.) und No. 3235. vom 2. März 1850 § 2. No. 2. (Gesetz= Sammlung S. 77.); Münsterische Erbpachts-Ordnung vom 21. September 1783 88 40. 142. (Schlüter, Provinzialrecht Bd. 1. S. 338.)

b. Der vorstehende Grundsatz findet auch dann Anwendung, wenn das Grundstück nach Einführung des Allgemeinen Landrechts dem Besiznachfolger als neuem Pächter wiederum auf drei Generationen verliehen worden mit der Klausel, daß derselbe in alle Rechte und Pflichten des früheren Pächters eintrete.

A. L. R. I. 21. § 189.

Dem Kötter Johann Bernhard K. wurden durch den Vertrag vom 20. Dezember 1817 diejenigen in dem ehemals Französisch-Hanseatischen Landestheile der Provinz Westphalen gelegenen Grundstücke von der Fürstlich Salm-Salm'schen Rentkammer überlassen, welche den H.'schen Eheleuten früher durch die Verträge vom 17. Dezember 1798 in Erbpacht auf drei Vergl. Archiv für Rechtsfälle Bd. 23. S. 126.

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Leiber gegeben, von diesen aber verlassen worden waren. Die Ueberlassung an K. erfolgte in der Art und Weise, wie die Eheleute H. solche Grundstücke auf drei Generationen angepachtet gehabt", wiederum auf drei Generationen (Leiber) von Michaelis 1817 ab, gegen eine jährliche Pacht von 17 Rthlrn. 3 Sgr. 3 Pf., ein Rauchhuhn, Gewinn und drei Landfolgedienste. Die Gebrüder Franz und Johann K. trugen, als Nachfolger ihres Vaters Johann Bernhard K., gegen den Herrn Fürsten von Salm-Salm auf Ablösung der vorerwähnten Prästationen an. Seitens des Herrn Provokaten wurde behauptet, daß nicht den Provokanten, sondern ihm selbst das Eigenthum der Grundstücke zustehe, die Provokanten nur Zeitpächter seien, und daher auf ihr Verhältniß das Gesetz vom 2. März 1850 nicht Anwendung finde. - Die Richter erster und zweiter Instanz erachteten die Provokanten für Eigenthümer der fraglichen Grundstücke und demgemäß zur Ablösung der auf denselben haftenden Abgaben für wohl befugt.

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Das Ober-Tribunal hat auf die Nichtigkeitsbeschwerde des Herrn Provokaten das Appellations-Urtheil vernichtet und, unter Abänderung des ersten Urtheils, die Provokanten abgewiesen.

Gründe:

Der dem Appellations-Richter gemachte Vorwurf, das Wesen und den rechtlichen Charakter des durch die Dokumente vom 17. Dezember 1798 und 20. Dezember 1817 geschlossenen Rechtsgeschäfts verkannt und die §§ 15. und 21. des Gesetzes vom 21. April 1825, sowie den § 2. No. 2. des Gesetzes vom 2. März 1850 verlegt zu haben, ist begründet.

Die von dem Appellations-Richter zur Begründung seiner Entscheidung geltend gemachte Ansicht, wonach er dem Vertrage vom 17. Dezember 1798 mit Bezugnahme auf die §§ 40. und 142. der Münsterschen Erbpachts-Ordnung vom 21. September 1783 eine Beurtheilung zu Theil werden läßt, welche denselben der Anwendbarkeit des § 21. des Gesetzes vom 21. April 1825

den.

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entzieht, ist bereits vielfach, insbesondere durch das Präjudikat des Ober-Tribunals vom 22. April 1852 (Entscheidungen Bd. 23. S. 126.) und die daselbst veröffentlichten Gründe widerlegt wor= Auch der ferneren rechtlichen Deutung, welche der Appellations-Richter dem von ihm seinem wesentlichen Inhalte nach mitgetheilten Vertrage vom 20. Dezember 1817 gegeben, ist nicht beizupflichten. Zunächst ist diese unrichtige Deutung aus der Art und Weise entsprungen, in welcher derselbe den Vertrag vom 17. Dezember 1798 charakterisirt. Denn er sagt, daß die Bestimmungen dieses Vertrages dem Vertrage vom 20. Dezember 1817 zum Inhalte gegeben seien. War jener also seinem Inhalte und seinem rechtlichen Charakter nach ein die Anwendbarkeit des § 21. a. a. D. ausschließendes Rechtsgeschäft, dann folgte aus der Prämisse des Appellations - Richters die Nothwendigkeit, den gleichartigen, objektiv identischen Vertrag von 1817 denselben Rechtsfolgen zu subsumiren. Jene Prä- misse ist aber, wie oben mit Hinweisung auf das Präjudikat vom 22. April 1852 dargezeigt worden, unrichtig. Der Vertrag von 1798 ist ein s. g. Erbpachtsvertrag auf drei vom ersten Erbpächter deszendirende „Leiber" und daher, nach den klaren Bestimmungen des § 21. des Gesetzes vom 21. April 1825, einem bloßen Zeitpachtvertrage gleich zu achten. Zugleich ist es einleuchtend, daß jene unrichtige, die ganze Entscheidung der Sache beherrschende Prämisse und die daraus folgende Begründung der Nichtigkeitsbeschwerde das AppellationsUrtheil in seiner gesammten Motivirung erfaßt. Der Appellations-Richter legt zwar Gewicht darauf, daß der mit dem Vater der Provokanten am 20. Dezember 1817 abgeschlossene Vertrag ein neuer gewesen, und dieser Auffassung ist insofern beizupflichten, als der frühere Pächter H., mit welchem der fiskalische Domänenbeamte den Vertrag von 1798 geschlossen, im Jahre 1817 das vererbpachtete Grundstück verlassen hatte, und der Vater der Provokanten durch den Vertrag von 1817 als neuer Pächter in die Rechte und Verpflichtungen des H. ein

trat. Wenn aber der Appellations-Richter aus diesem Umstande die Folgerung zieht, daß durch dieses, erst im Jahr 1817 cr= folgte Eintreten des Vaters der Provokanten als neuen Pächters die Natur und das Wesen des Vertrages um deswillen als reine Erbpacht zu würdigen sei, weil inzwischen das Allgem. Landrecht eingeführt worden, nach dessen § 189. I. 21. es das Wesen des Geschäfts nicht ändert, wenn auch der Vertrag nur auf gewisse Generationen geschlossen worden; so erscheint auch hier der von dem Herrn Imploranten in der Nichtigkeitsbeschwerde dem Richter gemachte Vorwurf wohl begründet. Objektiv ist der Vertrag von 1817 mit dem von 1798 völlig identisch; der Vater der Provokanten succedirte durch denselben in Bezug auf den fraglichen Dominial-Zuschlag in alle die Rechte und Verbindlichkeiten, welche für seinen Vorbesizer durch den Vertrag von 1798 begründet worden waren, allerdings nur vermöge eines Singular-Titels; allein die Art und Weise, wie der Appellations-Richter selbst die objektive Identität beider Verträge darstellt, ergiebt, daß durch diesen bloßen Wechsel des Besizers das Objekt, der Umfang, sowie die gegenseitigen Rechte und Pflichten der Kontrahenten durch den inzwischen eingetretenen Wechsel der Gesetzgebung keine Veränderung erleiden sollten; daß das vorliegende Rechtsgeschäft vielmehr seiner Natur und seinem wesentlichen Charakter nach kraft des Vertrages von 1817 unverändert dasselbe ist, wie solches der Vertrag von 1798 objektiv gestaltet hatte.

Nach Vernichtung des Appellations-Urtheils folgt die Abänderung des ersten Urtheils von selbst aus den bereits angeführten Gründen; sie werden noch verstärkt durch den wörtlichen Inhalt des Vertrages vom 20. Dezember 1817, durch welchen der Vater der Provokanten den Dominial-Zuschlag in der Art und Weise übernehmen sollte:

,wie solchen die Eheleute H. auf drei Generationen angepachtet gehabt, und wonach er erklärt: „daß er den ihm vorgelesenen" Pachtbrief von 1798 anerkenne, als wenn der

selbe rücksichtlich der Obliegenheiten mit ihm selbst abgeschlossen wäre."

Es hat also derselbe vertragsmäßig nur die Rechte erwerben wollen und sollen, welche seinem Vorbesizer im Vertrage von 1798 eingeräumt waren.

Hiernach kann von einer Anwendung der Bestimmung des Allgem. Landrechts a. a. D. so wenig, als von der daraus abgeleiteten Anwendbarkeit des § 2. No. 2. des Gesezes vom 2. März 1850 auf das vorliegende Rechtsgeschäft die Rede sein, - womit zugleich ausgesprochen ist, daß es den Provokanten an aller Berechtigung zur Provokation auf Ablösung ermangelt.

No. 13. IV. Senat. Sizung v. 12. Febr. 1857.

Revision.

Gericht I. Instanz: Kreis- Gericht in Lublinik.

Gericht II. Instanz: Appellations - Gericht in Natibor.

Entschädigungsklage des ohne gefeßlichen Grund entlaffenen Haus: Offizianten.

a. Auch Hausoffizianten müssen, wenn sie von der Herrschaft ohue gesezmäßige Ursache vor Ablauf der Dienstzeit entlassen sind, zur Begründung ihres Anspruchs auf Lohn und Kost auf die noch rückständige Dienstzeit zuvor bei der Polizei-Obrigkeit den Antrag machen, die Herrschaft zu ihrer Wiederannahme und Fortsetzung des Dienstvertrages anzuhalten, und der Herrschaft beharrliche Weigerung dadurch nachweisen, wenn aber die Polizei-Obrigkeit die Einmischung verweigert, mindestens denselben

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